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Gebt mir ein Gewehr! - Das israelische Verhältniss zur Armee
Israel und sein unsicherer Sicherheitszustand war vergleichbar mit einem Liebsten, den man gesund und munter aus der Ferne vergöttert und gerade dann persönlich kennenlernt, wenn es mit ihm bergab geht...
Ich war verwöhnt von der ahnungslosen Ruhe in Deutschland. Gewalt jedwelcher Art kannte ich – abgesehen von Schlägereierfahrungen in frühester Jugend - nur aus dem Fernsehen und unsere Soldaten bemerkte man erst dann, wenn man sich auf dem Bahnhof oder im Zug befand und sie lautstark über ihren Beruf fachsimpelten. Dann nämlich waren sie auf dem Weg nach hause oder in die Kaserne und traten aufgrund des angeordneten Wochenendes in verdichteter Form auf.
In Israel dagegen war ich schon bei meinem ersten Besuch wegen der Armeepräsenz auf den Straßen in Panik geraten und hatte mich gefragt, ob wohl gerade etwas hinter meinem Rücken passiert war, von dem ich nichts mitbekommen hatte. Doch wenn ich mich umdrehte, sah es auch hinter mir ruhig aber eindeutig genauso olivgrün und wüstenbraun aus.
Am nachhaltigsten beeindruckten mich die Soldatinnen. Das Gewehr über der einen Schulter und den Zopf über der anderen, fand man sie in konzentrierter Form vorwiegend auf den Busbahnhöfen, von wo sie für absehbare Zeit in irgendwelchen abgelegenen Garnissionen verschwanden. Schade eigentlich, denn in den bescheidenen Uniformen sah so manche verführerischer eingepackt aus, als halb ausgezogen.
Und wem die Allgegenwärtigkeit der Armee nicht genug war, konnte sich abends mit Knabbereien auf dem Sofa zusammengekuschelt, noch die Ergänzung zum Treiben der Soldaten in freier Natur anschauen: eine authentische Serie über das Leben hinter Garnissionszäunen.
Ich war ratlos. Abgesehen davon, dass eine Serie über den Kasernenalltag in Deutschland wohl die Einschaltquoten zu Nullen vor und nach dem Komma getrieben hätte, gab es nur Geheul oder verständnisloses Kopfschütteln, wenn einer sich gezwungen oder freiwillig zum Berufskriegertum meldete.
Hier dagegen gingen die Männer drei Jahre zur Armee, die Frauen zwei Jahre und sie hatten immer noch nicht genug von Panzeröl- und Pritschengemuffel. Aber wenn die Haupthelden nun mal so männlich-herb und fraulich-lieblich unter der Tarnschminke hervorlächelten, wurden alte Sentimentalitäten wach und so saßen ausgerechnet die, die am längsten in der Armee gewesen waren, auch am ausdauernsten vor der Glotze.
Richtig verstehen konnte man die Anhänglichkeit zum Waffenhandwerk wohl nur dann, wenn man die Geschichte zu Rate zog. Jahrtausendelang war den Juden die Wehrfähigkeit verboten gewesen. Ihre Sicherheit für Leib und Leben hing immer von den äußerst wandelbaren Launen der jeweiligen Herren ab und als man sie schließlich fürs Vaterland kämpfen ließ, hatte man, sobald der letzte Tote vom Schlachtfeld geräumt war, schon wieder vergessen, dass ein Jude sein Leben für die Heimat genauso endgültig hergab wie ein Christ. Im Staat Israel durften sich die Israelis nun endlich mit Waffen behängen und das taten sie fortan eifrig, stolz und vorbehaltlos.
Posted 08/01/07 by:
admin
Comments
Das Desinteresse der weiblichen Fernsehzuschauer an diesen Zahal-Nostalgie-Sendungen liegt teilweise bestimmt auch am streckenweise institutionalisierten Sexismus in der israelischen Armee.
Viele Grüße an die Jungen und Mädels von Zahal
Ein weiterer lesenswerter Artikel von Lisa Yehuda:
Mirjam Walter (Künstlerin)
"Die Themen kommen aus den Flecken zu mir"
http://www.israeli-art.com/...
Gerd.
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Viele Grüße an die Jungen und Mädels von Zahal