DOK.FEST München ist Deutschlands größtes und weltweit anerkanntes Festival für den langen Kinodokumentarfilm, ein "Best-of"-Festival, das international herausragende Filme des vergangenen Jahres präsentiert. DOK.FEST bietet Aktualität mit ausgesuchten Filmen zu brisanten Themen, Tradition mit Meisterwerken der Dokumentarfilmgeschichte, den Dialog zwischen Publikum und Filmemachern...
In diesem Jahr sind zwischen 1. und 7. Mai unter anderem folgende Filme vertreten:
Kike Like Me
Jamie Kastner, Kanada 2007, DigiBeta, 83 Min., engl.OF
Jude sein. Was heißt das eigentlich? Und warum fragen immer alle danach? Regisseur Jamie Kastner macht sich auf eine höchst eigenwillige Reise zu Juden, Judenhassern und -freunden in aller Welt. Chassidim in Brooklyn verpassen ihm eine Schnell-Bar Mitzvah, Rechtsaußen Pat Buchanan wirft ihn raus, in einem Pariser Vorort provoziert er beinahe einen Aufstand. Amsterdamer Fußballfans sind mindestens so "jüdisch" wie deutsche Klezmer-Musiker. Und am Eingang von Auschwitz gibt’s einen Hot Dogs-Stand. Eine tragikomische und provokante Tour d’Horizon über Vorurteile, Fremdbilder und das eigene Ich.
1.5., 22.00 Uhr, Atelier / 3.5., 20.00 Uhr, ARRI
Mr. Rakowski
Jan Diederen, Niederlande 2007, DigiBeta, 77 Min., OmeU
Sam ist 91, hat Auschwitz überlebt und immigrierte mit seiner Frau Celia in die USA. Seit ihrem Tod lebt er verbittert in der Nähe seines Sohnes Ritchie. Der versucht, nach einer traumatischen Kindheit, das äußerst schwierige Verhältnis zu seinem Vater aufzuarbeiten. Verlustängste, Eifersucht, Liebesentzug, Schuldgefühle. Jan Diederens Kamera als Mittler, mit schwebender Aufmerksamkeit. Am Ende, überraschend, vollzieht sich ein Aufbruch: die Überwindung mancher Hemmnisse zwischen Vater und Sohn. Ein analytischer Film - unerwartet optimistisch.
4.5., 17.00 Uhr, Filmmuseum / 6.5., 19.00 Uhr, Vortragssaal der Stadtbibliothek am Gasteig
Un Pogrom en Buenos Aires (Buenos Aires' Pogrom)
Herman Szwarcbart, Argentinien 2007, DigiBeta, 70 Min., OmeU
1919, während der „semana tragica”, einem Arbeiteraufstand, fand in Buenos Aires das erste Pogrom Argentiniens statt. Nichts erinnert daran, nur ein paar wenige Texte, ein Lied, ein Stück Film und die vielen Gräber auf dem jüdischen Friedhof, die alle das selbe Sterbedatum tragen. Söhne wohlhabender Familien, „ein paar anständige Jungs, verließen ihre Häuser, um auf Itzigjagd zu gehen.“ Zelko, 95, war einst wie Tausende andrer Juden aus Polen nach Lateinamerika geflohen. Auch er wusste nichts von den Übergriffen im Stadtteil Once. Sein Enkel, Herman Szwarcbart, sucht nach Spuren der Wahrheit, die aus dem kollektivem Bewusstsein gestrichen scheint.
3.5., 17.00 Uhr, Vortragssaal der Stadtbibliothek am Gasteig / 7.5., 15.00 Uhr, Filmmuseum
Flip
Yoav Shamir, Israel 2007, DigiBeta, 83 Min., OmeU/OmdtU
Vor gigantischer Bergkulisse liegen sie in ihren Hängematten, rauchen riesige Joints oder werfen sich Pillen ein und tanzen nächtelang zu stampfendem Techno-Sound. Nach drei Jahren Militärdienst suchen junge Israelis in Indien vor allem Entspannung. Doch exzessiver Drogenkonsum und die Erinnerung an die oft nervenaufreibenden Einsätze in den besetzten Gebieten führen bei vielen von ihnen zu seelischen Krisen, Wahnvorstellungen oder schizophrenen Schüben. In therapeutischen Auffangzentren und religiösen Gesprächszirkeln sollen die "verlorenen Kinder" wieder geerdet werden. Der neue Film von Yoav Shamir (Checkpoint, 5 Days)!
3.5., 22.30 Uhr, ARRI / 6.5., 19.30 Uhr, Atelier
Sharon - A Journey from General to Statesman (Vom Militär zum Friedensstifter: Was bewog Hardliner Ariel Sharon dazu, 2003 eine ideologische Kehrtwende zu vollziehen? Ein Deutungsversuch)
Dror Moreh, Deutschland, Israel 2007, 90 Min., Original: Hebräisch, Englisch - Untertitel: Englisch
Ariel Sharon - ein Friedensstifter? Im Dezember 2003 kündigt der damalige israelische Ministerpräsident die Räumung von 21 jüdischen Siedlungen im Westjordanland und im Gazastreifen an. Zwei Jahre später setzt er seinen "Friedensplan" in die Tat um. Doch Sharons Sinneswandel und ideologische Kehrtwende geben bis heute Rätsel auf. Wer ist dieser Ariel Sharon? Was bewegte den Hardliner dazu, langjährige Überzeugungen in Frage zu stellen? Zäsuren, Krisen, Wendepunkte - Zeitgenossen wie Uri Avnery, Condoleezza Rice und Joschka Fischer erinnern sich. Versuch der Deutung eines Umdenkprozesses. Was wollte Sharon, der seit zwei Jahren im Koma liegt, noch erreichen?
1.5., 17.00 Uhr, Filmmuseum
Three Times Divorced
Ibtisam Mara'ana , Israel 2007 - Original: Hebräisch, Arabisch - Untertitel: Englisch
"Ich wünschte mir, ich könnte mit meinen Kindern weit, weit weg ein Zelt aufstellen." Khitam ist Palästinenserin, im Gaza-Streifen geboren und aufgewachsen. Ihr Bruder verheiratet sie an einen arabischen Israeli. Sie bekommt sechs Kinder, die sie über alles liebt. Doch ein Alptraum beginnt, als sie eines Tages feststellen muss, dass sich ihr Mann Makbul ohne ihr Wissen hat scheiden lassen. Das islamische Gericht spricht das Sorgerecht für die Kinder Makbul zu. Khitam steht von einem Tag auf den anderen allein auf der Straße: ohne Wohnung, ohne Einkommen, ja sogar ohne Staatsbürgerschaft. Für sie beginnt ein nahezu aussichtsloser Kampf: gegen die muslimische Rechtsprechung, gegen die israelischen Behörden und gegen ihren gewalttätigen Mann. Von der Kamera begleitet, fordert Khitam selbstbewusst ihr Recht als Mutter ein. Sie sucht ihre Kinder, erbittet Hilfe beim Staat und kehrt zu ihrem Mann zurück. Ein schwerer Fehler, den sie fast mit ihrem Leben bezahlt. Doch Khitam kämpft weiter - um ihre Kinder und ihre Würde.
1.5., 17.00 Uhr, Gasteig Vortragssaal, 4.5., 18.30 Uhr Atelier
Description Of A Memory - Thirteen memories following (Tza'ad Revi'i La'matbe'a, Israel 2006, Regie: Dan Geva, 80 Min.)
Israel reviewed. Memory in Spiegelschrift. Zeichentanz. Der Essayfilmer Chris Marker drehte 1960 "Description d'un Combat", eine kühne Montage von Alltagsbeobachtungen eines jungen Landes, das seine Zukunft noch vor sich hatte. Dan Geva filtert dieses Filmdokument fast ein halbes Jahrhundert später durch die israelische Realität. Dieses Land, so bemerkt er nach und nach, dreht sich seit 50 Jahren im Kreis. "Ein Land aus so vielen Träumen. So viele, dass keiner davon jemals in Erfüllung gehen wird." Doch wann wird die Zukunft die Gegenwart in Vergangenheit verwandeln? Die Hoffnung auf Frieden wich einer Bitterkeit, der Enthusiasmus der Aufbruchsjahre wich einer tief sitzenden Angst. Gevas Kamera bricht in mythenbesetzte Räume ein und rückt Menschen in den Fokus, die bereits Marker für seinen Film besuchte. Und er geht noch weiter: Denn wenn ein Palästinenser auf sein eigenes Feld uriniert, das ihm gerade weggenommen wird, dann steckt hinter dem archaischen Signal in Wahrheit die Verzweiflung ganzer Generationen von Arabern und Israelis. Ein entlarvendes Spiel der Bilder, Texte und Subtexte abseits vertrauter Ikonik. Grandiose Filmartistik! Preise: Grand Prix Caméra Stylo, RIDM Montréal, 2007
Samstag, 03.05.2008, 17:00, Filmmuseum
Montag, 05.05.2008, 20:00, Gasteig Vortragssaal
Salata Baladi (House Salad, Ägypten / CH / F, Regie: Nadia Kamel, 105 Min.)
Großmutter Naelas Sippschaft ist über den gesamten Mittelmeerraum verstreut. Ihre Geschichte klingt bizarr: in Kairo als Tochter eines Juden und einer italienischen Katholikin geboren und vor ihrer Hochzeit zum Islam konvertiert. Als sich Naela eines Tages endlich dazu durchringt, die seit sechzig Jahren getrennt von ihr lebende jüdische Verwandtschaft im Nachbarland zu besuchen, stößt sie innerhalb von Familie und Freundeskreis auf Unverständnis. Doch allen Debatten zum Trotz tritt die rüstige Großmama die Reise an. Mit dabei: ihre Tochter, die Regisseurin Nadia Kamel. "Nach und nach bemerkte ich, dass mein Film nicht allein die Suche nach unserer eigenen Familienvergangenheit aufzeichnet. Er dokumentiert vielmehr unsere Hilflosigkeit beim Versuch die Tabus der Gegenwart leichtfüßig zu überwinden." Aufspüren des Politischen im Privaten: Ein famos erzähltes Wiederentdecken des traditionellen orientalischen Miteinanders über alle Grenzen hinweg. Juden, Christen, Moslems in einer Großfamilie - ein schöner, kosmopolitischer Salat!
Website zum Film: http://salatabaladi.blogspot.com
Sonntag, 04.05.2008, 17:30, Gasteig Vortragssaal
Dienstag, 06.05.2008, 17:00, Atelier
Vollständiges Programm und Kartenvorverkauf:
www.dokfest-muenchen.de