Während der letzten Tage konnte man in verschiedenen Medien „Enthüllungen“ lesen oder hören über das Benehmen von einigen israelischen Soldaten in Gaza. Niemand der etwas über Kriegsführung weiß, kann sich vorstellen, dass man gut ausgerüstete Soldaten zum Kampf gegen Irreguläre in bebaute Gebiete sendet, und dass dies nicht zu einer großen Anzahl von Toten führen würde…
Von Karl Pfeifer
Die Armeen des Vereinten Königreichs, der USA, von Kanada und den Niederlanden sind in großflächigen Operationen im Irak und Afghanistan engagiert. Jede Infanterieeinheit dieser Länder, die sich in Schwierigkeiten befindet, verlangt sofort Unterstützung aus der Luft. Das bedeutet, dass große Bomben auf das Gebiet geworfen werden, von wo aus auf europäische oder auf nordamerikanische Truppen gefeuert wird.
Wegen diesem Einsatz der Luftwaffe kommt es dort regelmäßig zum Tod einer großen Anzahl von Zivilisten. Darüber wird in europäischen und nordamerikanischen Medien berichtet und gelegentlich wird auch ein Kommentar veröffentlicht, der dies beklagt. Wenig Anzeichen gibt es dafür, dass jemand überrascht oder schockiert wäre.
Wenige finden es hier merkwürdig, dass wenn die Wahl gegeben ist, das eigene Leben oder den Tod von Zivilisten zu riskieren, die britischen, kanadischen, niederländischen und amerikanischen Soldaten sich eher entscheiden am Leben zu bleiben und die F 16 bitten, den Ort von wo auf sie gefeuert wurde, zu vernichten. Es gibt auch keine Aufregung, wenn diese Soldaten auf ein unidentifiziertes Individuum schießen, das sich nähert, weil dies ein Selbstmordattentäter sein könnte. Und es gab auch Akte des Vandalismus und Beleidigungen der Religion des Feindes, weil ein Krieg eben so ist.
Wenn israelische Soldaten sich ähnlich benehmen ist die Reaktion anders. Da gibt es viel Empörung und der moralische Zeigefinger wird gehoben. Warum dieser Unterschied? Vielleicht weil man Juden nur einen Staat und eine Armee zugestehen will, wenn dieser Staat und diese Armee wesentlich höhere Standards einhalten, als andere Staaten. Jedes Versäumnis diesen wesentlich höheren Standard zu erfüllen wird als Beweis genommen für die grundlegende Unrechtmäßigkeit des „zionistischen Projekts“.
Westlichen bewaffneten Kräften wird bei Kämpfen, die Tausende Kilometer von ihrem Heimatland stattfinden, das Töten von Zivilisten und die Vernichtung ihres Eigentums erlaubt und verziehen. Wenn es zu solchen Vorkommnissen bei Israelis kommt, die eine kurze Busfahrt entfernt von ihren Wohnungen einen Kampf führen gegen eine Organisation, die Menschenrechte grundsätzlich missachtet und entschlossen ist ihren Staat zu liquidieren da gibt es eine falsche Empörung. Verdrängt wird auch, dass Hamas von einem Staat unterstützt wird, der täglich seine Entschlossenheit herausposaunt das „zionistische Gebilde“ zu beseitigen und der rapide Schritte unternimmt, welche die Erfüllung dieses Traumes ermöglichen könnten.
Jede Armee trainiert ihre Soldaten um den Feind zu besiegen. Dabei kommt es leider immer wieder dazu, dass einige Soldaten das Leben und Eigentum von Zivilisten nicht schützen. Das ist auch der israelischen Armee passiert und die ursprünglich in Haaretz darüber publizierte Meldung dient dazu, dass Missbräuche oder Verbrechen ausgeforscht und die Schuldigen bestraft werden.
Der österreichische Journalist Karl Pfeifer (Jahrgang 1928) diente von 1946 in der Eliteeinheit Palmach und ab 1.2.1948 bis 1950 in der israelischen Armee.