Man hätte es bereits 1998 wissen können. Günther Oettinger hat entweder keine Ahnung von Geschichte oder ein so problematisches Geschichtsbild, dass er eigentlich in einer demokratischen Partei fehl am Platze ist. 1998 jedenfalls war er einer der engagiertesten Wortführer gegen die sogenannte "
Wehrmachtsaustellung"...
von Ramona Ambs
Er sagte: „Es entsteht sehr leicht der Eindruck, dass der, der als Soldat bei der Wehrmacht war, an Verbrechen des Hitlerregimes beteiligt gewesen ist und dieser Eindruck ist, glaube ich, falsch und ungerecht, und deswegen sind wir gegen die Ausstellung.“ Dann war es recht lange recht ruhig um ihn. Bis zu diesem Jahr.
Bereits im Januar machte er negative Schlagzeilen. Er besuchte seine alte, schlagende Verbindung Ulmia in Tübingen, in deren Kreise er durchaus auch gerne mal alle drei Strophen des Deutschlandliedes singt und erklärte dort mit folgendem Satz: “Wir sind in der unglaublich schönen Lage, nur von Freunden umgeben zu sein. ..- Das Blöde ist, es kommt kein Krieg mehr,“ den mangelnden Willen der jungen Generation zu Gemeinsinn und Fleiß.
Im April dann erklärte Oettinger in seiner Trauerrede für Filbinger und auch noch die ersten Tage danach in diversen Interviews, Filbinger sei nicht nur kein Nationalsozialist gewesen, sondern sogar ein Gegner des Ns- Regimes. Erst nach massivem öffentlichen Druck, distanzierte sich Oettinger davon, sagte, dass er die Missverständnisse bedaure. Eine traurige Formulierung. Aber es wird noch trauriger, denn der November ist ein trauriger Monat.
Ausgerechnet am 9. November sollte nun der Landespresseball stattfinden unter der Schirmherrschaft von Oettinger. Niemandem war das Datum aufgefallen. Nicht dem Schirmherrn, nicht dem Journalistenverband und nicht der Landespressekonferenz. Und anders als in den großen Medien behauptet , war es nicht der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Oettinger auf diesen Umstand hinwiesen, sondern ein pensionierter Pfarrer , der in einem Brief dem Ministerpräsidenten die Bedeutung des Datums erklärte. Die Kritik des Zentralratssekretärs und die Empfehlungen der israelitischen Gemeinden kamen erst danach, aber dafür vehement.
Also verbat Oettinger nun zwar nicht die Party, - aber das Tanzen auf derselben ist abgesagt. Kein Ball mehr, sondern eine Gala. Ein fauler Kompromiss, zumal Oettinger Schirmherr bleiben will und offenbar nicht vorhat zur Abwechslung auf eine Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht zu gehen, derer es einige im sogenannten „Ländle“ geben wird. Aber was soll er da auch machen? Mit seinem dreistrophigen Deutschlandlied wäre er dort wohl deplatziert...