Der ANNE FRANK FONDS, Basel, trauert mit der Familie über den Tod von Miep Gies, die im hohen Alter von 100 Jahren verstorben ist. Die Mitglieder des Stiftungsrats sind traurig und gleichzeitig froh, dass ihr ein langes Leiden erspart geblieben ist…
Als ANNE FRANK FONDS sind wir ihr für immer zu ganz grossem Dank verpflichtet. Sie hat mit ihrem mutigen und selbstlosen Einsatz während Tagen, Monaten und Jahren gemeinsam mit den anderen Helfern den Untergetauchten das Überleben im Hinterhaus ermöglicht. Sie hat damals ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt. Nun ist sie über 65 Jahre später gestorben.
Wenn der ANNE FRANK FONDS nun verspricht, ihr Andenken zu bewahren, so sind das zunächst einfach nur Worte. Als kleines Zeichen der Dankbarkeit hat der ANNE FRANK FONDS zu ihrem 100. Geburtstag begonnen, einen Wald in der Wüste unweit von Beersheba im Wadi Karkor zu pflanzen. Auch das ist viel zu wenig. Doch diese Bäume werden wachsen. Weit über hundert Jahre. An diesem Wald weiterpflanzen ist das eine. Menschen finden dort Erholung.
Begegnungen zwischen Menschen zu ermöglichen und ihnen von der Geschichte von Miep Gies und den anderen Helfern zu erzählen, muss das andere sein. Das bleibt eine wichtige Aufgabe des von Otto H. Frank in Basel gegründeten und zu seinem Erben eingesetzten ANNE FRANK FONDS.
ANNE FRANK FONDS, Basel
Buddy Elias, Präsident
John D. Goldsmith, Vizepräsident
und die Mitglieder des Stiftungsrates: Gerti Elias; Daniel Fürst; Christoph Knoch; Yves Kugelmann
Brief des ANNE FRANK FONDS zum 100. Geburtstag von Miep Gies:
«Nur Worte können wir Dir übersenden, Worte des Dankes, von Herzen. Nur Worte, die alles sind, was wir haben, die mehr sein wollen, als alles andere, was wir Dir schenken können. Worte für Menschen, die Du retten wolltest, Worte für Worte, die Du gerettet und uns vermacht hast.
Du bist eine der vielen wenigen Heldinnen unserer Zeit. Zu wenige gab es, zu viele werden nicht genannt und sind vergessen gegangen. Du bist eine Gerechte unter den Völkern, eine zivilcouragierte Frau, die sich selbst in Lebensgefahr brachte, um andere zu retten. Deine redliche Loyalität zu Deinem Arbeitgeber Otto Frank, später zur Familie war eine, die nie käuflich war sondern stets von innerstem Herzen kam. Tag für Tag hast Du ab 1942 Dein eigenes Leben riskiert um jenes der anderen zu retten. Später hast Du versucht die Familie nach der Deportation aus den Lagern herauszubekommen und brachtest schliesslich Anne Franks Tagebuch in Sicherheit. Damit hast Du eines der wichtigsten Zeitzeugnisse des letzten Jahrhunderts Millionen Leserinnen und Lesern zugänglich gemacht und vermittelt, was Ausgrenzung, Denunziation, Faschismus anrichten können.
Du hast nicht weggesehen, obwohl es fast alle taten. Du hast nicht weggehört, obwohl Propaganda vieles übertönte. Du hast nicht für Dich genommen, obwohl Juden und deren Habe Freiwild waren. Du bist Deinem aufgeklärten, christlichen Gewissen der Nächstenliebe, der wahren Liebe für Deine Nächsten gefolgt und hast uns einen Teil aus jenem Kosmos zurückgegeben, den wir verloren haben. Du hast der Menschheit mit dem Tagebuch der Anne Frank ein Dokument, eine nicht fiktive literarische Trouvaille überlassen, das so viele Menschen auf jenen Weg gebracht hat, den Du seit jeher gegangen bist. Den Weg der Gerechten.
Wir wollen Dir zu Deinem Geburtstag alles Gute wünschen, viel Kraft und Gesundheit. Glücklich sind wir mit Dir, dass Dein Name für Generationen über dem dunklen Himmel der Menschheitsgeschichte wie ein funkelnder, rettender Stern leuchten wird, an dem alle sich immer wieder aufs Neue werden orientieren können, die vom Weg des Guten abkommen, die überwältigt von der Zeit vergessen, das Dein innerer Kompass unserer sein muss. Auf diesem Wege wollen wir schreiten in Anerkennung dessen, was viele in Worten und nur wenige in Taten vollführt haben. Danke Miep. Danke für jede Begegnung und alles, was Du für die Familie Frank und uns, was Du für die Zivilgesellschaft geleistet hast. Du bist das Gewissen unserer Dekade.
Für den ANNE FRANK FONDS – Buddy Elias»