Presseschau: Wohin mit Mubarak?

0
24

Immer deutlicher wird, welche Chance der Westen in Ägypten verpasst. Statt hinter den Kulissen den schleunigen Rückzug Husni Mubaraks zu erwirken, liegt inzwischen der Schluss nahe, dass die USA den Staatschef eher so lange wie möglich halten wollen. Oder vielmehr: so lange wie nötig, um ihre Interessen zu sichern…

Trittin (Grüne): Mit Mubarak kein geordneter Übergang möglich

Bonn (ots) – Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, hat eine klare Haltung der Europäer in Bezug auf einen Rücktritt des ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak gefordert. „Wir brauchen einen geordneten Übergang„, sagte er in der PHOENIX-Sendung UNTER DEN LINDEN (Ausstrahlung heute um 19.15 Uhr, 22.15 Uhr und 24.00 Uhr). „Aber dieser Übergang geht nicht unter der Dominanz des alten Regimes. Man muss klar sein in der Frage Aufhebung des Ausnahmezustandes: Das ist eine Grundvoraussetzung für so etwas wie einen Verfassungsdiskurs. Und man muss Klarheit haben, dass dies nicht unter der Präsidentschaft von Mubarak sein kann.“ In diesen Forderungen müsse die ägyptische Opposition klar unterstützt werden. „Alles andere setzt im Grunde genommen die Politik der doppelten Botschaften fort.“

Zu einer großen Besorgnis über die Entwicklungen in Ägypten auf israelischer Seite sagte Trittin: „Grundforderung an jede Regierung in Jordanien, in Ägypten und jede Regierung im Nahen Osten muss es sein, das Existenzrecht Israels zu akzeptieren und geschlossene Verträge einzuhalten.“

Luxemburgs Außenminister Asselborn ruft Israel zu Siedlungsstopp und Zweistaatenlösung auf

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn appellierte in UNTER DEN LINDEN an Israel, sich mit Blick auf die Palästinenser für eine Zweistaatenlösung einzusetzen. Dazu müssten die Europäer Druck auf Israel ausüben und sagen: „Hört auf mit dem Bauen auf Gebieten, die Euch nicht gehören. Und setzt Euch bitte alle wieder zusammen an einen Tisch und versucht, eine Zweistaatenlösung zu entwickeln.“ Die Zweistaatenlösung sei ein Schlüssel für den Weltfrieden. „Wenn wir den Punkt einmal in einem positiven Sinn knacken können, wäre vieles einfacher“, so Asselborn. „So lange dieses Problem nicht gelöst ist, kommt die arabische Welt und vieles, was damit zu tun hat, nicht zur Ruhe. Wir haben da Verantwortung. Und das ist es auch, was wir den Israelis sagen müssen. Ich hoffe, dass sie es eines Tages verstehen.“

Darüber hinaus sprach sich Trittin außerdem dafür aus, der Türkei einen stärkeren Stellenwert in Europa zuzubilligen. „Ich glaube, dass wir mehr auf eine positive Rolle der Türkei setzen müssen.“ Man müsse die strategische Bedeutung der Türkei für Europa begreifen und aufhören, diese für innenpolitische Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren. Asselborn schreibt der Türkei eine Brückenfunktion zu. Man solle nicht nur kulturelle Differenzen sehen, sondern in die Zukunft schauen. „Eine Europäische Union mit der Türkei wäre weltpolitisch gesehen ein Faktor, der zählen würde, viel mehr zählen würde, als es heute der Fall ist“, sagte Asselborn in der PHOENIX-Sendung.

Märkische Oderzeitung: Kommentarauszug zur Diskussion um Exil Mubaraks

Frankfurt/Oder (ots) – Der Grüne Jürgen Trittin empört sich gegen jede „Fluchthilfe“ für einen gestürzten Despoten. Was er bei seinem Furor übersehen hat: Der Despot ist zwar am Ende. Nicht entschieden ist allerdings, ob er seinem Volk nicht doch noch ein Blutbad beschert. Wäre es da nicht ein Dienst an den Ägyptern, der zentralen Figur des alten Regimes einen raschen Abgang ins Ausland zu ermöglichen? Etwaige Rechnungen könnten auch später aufgemacht werden. Und zu erinnern wäre schließlich daran, dass Mubarak in Deutschland – aber nicht nur hier – eigentlich bis jetzt als Freund und Garant politischer Stabilität im Nahen Osten galt. Zur Behandlung war er auch schon mehrfach hier. Protestiert dagegen hatte niemand.

Neue OZ: Chance verpasst

Osnabrück (ots) – Immer deutlicher wird, welche Chance der Westen in Ägypten verpasst. Statt hinter den Kulissen den schleunigen Rückzug Husni Mubaraks zu erwirken, liegt inzwischen der Schluss nahe, dass die USA den Staatschef eher so lange wie möglich halten wollen. Oder vielmehr: so lange wie nötig, um ihre Interessen zu sichern.

Es gibt realpolitische Gründe dafür. Israels Sicherheit ist einer davon. Die große Bedeutung des Suezkanals für den Rohöltransport ein weiterer und die US-Innenpolitik der nächste. Würde nach dem Iran und den Palästinensern bei einer weiteren von den USA forcierten Wahl eine streng islamische Partei gewinnen, wäre das ziemlich peinlich. Schon George W. Bush musste zusehen, wie sich die Iraner ausgerechnet Ahmadinedschad zum Präsidenten erkoren und im Westjordanland die nicht eben umgängliche Hamas gewann.

Alle Gründe sind wichtig. Und doch müssen sie zurückstehen hinter dem, was sich in Ägypten ereignet hat. Den Volksaufstand hätte Mubarak ohne amerikanisch-israelische Rückendeckung wohl nicht überstanden. Auf dem Spiel steht deshalb viel Glaubwürdigkeit. Dabei ist der Wahltermin gar nicht entscheidend. Bis zu ihm kann es ruhig dauern. Mubaraks Sturz aber bleibt überfällig, ohne Rücksicht auf strategische Interessen. Das Recht auf Freiheit ist höher zu bewerten, zumal das Risiko nicht gebannt scheint, dass alte Kader sich wieder formieren.

Rheinische Post: Mubaraks Erbe

Düsseldorf (ots) – Ägyptens Präsident Hosni Mubarak in einer deutschen Klinik? Warum nicht, wenn es seinem Land hilft. Und unter der Bedingung, dass gar nicht erst der Hauch eines Anscheins aufkommt, es handele sich dabei um politisches Asyl – sozusagen als ein letzter Freundschaftsdienst. Wenn Mubarak nach Deutschland kommen darf, dann nur, um in Ägypten den Weg frei zu machen für eine politische Neuordnung auf friedlichem Weg. Aber hüten wir uns vor Naivität. Westliche Politiker tun schon so, als sei alles geregelt: Mubarak übergibt die Macht seinem Vize Omar Suleiman und verlässt würdig die Bühne. Dann führen Vertreter des alten Regimes und der Opposition das Land Hand in Hand in eine strahlende demokratische Zukunft. Klappe, Happy End. Das verkennt die Lage. Das System Mubarak ist zwar angeschlagen, sein schweres Erbe aber noch lange nicht abgewickelt. Der Präsident gibt sich amtsmüde, ist aber noch im Amt. An der Staatsspitze hat bis auf weiteres dieselbe Clique wie bisher das Sagen. Wer mag glauben, dass diese Leute sich in einem Akt demokratischer Aufopferung selber entmachten? Wenn der Westen nicht achtgibt, wirft er sich nach dem Abgang von Mubarak gleich dem nächsten Despoten an die Brust.

Rheinische Post: Polenz: Türkei bei Ägypten-Politik mit ins Boot holen

Düsseldorf (ots) – Die Türkei sollte nach Ansicht des CDU-Außenpolitikers Ruprecht Polenz Partner der Europäischen Union bei den Bemühungen um eine Stabilisierung Ägyptens werden. „Die Türkei muss mit ins Boot“, sagte Polenz der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Montagausgabe). Ankara könne helfen, die Prozesse, um die es jetzt in Ägypten und Tunesien gehe, sinnvoll zu begleiten, erläuterte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. „Die Türkei ist unter den muslimischen Ländern auf dem Weg zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenwürde am weitesten vorangekommen“, betonte Polenz. Von vielen Arabern werde die Türkei inzwischen als Modell gesehen.

Rheinische Post: Mubarak ist noch wichtig

Düsseldorf (ots) – Ein Kommentar von Sven Gösmann – Bei allen großen Weltkrisen ist es so, dass die Zahl der schlauen Experten, die alles haben kommen sehen, mit jedem Tag größer wird. In der ägyptischen Staatskrise, die ein arabischer Flächenbrand oder eben auch eine Weltkrise werden kann, ist das nicht anders. Seit gut einer Woche füllen sich die Kommentarspalten und Nachrichtensendungen mit markigen Aussagen von allerlei Nahost-Kennern, die wahlweise der Bundesregierung, der Europäischen Union, dem US-Präsidenten oder allen dreien Untätigkeit gegenüber Hosni Mubarak und seinen Gefolgsleuten vorwerfen. Das ist im besten Fall idealistisches Geschwätz, das entweder dem Beeindrucken der Wähler oder der Befriedigung eigener Eitelkeit dienen soll. Politik aber beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.

Die Lage in Ägypten ist unübersichtlich. Was es am wenigsten braucht, sind Drohgebärden in Richtung des noch amtierenden Präsidenten Mubarak oder der Opposition. Der Satz, den Kanzlerin Angela Merkel und ihr Außenminister Westerwelle deshalb derzeit wie ein Mantra aufsagen, lautet richtigerweise: Niemand hat dem ägyptischen Volk vorzuschreiben, von wem es regiert werden möchte. Es ist nicht die Zeit der Schaufensterpolitik, sondern der Diplomatie. In deren Wesen liegt es, dass viele Kontakte diskret erfolgen. Sowohl die US-Administration, der die Schlüsselrolle zukommt, als auch die EU und sogar Deutschland sind bemüht, den Kontakt zu den alten Eliten zu halten und erst einmal herauszufinden, wer sich anschickt, die neuen Eliten zu bilden. In unserer wieder bipolaren Welt stünde mit China – wie in Afrika häufiger geschehen – zudem eine andere Schutzmacht für Ägypten bereit. Um einen friedvollen Übergang Ägyptens von einem autokratischen Regime zu einer Zivilgesellschaft mit einem Mindestmaß an Teilhabe zu bewerkstelligen, wird es die alten Machtstrukturen brauchen, vor allem die Armee. Wer aus der Opposition am Ende dazu taugt, das Land mit zu führen, ist noch völlig unklar.

Stabilität muss vorrangiges Ziel westlicher Politik sein. Eine stabile, keine anarchische, auch keine islamisch geprägte Gesellschaft ist Voraussetzung, dass die im Durchschnitt 24 Jahre junge, wirtschaftlich unwuchtige ägyptische Zivilgesellschaft sich in Richtung Demokratie entwickeln kann. Stabilität muss auch mit Blick auf Israel Ziel sein. Es braucht wenig Fantasie zu erahnen, was ein Abdriften der arabischen Zentralmacht in das Lager aggressiver Israel-Gegner bedeuten würde. Deshalb ist das zögerlich wirkende, tatsächlich besonnene Vorgehen der westlichen Diplomatie richtig. Weder Ägyptens keineswegs machtlose Machthaber noch der junge akademisierte Protest auf dem Tahir-Platz dürfen verprellt werden. Kairo markiert eine Zäsur in der Geschichte des 21. Jahrhunderts. Besser ein paar Wochen geredet als nur einen Tag geschossen.

Ägyptenreisen: alltours sagt bis 28.2. ab und lässt kostenfreies Umbuchen bis 14.4. zu

Duisburg (ots) – Der Reiseveranstalter alltours sagte alle Urlaubsreisen nach Ägypten bis zum 28. Februar ab. Gleichzeitig lässt das Unternehmen kostenlose Umbuchungen von Ägyptenurlauben zu, die zwischen dem 1. März und einschließlich 14. April stattfinden sollen. „Unsere Gäste sind es von uns gewohnt, verlässlich und langfristig zu planen. Daher haben wir uns für diese aus unserer Sicht kundenfreundliche Lösung entschieden“, sagte Willi Verhuven, alltours Geschäftsführer.

Damit gilt bei alltours folgende Regelung für Ägyptenurlauber:

Hinreisende Ägypten: Alle Reisen bis einschließlich 28.2. nach Hurghada, Sharm El Sheik, Luxor und Marsa Alam hat alltours abgesagt. Alle Nilkreuzfahrten bis 28. Februar hat alltours ebenfalls abgesagt. Die betroffenen Gäste erhalten den Reisepreis erstattet und können eine neue Reise buchen. Alle Ägypten-Reisen zwischen 1.3 und 14.4. können alltours-Gäste kostenlos umbuchen und stornieren.

Urlauber in Ägypten: Zur Zeit befinden sich noch rund 400 Gäste von alltours in Ägypten. Diese werden vollständig am 10. Februar das Land verlassen haben und in ihre Heimatorte ausgeflogen.