Westerwelles Begeisterung für arabische Rufe nach Freiheit

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Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat vor dem Bundestag eine Regierungserklärung zum Umbruch in der arabischen Welt abgegeben…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 17. März 2011

„Wir Deutschen haben das Glück, eine friedliche Revolution im eigenen Land erlebt zu haben, die zur Einheit unseres Landes und zur Vereinigung Europas geführt hat … Es sind diese freiheitlichen Werte, nach denen jetzt Millionen Menschen im nördlichen Afrika und in der arabischen Welt verlangen.“ Deutschland als Leitkultur.

Seit der Gründung Deutschlands 1870 folgte der Monarchie eine turbulente Demokratie. Der folgte eine demokratische erschlichene Diktatur. Die brachte einen zweiten Weltkrieg mit 50 Millionen Toten hervor. Und heute empfinden manche Deutsche die Demokratie als aufgezwungen. „Linke“ sehnen sich nach dem sozialistischen Paradies. Einen demokratischen Befreiungsschlag, wie in den arabischen Staaten, hat es in Deutschland nie gegeben.

„Es ist ein Irrglaube, es gebe Kulturen, in denen der Mensch auf Dauer unfrei sein müsse.“ Wieder irrt Westerwelle. Eigentlich müsste er es aus eigener Erfahrung besser wissen. Wann ist in Deutschland der Paragraph 175 abgeschafft worden? Jahrzehnte, nachdem die freiheitlich, demokratische BRD gegründet worden war. In den meisten, wenn nicht allen arabischen Staaten steht auf sexuelle Unfreiheit die Todesstrafe. Die Revolutionen in Tunesien, Ägypten oder Bahrein haben keinen Wandel zu Frauenrechten oder Homosexuellen geführt. In den demokratischen Palästinensergebieten sind Homos ihres Lebens nicht sicher und fliehen in den „Apartheidstaat“ Israel. Die Menschen in muslimischen Staaten beflügeln konservative Ansichten, nicht deutsche Freizügigkeit mit einem bekennenden homosexuellen Außenminister und FKK-Stränden.

Der Auftritt des Scheich Kardawi auf dem Tahrir-Platz in Kairo war kein „Befreiungsschlag“, sondern die Akzeptanz eines erzkonservativen, hasserfüllten Extremisten. Zu lebenslänglicher Haft verurteilte Mörder des Präsidenten Anwar el Sadat sind aus dem Gefängnis entlassen worden. Auf Deutschland bezogen entspräche das einer Amnestie für alle Naziverbrecher, falls überhaupt noch welche „sitzen“.

„Es gibt keine Kultur der Unfreiheit. Unfreiheit ist Ausdruck von Unkultur.“ Auch hier irrt Westerwelle. Deutschland ist jenes Land, in dem es die meisten gesetzlich verankerten „Verbote“ gibt. Jede Kultur hat Tabus. Westerwelle wird überzeugte Katholiken nicht überzeugen, am Freitag Fleisch anstelle von Fisch zu essen. „Freiheit“ des einen bedeutet Unterdrückung für andere. In der Schweiz ist Schächten verboten, für Juden die Voraussetzung, Fleisch genießen zu können.

„Nicht eine autokratische Regierung macht ein Land stabil, sondern eine stabile Gesellschaft ist die Voraussetzung für die Stabilität eines Landes. Wir wollen stabile Demokratien und demokratische Stabilität.“ Westerwelle hat recht. Als die Palästinenser 2006 ganz demokratisch ein neues Parlament wählten und USA wie EU gegen den Willen von Abbas und Israels auf ein Zustandekommen jener Wahlen pochten, vergaßen sie, die Hamas auf ihre Verfassungstreue zu überprüfen. Die will die Autonomiebehörde und die Osloer Verträge abschaffen. Jene freien Wahlen führten zur Abschaffung der palästinensischen Demokratie, nicht zu ihrer Stärkung. Ob die arabischen Revolutionen eine Demokratie nach deutschem Muster zum Ziel haben, oder nur eine Absetzung derzeitiger Diktatoren, um sie durch andere Diktatoren zu ersetzen, weiß niemand.

„Mit Sorge verfolgen wir auch die alarmierenden Nachrichten aus Bahrain. Wir rufen alle Beteiligten im Land selbst zum Dialog auf, und wir rufen die Länder in der Region zur Zurückhaltung auf.“ Für einen „Dialog“ dürfte da kaum Raum bleiben, wenn die 80 Prozent Schiiten beschließen, mit iranischer Unterstützung die sunnitische Minderheit und ihr Königshaus zu stürzen. Was würde Westerwelle sagen, falls jene Aufständischen mit ihrem freien „demokratischen Willen“ beschließen, die Ölzufuhr nach Japan, Europa oder in die USA zu stoppen.

Geradezu zynisch ist Westerwelles Feststellung: „In Libyen führt ein Diktator Krieg gegen das eigene Volk.“ Tja, dieser Krieg dauert seit Wochen an. Die EU, mit Deutschland an der Spitze, will Gaddafi keine Flugverbotszone auferlegen, oder gar Truppen entsenden, um das Volk vor seinem mordenden Diktator zu retten. Westerwelles kräftigen Worte verfliegen, sowie er den Eiertanz die Weigerung beschreibt, „nicht Kriegspartei in einem Bürgerkrieg“ werden zu wollen. Westerwelle gesteht, dass ihn die Bilder aus Libyen „bedrücken“. Er sollte sich auf der Couch behandeln lassen. Obgleich Libyen viermal so groß ist wie die Bundesrepublik, erobern Ghaddafis tolle Truppen eine Küstenstadt nach der anderen.

Westerwelle gebietet dem Morden Einhalt indem die Bundesregierung in New York um Wirtschaftssanktionen wirbt. Werbung ist halt gut für alles. Er sollte seinen moralisch erhobenen Zeigefinger ganz schnell wieder in die Tasche stecken. Denn in New York zu werben und sonst nichts zu tun, bedeutet, Ghaddafi gewähren lassen.

Westerwelle träumt weiter von einer demokratischen Revolution in Ägypten: „Wir haben größten Respekt vor dem Mut all jener, die friedlich und ohne Waffen auf die Straße gegangen sind.“ Warum verschweigt er die Hunderten Opfer jener Revolution, darunter Militärs und Polizisten, getötet von jenen, die „friedlich und ohne Waffen auf die Straße gegangen“ sind. In Ägypten haben unbewaffnete und friedliebende Demonstranten auf Sinai, in Kairo und Alexandria Polizeistationen angegriffen, sowie Kopten und ihre Kirchen.

Für die Vorgänge in Teheran hat Westerwelle keine Worthülsen parat wie „Sorge“, „Dialog“, „Eskalation der Gewalt“ oder „Lösung muss im Land selbst gefunden werden“. Im Iran sollte die „Unterdrückung der Opposition unverzüglich“ beendet werden, ohne Dialog. Dem Iran wünscht Westerwelle den Umsturz. Er fordert die iranische Führung auf, dem „Volk die ihm zustehenden Freiheitsrechte zu gewähren“. Warum verlangt er das nicht von Bahrein? Im Gegensatz zu Iran scheint Westerwelle für Bahrein eine Fortsetzung des Unterdrückersystems zu wollen und keine schiitische Revolution.

„Die Lage in der Region ist von Land zu Land verschieden. Deshalb brauchen wir maßgeschneiderte politische Antworten.“ Unausgesprochen bleibt, dass Deutschland/Europa/USA gegenüber Ägypten oder Tunesien andere Interessen verfolgen als gegenüber Libyen, Bahrein oder Iran. Den Unterschied machen nicht die Grausamkeit der Diktatoren, sondern die Ölmenge und die potentiell nach Europa drängenden Flüchtlinge. Deshalb muss die politische Antwort „maßgeschneidert“ sein.

Ein kleiner Abschnitt seiner Rede ist Israel gewidmet: „Wir setzen uns dafür ein, dass die Zukunft Israels in einer stabileren und demokratischeren Nachbarschaft abgesichert werden kann. Auch deshalb machen die Umbrüche in der gesamten Region eine Lösung des Nahostkonfliktes durch eine gerechte Zwei-Staaten-Lösung umso dringlicher. Mut und Weitblick, nicht Zaudern und Zögern, sind jetzt gefragt, damit der Stillstand bei den Friedensgesprächen endlich überwunden werden kann.“ Dem kann man nur zustimmen, zumal die „gerechte Zwei-Staaten-Lösung“ alternativlos ist. In in Europa darf sie nicht mehr hinterfragt werden, obgleich Palästinenser und Israelis auch andere Vorstellungen haben. Wie das funktionieren soll, verrät Westerwelle nicht angesichts eines Rufes von drei Millionen Facebook Benutzern nach einer dritten Intifada und einer Spaltung der Palästinenser. Kein Wort darüber, dass Präsident Abbas wegen ausgefallener Neuwahlen genauso wenig legitimiert ist wie andere Diktatoren in der arabischen Welt, dass die Hamas sich an die Macht geputscht hat, also auch eine gewaltsame Diktatur ist.

Westerwelles Ruf nach „Mut und Weitblick“ ist nicht an Abbas oder Hanije gerichtet, sondern allein an Israel. So äußert er nur Kritik am „Partner Israel“, ohne zu beachten, wie die Umwälzungen längst auf die palästinensischen Gebiete überschwappen. Kein Wort zur Entdeckung eines Frachtschiffes mit 50 Tonnen hochmoderner Raketen, Mörsergranaten und Kalaschnikow-Munition aus Iran. Wie gut, dass Israel diesen Frachter einer deutschen Reederei abgefangen hat. Nach einem Einsatz solcher Raketen und Mördergranaten wäre Westerwelle auch wieder nur „betrübt“ und „besorgt“. Vielleicht würde er gar in New York für Sanktionen „werben“ und argumentieren, dass Israel im Gegensatz zu Libyen viel zu klein sei, um einen Einsatz Bundeswehr zu rechtfertigen.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

5 Kommentare

  1. Jahrelang haben hier die pro-Israel-Zionisten immer über die korrupten Diktaturen in den arabischen Ländern geschimpft und jetzt wo die Menschen sich gegen dieselben erheben, wollen sie auf einmal nichts mehr davon wissen. Sollen sie doch lieber gleich ehrlich sein und zugeben, dass sie nicht wollen, dass es in den arabischen Ländern emanzipierte Demokratien mit Bürgern auf Augenhöhe gibt.

  2. Herr Sahm, immerhin hat Deutschland nicht für Gaddafis Sturz gestimmt, im Gegensatz zu Frankreich. Den Franzosen, Amerikanern oder Engländern können Sie noch vielmehr den Vorwurf der Sympathie mit dem arabischen Umbruch machen.

  3. “Als die Palästinenser 2006 ganz demokratisch ein neues Parlament wählten und USA wie EU gegen den Willen von Abbas und Israels auf ein Zustandekommen jener Wahlen pochten, vergaßen sie, die Hamas auf ihre Verfassungstreue zu überprüfen. Die will die Autonomiebehörde und die Osloer Verträge abschaffen. Jene freien Wahlen führten zur Abschaffung der palästinensischen Demokratie, nicht zu ihrer Stärkung“

    Die Hamas hatte schon eineinhalb Jahre vor der Wahl jegliche Anschläge auf israelische Zivlisten eingestellt und signalisierte die Akzeptanz eines palästinensischen Staats jenseits der Grünene Linie auch in ihrem Wahlprogramm.

    Das mag langfristig nicht ausreichen – wäre aber ein Anfang. Aufeinanderzugehen könnte langfristig zu mehr führen. Die Alles- oder NichtsMaxime israelischer Politik (zuerst müssen die Palästinenser werden ‚wie die Finnen‘) verbirgt letztendlich den eigenen Unwillen einen palästinensischen Staat zu akzeptieren. Zudem repräsentiert die zwiespältige Haltung der Hamas durchaus nicht notwendigerweise die Gesamtheit der palästinensischen Bevölkerung und auch nicht ihrer politischen Kräfte, die ja unter Arafat der vollständigen Anerkennung Israels innerhalb seiner international anerkannten Grenzen bereits zugestimmt hatten. Jedenfalls konnte Arafat auf einen breiten Konsens bauen. Vielleicht können ja die Palästinenser Israel auch erst anerkennen, wenn klar ist, ‚welches Israel‘ – schließlich gab es schon mal eine Anerkennung – und wieso sollten die Palästinenser Israel anerkennen, wenn Israel nicht auch Palästina anerkennt – auch das war damals der durchaus nachvollziehbare Tenor der Hamas – dass eine Anerkennung bestenfalls am Ende von Verhandlungen stehen kann und nicht am Anfang – nach der Erfahrung mit den Oslo-Verträgen ist diese Haltung jedenfalls logisch und absolut nachvollziehbar.

    Die neuerliche Radikalisierung und auch die Wahl einer politischen Kraft, die weniger kompromisslos palästinensische Ziele verfolgt, ist kein Wunder, nachdem die Israelis die Chance auf Frieden in den 90ern mit dem Begehren auf weitere Gebietsgewinne einfach ignorierten.

    So unvernünftig, wie Herr Sahm meinen möchte, war die Hamas 2006 jedenfalls nicht. Für ihre Kandidatur setzten sich auch die USA ein. Die Erfolglosigkeit der Fatah unter Abbas zuvor – macht ihren Wahlsieg verständlich. Sie hinterher nicht anzuerkennen, das war nicht unbedingt ein Akt auf den der Westen stolz sein kann.

    Wenn Israel auch gemäßigte Kandidaten, wie Abbas zuvor nur aussitzt, dann braucht es sich über radikalere Töne nicht zu wundern.

    Aber tatsächlich setzte Israel 2006 alles auf die Spaltung unter den palästinensischen Kräften, indem es der Hamas die Existenzgrundlage entzog und dem palsätinensischen Staat die Zolleinnahmen, welche Eigentum der Palästinenser sind, vorenthielt und so zur Eskalation maßgeblich beitrug. Die daraus entstehenden Unruhen, waren von Israel gewollt nach dem Motto wenn zwei sich streiten freut sich der Dritte, folgerichtig opponiert Nentanyahu jetzt auch gegen ‚die drohende Einheitsregierung‘ der Palästinenser. Er könnte ja einen legitimen Verhandlungspartner bekommen – das muss man natürlich unbedingt vermeiden.

    Absurderweise (oder sollte ich sagen logischerweise) verhaftete es gerade die gemäßigte Führungsriege der Hamas, einen Wandel der Hamas von einer extrimistischen Gruppe zu einer potentiell, ernst zu nehmenden politischen Kraft – dieses Risiko wollte Israel nicht eingehen – wo kommt es denn hin, wenn ihm die Feinde ausgehen und selbst die Hamas friedlich geworden wäre?
     
    Und so ist der Westen an der Zerstörung einer demokratischen Entwicklung in Palästina alles andere als unschuldig – es ist eben das, was endlich aufhören muss und insofern freue ich mich über die Unterstützung der demokratischen Bewegungen in den arabischen Ländern durch die westlichen Bündnisse.


    Es ist ganz gut mit Israel mal das zu tun, was es nicht unbedingt gewöhnt ist – es einfach mal links liegen zu lassen und es den Israelis zu überlassen, wie sie sich in einer veränderten politischen Landschaft positionieren. Das ist ihre Sache und unsere und die der Muslime ist es auch. Das müssen Sie jetzt leider einfach mal so hinnehmen.

  4. Was sagt denn Herr Sahm zu den ungeheurlichen Waffenlieferungen ganz anderen Ausmaßes an Israel – und gegen seinen Einsatz gegen die zivile palästinensische Bevölkerung auf palästinensischem Gebiet?

    Ich weiß wirklich nicht, was so unverständlich daran sein sollte, dass sich Palästinenser bewaffnen. Ich finde das unter den gegebenen Umständen weder skandalös noch unverständlich. Eine Begründung für die fotwährende Besatzung ist es jedenfalls nicht – sie begründet doch den permanenten Konflikt.

    Die Gewalt, auch die willkürliche gegen Zivilisten, von israelischer Seite hat jedenfalls ganz andere Ausmaße und Israel ist der Besatzer, nicht Palästina.

    (dazu nachfolgendes Video mit zwei ehemaligen Soldaten des IDF)

    ‚A searing interview with Avichai Sharon and Noam Chayut, both veterans of the Israeli Defense Forces and members of Breaking the Silence. Sharon and Chayut served during the second intifada, an on-going bloodbath that has claimed the lives of over three thousand Palestinians and nine-hundred-fifty Israelis. After thorough introspection, these young men have chosen to speak out about their experiences as self-described „brutal occupiers of a disputed land.“ Producer: Sat Gwin‘

    http://www.youtube.com/watch?v=37MFa7ZKQWo

    “In Ägypten haben unbewaffnete und friedliebende Demonstranten auf Sinai, in Kairo und Alexandria Polizeistationen angegriffen, sowie Kopten und ihre Kirchen“

    Während der Revolution gab es klare Anzeichen der Solidarisierung zwischen Muslimen und Christen. Und jene, die da angriffen, waren eben nicht friedliebend und es geht überhaupt nicht an, alle Demonstranten solcherart über einen Kamm zu scheren. Es gibt auch Gerüchte, dass Mubarak-Getreue die erneuten Übergriffe auf die Kopten inszenierten; in Anbetracht der Provokateure auf dem Tahir-Platz, die als Demonstranten getarnt Gewalt inszenierten, um Gegengewalt zu rechtfertigen, eventuell keine ganz abwegige Vermutung.

    Jetzt beten Christen und Muslime auf dem Tahrir-Platz und rufen: „id wahda – Hand in Hand“: „Ich bin so glücklich, das hier zu sehen“, sagt Michael Muni, einer der Sprecher der Kopten. „Da stehen unsere muslimischen Brüder, haben einen Kreis um uns gebildet, so wie wir das machen, wenn sie beten – und alle halten sich an den Händen. Das ist so bewegend.“

    http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten584.html

    Neuerliche Übergriffe, welche zu toten Muslimen und Kopten führten, kann man nicht einfach auf die Bevölkerung, auf die Muslime, auf die Demonstranten projezieren.

    Was ist das anderes als verallgemeinernde Projektionen, welche darauf abzielen, die Muslime in einer inferioren Position zu halten und denen letztendlich ein rassistisches Menschenbild zu Grunde liegt, welches besagt, Demokratie ist gut für uns und die muslimischen ‚Untermenschen‘ müssen mit harter Knute regiert werden – eben dieses System führt doch erst zu Islamismus und zu Radikalisierung und auch zu der nicht ganz abwegigen Feindschaft zum Westen, solcher Terrororganisationen, sieht man doch hier ganz klar eine Solidarisierung und auch eine Unterstützung für Diktatoren, die ihre Länder ausplündern. Der Westen erkennt die Zeichen der Zeit und geht dem Ruf der Freiheit entgegen – und das ist gut so.

    Mit welchem Terror wurde Israel aus der Erde gestampft, mit Terror gegen Engländer, Palästinenser und selbst gegen Helden im Kampf gegen Nazi-Deutschland wie den Grafen Bernadotte.

    Es gibt leider viel Gewalt in der Geschichte und kaum eine Nation oder kaum ein Volk kann sich pauschal davon freisprechen. Das kann aber kein Grund sein, anzunehmen, man müsse Millionen von Menschen auf alle Ewigkeit ihrer elementaren Menschenrechte vorenthalten. Nach dieser Logik kann es keinen Fortschritt geben. Das ist die Logik der Unterdrückung, das ist die Logik des Rassismus, das ist die Logik der Feinde der Demokratie und auch jene sind Feinde der Demokratie, die sich selbst gerne demokratische Rechte gewähren, sie aber kollektiv anderen vorenthalten.

    Über Feindseligkeit gegenüber einer solchen Haltung braucht man sich dann freilich nicht zu wundern. Da muss man sich schon an der eigenen Nase fassen.
    Mir ist klar, dass nicht ausgemacht ist, was sich in Tunesien, in Ägypten in Lybien herauskristallisieren wird. Ein klarer Ãœbergang in einen modernen, demokratischen Rechtsstaat – das wäre schon eine Sensation und da kann noch viel schief gehen.

    Aber genau, wie man nur den Kopf schütteln kann, über die Verhältnisse, die hier noch vor 60, vor 100 vor 200 Jahren walteten, so kann man auch Vertrauen haben, in die starke Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit, die eben Zeit braucht sich zu gestalten. Die Geschichte hat allen Freiheits-und Emazipationsbewegungen viele Stolpersteine in den Weg gelegt, hier oder anderswo – aber das ist absolut kein Grund nicht damit weiterzumachen, im Gegenteil – und selbstverständlich steht das allen Menschen zu Herr Sahm – ja auch Ihnen – auch den Israelis – auch den Palästinensern – auch den Ägyptern etc. etc. etc.

    Was in Nordafrika passiert birgt auf jeden Fall sehr viel Hoffnung – das missgünstige Geschmolle von israelischer Seite und die nachvollziehbahre Sorge, dass sich das Unrechtssystem der Besatzung aus vielen Gründen, und von vielen Seiten torpediert, sich so immer weniger wird halten können, ist freilich berechtigt und das kann ich nur begrüßen – es wäre aber im Sinne Israels mit dem Umdenken doch wenigstens jetzt endlich mal anzufangen – irgendwann könnte Israel den rechten Zeitpunkt verpasst haben und das wäre gut für niemanden in der Region, auch nicht für Israelis.

    Ich schreibe hier so lange – wenn die Israelis endlich einsehen, dass sie nicht den ganzen Kuchen haben können und die Hand zum Frieden ehrlich und glaubhaft reichen (ist meiner Meinung nach bislang nie geschehen), dazu gehört unabdingbar, dass sie begreifen, was sie den Palästinensern eigentlich die ganze Zeit antun, die beiden Soldaten in dem Video sind ein Zeichen der Hoffnung, aber die israelische Gesellschaft scheint mir da mehrheitlich doch sehr verbohrt – dann haben sie ein Zeitfenster um sich zu integrieren und nach und nach Akzeptanz unter ihren Nachbarn zu finden und letztendlich müssen sie das auch – es sei denn eine fundamentalistische, fanatisierte, von blindem Patriotismus manipulierte Öffentlichkeit setzt alles auf ein finales Amargeddon, dem sie in Anbetracht militärischer Stärke sehnsuchtsvoll entgegensieht. Wenn das immer so weitergeht – dann werden sie damit leider noch Recht behalten und sowas nennt man wohl eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

    Dem schreibt hier leider so mancher zu.

  5. Bis zur Einheit Europas wird es noch eine ganze Weile dauern,
    was das wirlich bedeutet, davon haben wir noch kaum Ahnung.
    Muessen wir zwanghaft um jeden Preis und alle Art und Weise
    das Deutschsein verteidigen? Gegen wen, wie?
    Ich kann das nicht sehen.
    Die deutsche Kultur ist auch nie Leitkultur.
    Das wuerde falschen Herrschaftsanspruch bedeuten.

    Deutschland ist kein  Nationalstaat, kein… boeses Erwachen aus der Vergangenheit.

    In Afrika werden wir auch nicht ein zweites oder drittes Europa schaffen koennen.
    a? sind wir dort nicht
    b? haben dort andere Menschen Vorrechte
    c? natuerlich ist es nicht gut sondern schlecht, was wir in vielen Nachrichten taeglich hoeren, lesen, sehen….
    d? gibt es dennoch ein Leben selbstbestimmt? mit Gott ohne Gott?

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