Der Vorfall mit der Gaza-Flottille und die Reaktion der Hamas darauf haben der israelischen Öffentlichkeit die neue Logik des Terrors gegen Israel vor Augen geführt. Man konzentriert sich nicht mehr auf Selbstmordattentate in israelischen Stadtzentren, sondern ermutigt Provokationen mit dem Ziel, die internationale Legitimität Israels zu erschüttern, und zwar mittels der Verbindung mit Bündnispartnern in der westlichen Welt…
Von Gil Morsiano, Haaretz v. 21.06.10
Was sich den Bürgern Israels jetzt mit voller Gewalt offenbart, ist nur Teil eines andauernden Trends der Delegitimierung Israels, der in den letzten Jahren unter der Führung eines neuen Lagers gewachsen ist. Das Besondere an diesem Lager ist, dass es eine „unheilige“ Koalition bildet aus religiösen islamischen Terrororganisationen und Elementen einer radikalen „liberalen“ Linken, die in der westlichen Welt operieren.
So tritt abseits des Rampenlichts jedes Jahr in Kairo oder in Beirut ein außergewöhnlich zusammengesetztes Forum zusammen, dessen erklärtes Ziel die Förderung einer „internationalen Kampagne gegen die USA und die zionistische Besatzung“ ist. Zwar sieht es auf der Oberfläche derzeit noch wie eine Protestveranstaltung (eine von vielen) aus, die das sinkende Image Israels bezeugt. Bei genauerem Hinsehen erweist sich die Zusammensetzung der Teilnehmer aber als eine völlig neue Bedrohung.
Wie eine beinahe komische Paraphrase von Treffen der Bösewichte in James-Bond-Filmen versammeln sich unter einem Dach Personen, die zwei einander absolut entgegengesetzte Lager repräsentieren, aber von einem gemeinsamen Ziel zusammengehalten werden. Auf der einen Seite herausragende Persönlichkeiten der radikalen Linken aus der westlichen Welt, wie bspw. George Galloway, Gründer der britischen Linkspartei Respect. Solche westlich-säkularen Linkspolitiker, die sich mit progressiven Werten wie Menschenrechten und Gleichberechtigung schmücken, stehen in der Front eines Kampfes, dessen Ziel die Delegitimierung Israels und die Förderung einer „Ein-Staaten-Lösung“ des arabisch-israelischen Konflikts ist.
Auf der anderen Seite enthüllt die Namensliste der Teilnehmer die aktive Involvierung von Führern und hochrangigen Strategen radikal-islamistischer Organisationen, die im Westen als Terrororganisationen bekannt sind. Dazu zählen etwa Mussa Abu-Marzouk, der stellvertretende Leiter des Hamas-Politbüros, und Ali Fayad, der als einer der herausragenden Strategen der Hisbollah bezeichnet wird.
Eine andere Dimension dieser Verbindung lässt sich an der wachsenden Einbindung von Personen, die in Israel mit der gewalttätigen Seite des Kampfes identifiziert werden, in das europäische Delegtimierungslager erkennen. Ein Beispiel ist Muhammad Sawalha, ein führender Organisator der Gaza-Flottille und die treibende Kraft bei verschiedenen antiisraelischen Initiativen in Großbritannien. Nicht viele wissen, dass Sawalha, bevor er sich in den Menschenrechtsjargon gehüllt hat, ein hochrangiger Hamas-Aktivist im Westjordanland war und vor den Sicherheitskräften nach Großbritannien geflohen ist.
Die unheilige Allianz zwischen Linksradikalen und islamischen Extremisten beweist, dass der gemeinsame Nenner des Hasses auf das „zionistische Gebilde“ die grundlegenden Diskrepanzen überbrücken kann, die sonst in jeder anderen Hinsicht zwischen den beiden Seiten herrschen. Wie der kanadische Liberale Tarek Fatah sarkastisch geschrieben hat: „Die Trotzkisten marschieren mit den Leuten, die sie hängen werden.“ Es sieht so aus, als würden die Terrororganisationen anfangen zu verstehen, dass die Zusammenarbeit mit ihren atheistischen Kollegen ihre Legitimität in westlichen Augen erhöhen und so ihr Image von radikalen Terroristen zu dem einer legitimen Partei im Konflikt verwandeln kann.
Es wird solche geben, die die neue Erscheinung als „Verbindung von Fantasten“, Allianz von Verrückten abtun werden, beruhend auf dem zeitweiligen Interesse des ‚Der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Der Punkt, an dem sich diese beiden Elemente treffen, bringt Israel in eine Falle: Zu einer Zeit, da die Hamas, die Hisbollah und ihresgleichen darauf hinarbeiten, die Lösung von zwei Staaten für zwei Völker zu vereiteln, indem sie die Entwicklung einer Regelung hintertreiben, die Israel und die Palästinenser voneinander trennt, arbeitet das Delegitimierungsnetzwerk der radikalen Linken auf die Lösung eines binationalen Staates als Alternativmodell hin. Auf diese Weise ergänzt und balanciert die Logik des Israel-Delegitimierungsnetzwerks die Logik der Vertreter des gewaltsamen Kampfes gegen Israel.
Die Verbindung schafft einen gefährlichen Kreis, da die beiden sich balancierenden Kräfte, so unterschiedlich sie auch sein mögen, auf ein Ziel hinstreben: die Zerschlagung des Staates Israel als jüdischer demokratischer Staat, die einen mit dem Schwert, die anderen mit Boykott.
Gil Morsiano ist Experte für Sicherheitspolitik des Think Tanks „Reut“ und Fellow beim Legacy Heritage Fellowship.