Mit einer dramatischen Erklärung an das Volk präsentierte sich Israels Ministerpräsident Ehud Olmert als Friedensbringer, indem er nach drei Wochen Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen einen einseitigen Waffenstillstand verkündete. Olmert deklarierte Israel zum „Sieger“, da die radikal-islamische Organisation „vernichtend geschlagen“ worden sei und die israelischen Militärs ihre Ziele erreicht hätten…
Von Ulrich W. Sahm, 18.01.2009
Neben dem Premier saß Verteidigungsminister Ehud Barak, eingepackt in eine glänzende dunkelbraune Lederjacke, wie sie in den siebziger Jahren bei 16-jährigen „Halbstarken“ groß in Mode war.
So trug Olmert sein Teil bei zum feierlich-kitschigen Einzug des amerikanischen Präsidentschaftsanwärters Barack Obama, der in einem bunt geschmückten dunkelblauen Eisenbahnzug in Washington, die Inauguration Abraham Lincolns nachahmt.
Schon als Iarael am dritten Weihnachtstag mit seiner „Operation gegossenes Blei“ die fundamentalistischen Hamaskämpfer ausgerechnet am Sabbat überraschte, war den Israeli das Zeitfenster bewusst. Der Weihnachtsurlaub den Regierung in alller Welt würde ungefähr bis zum 6. Januar andauern, danach müssten sie sich beeilen, um rechtzeitig vor der Vereidigungszeremonie in Washington das nahöstliche Sylvesterfeuerwerk zu beenden.
Aber so wie UNO Generalsektretär Ban Ki Moon erklärt hatte, dass die Waffenstillstandsresolution 1860 des Sicherheitsrates für „alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen bindend sei“, so reiste Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier laut Agenturberichten „vermittelnd“ nach Ramallah zur Autonomiebehörde um Israel und die „Palästinenser“ zu einem Waffenstillstand zu bewegen. Der UNO-Chef bedachte offenbar nicht, dass die Hamas weder Staat noch UNO Mitglied ist und die Berichterstatter zu Steinmeier scheinen nicht bemerkt zu haben, dass es gar keinen Schieß-Krieg zwischen Israel und der Autonomiebehörde in Ramallah gab.
Da ganz besonders im Krieg immer zwei zum Tango gehören, fragt sich jetzt, was denn die Hamas von dem gerade erklärten einseitigen Waffenstillstand hält. Sollte nämlich die Hamas weiterhin Raketen auf Israel abschießen oder gar die im Gazastreifen verbliebenen Truppen attackieren, will Israel genauso hart und blutig zuschlagen wie in den drei Wochen vor dem Waffenstillstand. Das nennt sich dann nicht mehr „Operation gegossenes Blei“, sondern wäre nur noch „legitime Selbstverteidigung“.
Der Hamaschef in Gaza, Ismail Hanija, war vor einer Woche aus seinem Versteck hervorgekommen und hatte behauptet, seine Organisation sei „mit dem Sieg verabredet“. Wer Allah hinter sich wisse, könne nicht kapitulieren. Die Hamas verlangt eine Öffnung aller Grenzen und Dschihad Islami, eine andere radikale Organisation in Gaza, will weiterkämpfen, bis der letzte israelische Soldat aus dem Gazastreifen vertrieben worden sei.
Olmert wird man jetzt erst einmal für seine Rücksichtnahme loben, Obamas Tag des Lebens wurde nicht gestört und der „Frieden“ in Nahost wieder hergestellt. Doch gibt es keine Garantie dafür, dass auch die andere Kriegspartei, die Hamas, mit der niemand redete und für die weder UNO-Resolutionen noch das Völkerrecht gelten, dem zustimmt und ausgerechnet dem neuen Chef der christlichen „Kreuzfahrer“ im verhassten wie „dekadenten“ Westen gleiche Ehre erweisen will. Schon am Morgen signalisierten sechs Raketen auf Sderot, dass der Waffenstillstand nur für Israel gelte und nicht für die Hamas.
© Ulrich W. Sahm / haGalil.com