Sinnloses Geplapper ist es bestimmt nicht, was da der Chef des wirtschaftsnahen Ifo-Institus, Hans-Werner Sinn, von sich gegeben hat. "1929 waren die Juden die Sündenböcke, heute sind es die Manager" läßt er sich im "Tagespsiegel" vernehmen...
Von Holger Raak und Jörg Fischer-Aharon
Dass Herr Sinn schon immer eine extrem große Nähe zu den führenden Wirtschaftsvertretern hatte, ist ja hinreichend bekannt. Was er jetzt dem
Tagesspiegel mitzuteilen gedachte, haut dem Fass den Boden aus: "Im Streit um die Schuld der Manager an der Finanzkrise hat der Münchener Ökonom Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts, die Wirtschaftsführer in Schutz genommen und die Kritik an ihnen mit dem Antisemitismus der dreißiger Jahre verglichen. 'In jeder Krise wird nach Schuldigen gesucht, nach Sündenböcken', sagte er dem Tagesspiegel."
Wer wenn nicht die Manager der Grossunternehmen und des Bankwesens sind dafür verantwortlich? Die Schichtarbeiter bei Opel? Die Schalterangestellten der Deutschen Bank? Die Versicherungsvertreter der Allianz? Irgendwelche fremden Mächte?
Mitnichten, Herr Sinn, und Sie müssen es genau wissen, sonst sind Sie eine völlige Fehlbesetzung! Ja, es sind die Manager, die für sich und die Aktienstände und Renditen den Hals nicht voll genug bekommen können. Es sind Wirtschaftswissenschaftler wie Herr Sinn, die keinen Anlass ausließen und dem freien ungezügelten Markt ohne sozial-moralische Grundregeln das Wort redeten. Es sind die Lobbyisten der Grossunternehmen und Banken, die nichts unversucht lassen, in den politischen Entscheidungsebenen Einfluss auszuüben. Und es sind die Politiker, die diesem ganzen Treiben vorher keinen Einhalt geboten haben.
Soweit zur Ursache für die Finanzkrise und die sich immer weiter herausbildende Wirtschaftskrise. Aber was Herr Sinn jetzt betreibt, grenzt an Volksverhetzung und Geschichtsrevisionismus.
Mal ganz davon abgesehen, wenn er davon schwafelt, dass "der Nationalsozialismus (..) aus der Krise zwischen 1929 und 1931 entstanden (sei). Auch heute stünden Rattenfänger wieder parat...´, sollte er seine geschichtlichen Grundkenntnisse erstmal wieder auf Vordermann bringen: Der Nationalsozialismus ist schon ein paar Jahre früher entstanden. Und auch der Antisemitismus ist keine Erfindung der Nazis gewesen.
Aber Herr Sinn versucht da etwas ganz Perfides mit seinem Vergleich. Wenn man die berechtige Schelte an Managern mit dem Antisemitismus der Nationalsozialisten in den 30er Jahren gleichsetzt und dieser Antisemitismus und die folgende Schoa ja das verabscheuungswürdigste Verbrechen der jüngsten Menschheitsgeschichte war, dann will er nur, dass man an den ach so guten und menschfreundlichen Managern keine Kritik übt. Er sollte auch nicht vergessen, dass die Nationalsozialisten die Vernichtung der Juden schon vorher auf ihre Fahnen geschrieben hatten und damit nicht warten wollten, bis die Weltwirtschaft zusammenbricht.
Es bleibt nur zu hoffen, dass Herr Sinn nicht auch noch der Idee verfällt, sich ein T-Shirt mit gelben Davidstern und der Aufschrift "Manager" überstreifen zu müssen, so wie es unlängst einige "verfolgte" Raucher aus "Protest" getan haben. Anscheinend ist es zur Zeit wieder groß in "Mode", die Schoa für alle möglichen Vergleiche heranzuziehen und sie damit zu bagatellisieren.