Strauss-Kahn: US-französischer Medienkrieg

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Zwischen den Medien der USA und Frankreich ist ein heftiger Streit entbrannt. In Frankreichs ist man schockiert über die Form, wie die US-Justiz den Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn behandelt, dem man die Vergewaltigung einer Hotelbediensteten vorwirft…

Experte: „Private Fehler ruinieren in Frankreich keine Politkarriere“

pte – In den USA beschuldigt man die französischen Medien hingegen der Vertuschung. Dass zwei Denkweisen aufeinanderprallen, die nicht kontrastreicher sein könnten, schildert Dominik Grillmayer vom Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg http://www.dfi.de im pressetext-Interview.

Unrasiert und Handschellen undenkbar

„In den USA lassen private Verfehlungen einen Politiker schnell verbrennen. In Frankreich waren diese hingegen nie Thema. Seitensprünge hat man stets verziehen und blieben wie etwa bei Ex-Präsident Francois Mitterands Konkubine stets ein offenes Geheimnis, über das man nie berichtete“, so Grillmayer. Deutlich wird diese Aussage etwa darin, dass die Medien weltweit das Video des unrasierten Strauss-Kahn zeigten, wie er in Handschellen von der New York Police zu seinem Gerichtstermin geführt wurde – das französische Staatsfernsehen jedoch nicht.
Aufgrund der Schwere der Anschuldigung und der internationalen Aufmerksamkeit hält Grillmayer Strauss-Kahn allerdings für einen Sonderfall. Der Soziologe Eric Fassin erkennt bereits einen Umbruch in Frankreich, das nun seinen „ersten großen Sex-Skandal“ erlebe. Ähnlich wie in der französischen Kunst nach der Polanski-Affäre 2009 gebe es nun auch in der Politik „keinen moralischen Freifahrtsschein“ mehr.

Täter- statt Opferschutz

Dass das französische Tabu tatsächlich fällt, glaubt Grillmayer jedoch nicht. „Quer durch die französischen Medienlandschaft empörte man sich bisher nur, wie die USA mit der Unschuldsvermutung umgeht“, so der Experte. Ebenso stellte auch Nicolas Demorand, Herausgeber von „La Liberation“, bereits klar, weiterhin das Privatleben der Politiker achten zu wollen. Dies sei ein „grundlegendes demokratisches Prinzip, ohne dem die Gerüchteküche in Qualitätsmedien einziehen würde“.
Außer einer unangebrachten Beschützung Strauss-Kahns bezichtigen die US-Medien ihre französischen Kollegen auch, die Identität des Zimmermädchens als mutmaßliches Opfer veröffentlicht zu haben. In den USA war dies nicht der Fall. Grillmayer führt dies auf den Verschwörungsglauben der Franzosen zurück. „57 Prozent der Bevölkerung bezweifeln die Echtheit der Vorwürfe und glauben, dass es sich um ein Komplott handelt. Deshalb ist das Interesse an der Frau, die daran beteiligt sein könnte, entsprechend groß.“

Politisches Aus besiegelt

Wie sich die Stimmungslage in Frankreich bei einer Erhärtung der Vorwürfe und einer Verurteilung ändert, bleibt vorerst abzuwarten. Eine politische Rolle dürfte Strauss-Kahn, der bisher als sozialistischer Gegenkandidat für Nicolas Sarkozy gehandelt wurde, jedoch auch in Frankreich nicht mehr spielen. „Zwar wächst in Frankreich im Fall der Unschuldigkeit schnell Gras über eine Sache. Da ein Gerichtsverfahren jedoch wahrscheinlich geworden ist, verbietet dessen Zeitrahmen die Teilnahme am Wahlkampf für 2012“, so der Frankreich-Experte.

7 Kommentare

  1. Aufgrund der Schwere der Anschuldigung und der internationalen Aufmerksamkeit hält Grillmayer Strauss-Kahn allerdings für einen Sonderfall. Der Soziologe Eric Fassin erkennt bereits einen Umbruch in Frankreich, das nun seinen “ersten großen Sex-Skandal” erlebe.

    Was heisst denn hier Sexskandal
     
    Plädoyer für eine Unterscheidung

    „Ein sexuelles Verhalten auf Basis von Einvernehmlichkeit, das nicht den Moralvorstellungen der Mehrheit entspricht, ist die eine Sache. Mag ein solches Verhalten eines Prominenten dessen Image (und dem der Organisation, für die er tätig ist) schaden, so ist es grundsätzlich trotzdem die Privatangelegenheit der Betroffenen, solange es auf Einvernehmlichkeit beruht.

    Sexuelle Übergriffe sind davon zu unterscheiden und etwas grundlegend Anderes. Sie sind kein Ausdruck sexueller Anziehung, sondern einer Haltung, dass man(n) sich in sexueller Hinsicht nehmen könne, was man(n) wolle, und zwar ohne Rücksicht auf den Willen des Gegenübers.

    Sexuelle Übergriffe sind daher eine Frage von Besitzdenken und Macht, da ja gegen den Willen einer anderen Person agiert wird. Es manifestiert sich darin eine zutiefst respektlose Haltung, die Frauen nicht als gleichberechtigte menschliche Wesen sieht, sondern als Objekte. Darauf haben Generationen von Feministinnen hingewiesen. Opfer können all jene sein (und sind es auch), die über geringe Macht bzw. geringere Macht verfügen als die Täter.

    Aus der Beratungspraxis der Gleichbehandlungsanwaltschaft ist mir bekannt, dass bei Belästigungsopfern am Anfang einer sexuellen Belästigung oft genau dies steht: das Gefühl der Unfassbarkeit, dass die eigenen Wünsche und das eigene (Nicht-)Wollen dem Belästiger vollkommen egal sind. Dies stellt eine tiefe Demütigung einer Person dar.

    Eine solche Einstellung von Männern in einflussreichen Positionen, mit der man(Frauen qua Geschlecht nicht auf gleicher Ebene gegenübertritt, hat Auswirkungen auf deren berufliches Agieren, davon bin ich überzeugt.

    Dass sexuelle Ãœbergriffe in der heutigen westlichen Gesellschaft geahndet werden, ist gut und richtig und passiert – wie auch nach den Medienberichten zur diesbezüglichen Vergangenheit von Strauss-Kahn zu schließen – keineswegs sehr schnell. Im Gegenteil, bis heute wird sexuelle Belästigung/Gewalt viel zu häufig als „Kavaliersdelikt“ angesehen.“

  2. Es ist seltsam, daß niemand die Frage stellt, ob man als Chef dieser Institution nicht eine gewisse Brutalität braucht. Schon der englische WIKI-Eintrag beinhaltet:
    In 2008 a study by analysts from Cambridge and Yale universities published on the open-access Public Library of Science concluded that strict conditions on the international loans by the IMF resulted in thousands of deaths in Eastern Europe by tuberculosis as public health care had to be weakened. In the 21 countries to which the IMF had given loans, tuberculosis deaths rose by 16.6%.
    http://en.wikipedia.org/wiki/International_Monetary_Fund
    auch:
    http://www.plosmedicine.org/article/info:doi/10.1371/journal.pmed.0050143
    Dieser Absatz fehlt natürlich im deutschen WIKI-Eintrag.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_W%C3%A4hrungsfonds

  3. was wohl eine rolle spielt, ist immer noch zu glauben MAN dürfe sich das einfach so erlauben.

    Tun das beschnittene testosteron-bomben , ist der rest der welt mal wieder antisemitisch…

  4. So richtig verstanden haben Sie den Artikel wohl nicht, Herr Gojim. Gojim ist übrigens der Plural von Volk. Neben Paranoia (Verschwörungswahn) scheint Ihnen Größenwahn also auch nicht fern zu liegen, sogar ohne Kokain, das war es nämlich, was bei Friedman eine Rolle spielte, nicht Heroin.
    Aber bei Ihnen geht’s „Denken“ wohl eher über das Kleinhirn, reflexologisch eben.
    Als Araber bin ich auch Semit und von einem Bonus habe ich in Deutschland noch nix bemerkt. Und die ermordeten Juden wohl auch nicht. Also beschämen Sie nicht die Gojim, egal welche.

  5. @gojim:

    „Ich tippe mal, das Herr Strauss-Kahn einen semiten Bonus À la Michel Friedman bekommt.“

    Na welche Verschwörungstheorie brüten Sie sich denn da aus?

  6. Welche Strafe bekommt Strauss-Kahn?
    Ich tippe mal, das Herr Strauss-Kahn einen semiten Bonus À la Michel Friedman bekommt. Herr Friedman wurde 2003 wegen Heroinbesitz und Zwangsprostitution auch nur zu lächerlichen 17.400 Euro verurteilt.

  7. Antisemitismus im französischen Vorwahlkampf

    Der Fraktionsvorsitzende der konservativen französischen Regierungspartei UMP, Christian Jacob, hat Dominique Strauss-Kahn, den Chef des Internationalen Währungsfonds und möglichen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2012, als „Champagner-Sozialisten“ bezeichnet, der nicht dem Bild eines ländlichen Frankreichs entspreche, „das wir lieben“.

    Diese Rhetorik trägt antisemitische Züge aus der Zeit vor 1945, kritisiert Jacques Attali in seinem Blog bei der Wochenzeitung L’Express: „Man kann das Handeln oder die Vorhaben eines Politikers kritisieren, aber nicht seine Herkunft. Vor allem nicht unter Verwendung von Wörtern, die ganz klar mit dem Vichy-Regime verbunden sind. Außerdem bedeutet es, nicht zu verstehen, was Frankreich ist. Frankreich ist keine ländliche Nation mehr. Das Land ist heute urbanisiert. … Es ist das Ergebnis einer langen Geschichte, im Laufe derer sich zugewanderte Völker vermischt haben, allen voran die Franken, die Namensgeber des Landes. Und niemand, nicht einmal Jacob, besitzt dieses Land.“
    externer Link

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