Rechtsextreme proben wieder Eintritt ins Europäische Parlament

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Neue Runde, neuer Einsatz, neue Chance: Dieses Motto scheint sich Europas extreme Rechte im Vorfeld der nächsten Europaparlamentswahl zu eigen zu machen. Und so probt man schon einmal, grenzübergreifend, den Einzug in das Straßburger Parlament, wo man eine Kooperation in neuer Form anstrebt. Am Wochenende des 31. Januar und 1. Februar fand dazu eine Tagung in Wien statt…

Von Bernard Schmid, Paris

Die Wahl findet europaweit am 7. Juni dieses Jahres statt. In der jetzt auslaufenden Legislaturperiode des Europäischen Parlaments (EP) hatte kurzzeitig, während mehrerer Monate des Jahres 2007, eine gemeinsame Fraktion der rechtsextremen Parteien existiert. Letztere hatten dadurch zusammen die Fraktionsstärke – für die mindestens 20 Abgeordnete, die aus mehreren Mitgliedsstaaten kommen müssen, erforderlich sind – erreichen können, dass mit dem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Januar 2007 starke rechtsextreme Parteien einzogen.

Damals jedenfalls waren diese Kräfte stark, denn zumindest die Großrumänienpartei (PRM) von Corneliu Vadem Tudor hat zwischenzeitlich starke Einbrüche erlebt: Bei einer Nachwahl zum EP in Rumänien im November 2007 erzielte die Partei nur noch 3,5 Prozent, und bei der rumänischen Parlamentswahl im Dezember 2008 scheiterte sie mit rund vier Prozent der Stimmen an der in Bukarest geltenden Fünf-Prozent-Hürde. Stark bleibt hingegen die bulgarische Ataka-Partei. Doch inzwischen hat sich auch die gemeinsame Fraktion in Strasbourg längst zerlegt: Diese scheiterte im Herbst vergangenen Jahres an heftigen Querelen zwischen der italienischen Rechtsextremistin und „Duce-Enkelin“ Alessandra Mussolini, die grob und pauschal über rumänische Einwanderer in ihrem Land hergezogen war, und den Abgeordneten der PRM.

Nun versuchen es die Rechtsextremen aus mehreren europäischen Ländern also erneut. Wieder will man zusammen eine Präsenz im EP anstreben und versuchen, dort Einfluss auszuüben – für ein „Europa der Nationen und Völker“, gegen eine supranationale Integration und den Lissabon-Vertrag. An der gemeinsamen Tagung in Wien nahmen neben Vertretern der österreichischen FPÖ als Gastgeberpartei (ihr Chef Heinz-Christian Strache und ihr einziger EP-Abgeordneter Andreas Mölzer) nahm u.a. Bruno Gollnisch vom französischen Front National – der frühere Chef der rechtsextremen Fraktion im EP – teil. Auch die amtierenden Europarlamentarier Philip Claeys (vom belgisch-flämischen ‚Vlaams Belang‘) und Mogens Camre (von der rassistischen ‚Dänischen Volkspartei‘ DFP) waren anwesend. Neben diesen größeren Formationen wurde auch die Präsenz von Vertretern der deutschen rechtspopulistischen Regionalpartei ‚Pro Köln‘ respektive ‚Pro NRW‘ – Markus Beisicht, Judith Wolter und Markus Wiener – vermeldet. Auer ihnen nahmen ferner die bulgarische Ataka-Partei und, durch die diversen Presseaussendungen nicht näher bezeichnete, politische Kräfte aus Italien, der Schweiz, Serbien „und sogar Russland“ an dem Treffen teil.

Zum Abschluss der Zusammenkunft besuchten die Beteiligten den, in Österreich aufgrund rechtsextremer Tendenzen und teils offener Nazisympathien umstrittenen, „WKR-Ball der studentischen Verbindungen“ in der Wiener Hofburg.

Geändert hat sich offenkundig die Taktik, mit der die vereinigten Rechtsextremen in die kommende EP-Wahl ziehen möchten. Als strategisches Ziel angestrebt wird nicht länger die Bildung einer eigenen gemeinsamen Fraktion, sondern die Aufnahme in die bereits bestehende, gröere Parlamentariergruppe „Union für ein Europa der Nationen“. In dieser sind derzeit 44 von insgesamt 785 Abgeordneten des EP Mitglied. Ihr gehören bislang solche Parteien an, die zwar weit rechts stehen, aber anders als etwa zumindest Teile des französische Front National oder der österreichischen FPÖ nicht in einer pro-faschistischen oder Pro-Nazi-Tradition angesiedelt sind. Zu den ihr angeschlossenen Parteien zählen etwa die beiden Mitgliedsformationen der italienischen Regierungskoalition, Alleanza Nazionale – die mit ihrer offen faschistischen Herkunft offiziell gebrochen hat – und Lega Nord. Aus Polen zählen sowohl die populistische Bauernpartei Samoobrona als auch die antisemitische „Liga der polnischen Familien“ zu der Fraktion, in der ferner mehrere Parteien aus den drei Ländern des Baltikum und die konservative Großpartei ‚Fianna Fail‘ aus Irland sitzen.

Der Europa-Abgeordnete der dänischen DFP (Dansk Folkeparti), Morgens Camre, hat den in Wien Versammelten seine Hilfe bei der Aufnahme in diese Fraktion zugesichert. Ihr gehört auch seine Partei an, die in Dänemark ab 2001 mehrere Jahre lang die konservativ-liberale Regierung als parlamentarische Mehrheitsbeschafferin – im „Tausch“ gegen eine drastische Verschärfung der Einwanderungs- und Asylgesetze – stützte.

Unglück allerdings für die frühere Partei Jörg Haiders, das „Bündnis Zukunft Österreichs“ (BZÖ), das sich im Jahr 2005 von der – aktuell stärker extremistisch orientierten – FPÖ abgespalten hatte: Noch im Mai 2007 hatte das BZÖ, nach einem Zusammentreffen zwischen seinem Klubobmann (Fraktionschef) Peter Westenthaler und dem Fraktionsvorsitzenden der Lega Nord im italienischen Parlament – Roberto Maroni – in Rom angekündigt, zukünftig gemeinsam mit der Lega in deren Fraktion im EP sitzen zu wollen. Jedenfalls wenn es denn in der nächsten Legislaturperiode auf den Parlamentsbänken in Strasbourg nehmen könnte, wo es im Augenblick nicht vertreten ist. Noch allerdings kann das BZÖ, das fast nur noch in Kärnten wirklich stark ist, nicht versichert sein, überhaupt in das kommende Europäische Parlament einzuziehen. Und falls ihm dies gelingt (immerhin erhielt es über 10 Prozent der Stimmen bei der letzten österreichischen Nationalratswahl im September 2008), so hat ihr die Konkurrenz von der – „radikaleren“ aber stärkeren – FPÖ jetzt ein Schnippchen geschlagen. Denn wer zuerst kommt, malt mutmaßlich zuerst.

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