Australien: Heftige Kritik an Internetzensurpolitik

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Das harte Vorgehen der Regierung gegen unliebsame Inhalte im Internet hat in Australien heftige Proteste innerhalb der Web-Community ausgelöst. Ausgangspunkt der Kritik ist dabei vor allem eine schwarze Liste, auf der die zuständige Aufsichtsbehörde Australian Communications and Media Authority (ACMA) http://www.acma.gov.au all jene Webseiten zusammengefasst hat, die ihrer Ansicht nach die heimische Jugend verderben könnten…

Schwarze Liste mit verbotenen Webseiten im Internet aufgetaucht
Australien steht bei ROG „unter besonderer Beobachtung“

Nachdem die Liste kürzlich überraschend ohne offizielle Genehmigung auf dem Online-Portal Wikileaks http://www.wikileaks.org aufgetaucht war, konnte sich die Öffentlichkeit selbst von dem tatsächlichen Ausmaß der Internetzensur in Down Under überzeugen. Die für die Regierung überaus peinliche Veröffentlichung zeigt nämlich, dass die ACMA es nicht nur ausschließlich auf verbotene Webangebote abgesehen hat, sondern auch auf Online-Poker-Seiten, YouTube-Links, Wikipedia-Einträge und Homepages von bestimmten Glaubensgemeinschaften. Sogar ein Reiseveranstalter und ein Zahnarzt sollen laut Bericht des Sydney Morning Herald auf der schwarzen Liste zu finden sein.

Dass Australien in puncto Web-Zensur eine derartige Vorreiterrolle einnimmt, mag für viele eine Überraschung sein. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) http://www.rsf.org wies aber bereits anlässlich des kürzlich stattgefundenen „Welttags gegen Internetzensur“ (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/090312012/) darauf hin, dass das Land schon seit geraumer Zeit „unter besonderer Beobachtung“ stehe. “ Zwar lässt die Regierung Australiens selten Internetdissidenten festnehmen und Zensurmaßnahmen sind weniger massiv als bei den zwölf Ländern, die wir als ‚Feinde des Internets‘ ausgemacht haben. Aber die Regierungen dieser Staaten haben beunruhigende Maßnahmen ergriffen, die leicht missbraucht werden könnten und damit die Informations- und Meinungsfreiheit im Internet gefährden“, bestätigt Anja Viohl, Pressereferentin bei ROG in Deutschland, gegenüber pressetext.

Obwohl Australien auf den ersten Blick als funktionierende Demokratie gelte, widmet ROG der dortigen Zensurpraxis im Internet besondere Aufmerksamkeit. „In Australien kann beispielsweise die Telekommunikations-Regulierungsbehörde Webseiten sperren lassen, über die sich Bürger beschwert haben. Zudem erlaubt eine Anti-Terror-Gesetzgebung der ACMA, ‚verdächtige‘ private E-Mails abzufangen“, schildert Viohl. Nach einer neuen Gesetzesvorlage im Kampf gegen Kinderpornographie, Diffamierung und zum Schutz von Autorenrechten könnten außerdem Internetfirmen verpflichtet werden, private Internetverbindungen zu filtern.

Dem australischen Kommunikationsminister Stephen Conroy zufolge sei die von der ACMA zusammengestellte schwarze Liste vor allem als Grundlage für die eingesetzte Internet-Filtertechnologie wichtig, die den Zugang zu illegalem Web-Content blockieren soll. Wie Conroy gegenüber dem Sydney Morning Herald ausführt, würden darunter vor allem kinderpornografische und gewaltverherrlichende Materialien sowie Inhalte fallen, die detaillierte Anleitungen für Verbrechen geben oder ausdrücklich die Durchführung von Terroranschlägen gutheißen. „Es ist zwar bedauerlich, aber die Realität zeigt, dass sich illegale Webinhalte auch nicht durch schwarze Listen und Filtersysteme verhindern lassen. Diejenigen, die das nötige Know-how besitzen, werden immer einen Weg finden, an diese Inhalte heranzukommen“, entgegnet der Kommunikationssprecher der politischen Opposition Australiens, Senator Nick Minchin. „Der effizienteste Weg, um die Sicherheit für Kinder und Jugendliche im Netz zu verbessern, führt vielmehr über die Eltern. Diese müssen sich stärker auf ihre Aufsichts- und Kontrollaufgabe konzentrieren“, so Minchin.