Libyen: Imageprobe für die Schweiz

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Die Libyen-Affäre entwickelt sich zu einem aussenpolitischen Debakel für die Schweiz. Auch nach dem Blitzbesuch von Bundespräsident Merz werden die Schweizer Geiseln immer noch in Libyen festgehalten. Nun werden auch die Israelis ins Spiel gebracht…

Von Benji Epstein

Bundespräsident Merz scheint sein Gesicht tatsächlich zu verlieren, wie er selbst erklärte. Nach dem Blitzbesuch mit dem Bundesratsjet in Tripolis Ende August kam Merz zwar mit einem fragwürdigen Vertrag aus Libyen zurück, jedoch ohne die zwei festgehaltenen Schweizer Geiseln. Vor versammelter Presse verteidigte Merz seine Reise in den Wüstenstaat und erklärte, die Geiseln würden am 1. September in die Schweiz zurückkehren. Falls nicht, „würde ich mein Gesicht verlieren“, sagte er.

Merz‘ Alleingang

Der Sohn des Libyschen Diktators, Hannibal Ghadaffi, wurde zusammen mit seiner Frau vor einem Jahr in Genf verhaftet, weil er zusammen mit ihr zwei Angestellte verprügelt hat. Darauf folgte eine Welle von Schikanen gegenüber der Schweiz und die bilateralen Beziehungen wurden auf Eis gelegt. Ende August flog Bundespräsident Merz nach Libyen um die Beziehungen wieder in Schwung zu bringen und um mit den beiden festgehaltenen Geiseln im Gepäck zurückzukehren.  Trotz eines ausgehandelten Vertrages, der unter anderem auch die Rückkehr der Geiseln vorsieht, sitzen die beiden Schweizer weiterhin in Libyen fest.

Zurück in der Schweiz, geriet Merz unter Beschuss von allen Seiten. Die Öffentlichkeit beschuldigte ihn, Verträge mit einem Diktator abzuschliessen, dem man nicht trauen könnte. Überdies sei er die Reise in einem Sololauf angetreten, ohne den Bundesrat mit allen Einzelheiten zu informieren. Der Kniefall von Tripolis wird zudem als einer der Schweiz unwürdigen Geste betrachtet, durch welche sie vor einem Schurkenstaat kapituliert.

An der Nase herumführen

Schaut man auf die jüngsten Entwicklungen in der Affäre, scheint die Kritik an der Schweizer Aussenpolitik, vor allem an Merz, nicht ungerechtfertigt zu sein. Das Vertrauen, welches Merz in Libyen gesteckt hat, scheint sich als völlig naiv zu bewahrheiten. Laut dem Libyschen Fize-Aussenminister Khaled Kaim wurde der Schweiz nie versprochen, die Geiseln bis 1. September ausreisen zu lassen. Vereinbart worden sei lediglich, dass in diesem Zeitraum etwas unternommen werde, wie er gegenüber der „NZZ am Sonntag“ sagte.

Doch dem nicht genug. Ghadaffi versucht weiterhin die Schweiz an der Nase herumzuführen und sie öffentlich ins Lächerliche zu ziehen. Nebst einem nicht vereinbarten Lösegeld für die Geiseln, beantragte er vor den Vereinten Nationen die Auflösung der Schweiz und die Aufteilung der Landesteile an die Schweizer Nachbarstaaten, was jedoch von der UNO bereits zurückgewiesen wurde. Das wirklich komische dabei, wäre dies nicht schon skurril genug, ist, dass Libyen im kommenden Jahr den Vorsitz der UNO-Generalversammlung inne haben wird und somit das Image der Schweiz unter Aussagen Ghadaffis weiter leiden könnte.

Die Israelis im Spiel

Auch der Schweizer Soziologe und Libyen-Kenner Jean Ziegler äusserte sich zur laufenden Affäre. Im Migros-Magazin antwortete er auf die Frage, ob die Verhaftung von Hannibal und seiner Frau eine Panne gewesen sei mit ja und erklärte, die Genfer Polizei sei vom israelischen Geheimdient manipuliert worden. Auf Anfrage von Tachles entschuldigte sich der Chefredaktor des Migros-Magazins, Hans Schneeberger, und teilte mit: „Wir geben die Meinung des Interviewten wieder, die sich mit der Meinung der Redaktion selbstverständlich nicht deckt.“ Er betonte, dass auf Anfrage von Ziegler die Antworten noch korrigiert werden sollten, was jedoch nur in einem Teil der Auflage geschah, da die Bitte nach Redaktionsschluss einging. Nun heisst es: „Die Libyer vermuten, dass die Genfer Polizei vom israelischen Geheimdienst manipuliert worden ist.“

Es wäre wohl zu einfach gewesen, die Schuld an der ganzen Affäre auf die Israelis zu schieben. Dass es jedoch Ziegler ist, der gerade Israel in irgendeiner Art und Weise in die ganze Geschichte miteinbezieht, ist alles andere als überraschend. Wurde der Soziologe doch mehrmals des Antisemitismus und der Pflege guter Beziehungen zu Diktatoren beschuldigt.

Schweiz auf die Probe gestellt

Die ganze Affäre scheint die Schweiz seit langem wieder einmal aussenpolitisch zu strapazieren. Die neutrale Schweiz, die alles andere als Konflikte mit anderen Staaten gewohnt ist, versuchte die Situation alleine zu lösen, was ihr total zum Verhängnis wurde. Nun wäre es an der Zeit, Hilfe herbeizuziehen und den Schweizer Stolz auf die Seite zu legen. Unterhaltsam ist dabei die Meinung der rechtsgerichteten Partei Lega dei Ticinesi, die Libyen den Krieg erklären will.