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Nizza Thobis Konzert zum Holocaust-Gedenktag in Kassel: Nicht nur betroffen

Kassel. Es gibt Wunden, die nie verheilen. "Angesichts meiner Augen, die Schreckliches sahen, schwöre ich nichts zu vergessen, mich an alles zu erinnern", schrieb Abraham Schlonski 1944 über das Leid, das sich wie ein blutverrosteter Stacheldraht in die Seelen der Holocaust-Opfer bohrt...

Von Steve Kuberczyk-Stein

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Die Israelin Nizza Thobi hat viel zur jüdischen Leidens-, Kultur-, und Lebensgeschichte zu sagen. Mit ihrem Programm "Jiddisch is gor nischt asoj schwer - von Wilna nach Jerusalem" gastierte sie am Internationalen Holocaust-Gedenktag am Sonntag im Kulturzentrum Schlachthof. Ihre Lieder, die sie begleitet von Dina Leini (Geige) und Peter Wegele (Piano) zu Gehör brachte, sind gefühlsstarke, melancholische Kompositionen, die von der Welt und den Menschen des Osteuropäischen Judentums erzählen.

Schicksale besingt sie wie das vom kleinen "Motele", der seine Aufnahme in der jüdischen Gemeinde nicht mehr erlebte, weil er als Zwölfjähriger im Warschauer Getto starb. Oder den Schmerz eines im Konzentrationslager Matthausen inhaftierten, der den Verlust seiner Frau mit den verzweifelten Worten dokumentierte: "Töchter von Auschwitz und Dachau, habt ihr meine Liebste gesehen?"

Diaprojektionen vertieften die Wirkung. Doch diese Bilder zeigten nicht nur leidvolle Szenarien, sondern auch Porträts jüdischer Dichter, wie das des israelischen Autors Jehuda Amichai, dessen Gedicht über seine Jugendfreundin "Kleine Ruth" Thobi besang. Sie will nicht nur Betroffenheit auslösen, sondern aufklären und mit ihrem Publikum in einen persönlichen Dialog eintreten.

Deswegen stand sie nicht auf, sondern vor der Bühne. Und deswegen mochte sie nicht nur vorsingen, sondern auch gemeinsam. Eine gefühlvolle Umarmung wäre zum Abschluss dieses so persönlichen interkulturellen Dialoges angebracht - die Besucher drückten dies durch herzlichen Applaus aus.

Kassel HNA  28.01.2008
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Category: Kultur
Posted 01/31/08 by: admin