Die verratene Freiheit im Iran

2
22

Der Jahrestag des Beginns der Proteste gegen das Regime im Iran anlässlich der gefälschten Präsidentschaftswahlen ist auch ein Jahrestag des Verrats an der Freiheit. Außer ein paar wohlfeilen Worten hatten die Menschen im Iran von den westlichen Regierungen nichts zu erwarten…

Von Stephan Grigat, Wiener Zeitung v. 15.6.2010

Und sie konnten auch nicht mit Unterstützung durch jene Zivilgesellschaft rechnen, die weltweit in Wallung gerät, wenn israelische Soldaten im Rahmen einer missglückten Aktion in Notwehr zehn islamische Djihadisten erschießen, die sich als Unterstützer des iranischen Terrorpartners Hamas deklariert hatten; die aber zugleich keinen Finger rührt, wenn im Iran Hunderttausende unter Lebensgefahr für ihre persönliche und politische Freiheit auf die Straße gehen. Nichtsdestotrotz gab es zum Jahrestag – entgegen den meisten Berichten – in vielen iranischen Städten Protestaktionen. Ob und wie schnell diese zum Erfolg führen werden, ist aber nicht zuletzt auf Grund des enormen Gewaltapparats, der vom Regime durch die kontinuierliche Unterstützung aus Europa aufgebaut werden konnte, fraglich.

Österreichs Wirtschaft setzt immer noch auf den Ausbau der Handelsbeziehungen mit dem Iran. Während Österreich vorige Woche im UN-Sicherheitsrat den verwässerten neuen Sanktionsbeschlüssen zustimmte, wurde auf dem Exporttag der Wirtschaftkammer Firmen erklärt, wie sie trotz bestehender Sanktionen noch bessere Geschäfte mit dem Iran machen können. Jeder Schritt, der das Regime schwächt, ist zu begrüßen, aber die UN-Sanktionsbeschlüsse alleine werden an den Gefahren, die von ihm für Israel, die Region, die iranische Bevölkerung und den Westen ausgehen, kaum etwas ändern. Um dem Regime sein Nuklearwaffenprogramm und die Unterdrückung der Opposition zu verunmöglichen, müssten die Europäer als wichtigste Handelspartner darüber hinausgehende scharfe, umfassende Sanktionen beschließen. Sollte das nicht passieren, wird Israel – von der Welt und seinem angeblich so verlässlichen Partner USA im Stich gelassen – immer mehr in die Lage gedrängt, Militärschläge gegen Irans Nuklearwaffen- und Raketenprogramm erwägen zu müssen.

Letztlich werden die Probleme mit dem und im Iran nur verschwinden, wenn das Regime verschwindet. Zu hoffen ist, dass sein Sturz der Startschuss sein wird, um dem globalen Vormarsch des islamischen Djihadismus Einhalt zu gebieten. Ein Ende der „Islamischen Republik“ würde nicht nur die Iraner von der Tyrannei der Scharia befreien, sondern auch Hamas, Hisbollah oder den lateinamerikanischen „Sozialisten des 21. Jahrhunderts“ einen wichtigen Kooperationspartner nehmen. Für die europäischen Kulturrelativisten, die seit Jahr und Tag mit einem ordentlichen Schuss Rassismus erklären, man dürfe islamische Herrschaftsansprüche nicht kritisieren, und die seit Juni 2009 mit einer Mischung aus Entsetzen und Verwirrung auf die Freiheitssehnsucht der modern gekleideten Demonstrierenden im Iran starren, wäre ein Sturz des iranischen Regimes eine schallende Ohrfeige.

Stephan Grigat ist Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft an der Uni Wien und Mitherausgeber des soeben im Studienverlag erschienenen Bandes „Iran im Weltsystem. Bündnisse des Regimes und Perspektiven der Freiheitsbewegung“.

2 Kommentare

  1. Zitat: „Österreichs Wirtschaft setzt immer noch auf den Ausbau der Handelsbeziehungen mit dem Iran. Während Österreich vorige Woche im UN-Sicherheitsrat den verwässerten neuen Sanktionsbeschlüssen zustimmte, wurde auf dem Exporttag der Wirtschaftkammer Firmen erklärt, wie sie trotz bestehender Sanktionen noch bessere Geschäfte mit dem Iran machen können.“

    Als Österreicherin kann ich da nur sagen: … wieder einmal eine „Art“ hinterfotzige Doppelbödigkeit der österreichischen Seele;
    Österreich als (heimlicher) Handlanger eines gewalttätigen fundamentalistischen islamistischen Regimes!

Kommentarfunktion ist geschlossen.