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Kinoführer: Welch ein wunderbarer Diktator

In einem Frankfurter Kino sah ich, wie Adolf Hitler wiedergeboren wurde, diesmal als Mensch, der Erbarmen und Sympathie erweckt. Dies passiert in einem Film des Regisseurs Dani Levy, den in den ersten Wochen nach seinem Start in Deutschland schon mehr als eine Million Menschen in die Kinos gebracht hat...

In der Literaturbeilage von haArez bespricht Sohar Shavit Dani Levys Film "Mein Führer" (gekürzt)

Obwohl er auch Kritik hervorruft, wird er von der deutschen Elite als völlig legitim akzeptiert. "Mein Führer" ist einer in der Reihe von Filmen, die in den letzen Jahren auf der Leinwand erschienen sind und die Geschichte der deutschen Vergangenheit aus einem Gesichtspunkt erzählen, der zwischen Nazis und Deutschen differenziert und die Ersteren in einem versöhnlichen Licht zeigt, die Letzteren als Opfer.

Dieser Prozess begann nicht erst in den letzten Jahren, nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung, sondern schon lange vorher, unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg. Die Geschichte vom Deutschen als Opfer begann sich schon in den ersten Tagen der Bundesrepublik herauszubilden, in dem ein Unterschied zwischen Deutschen, Nazis und Pseudo-Nazis hergestellt wurde, all jenen guten Deutschen, die nur wie Nazis aussahen, aber im Geheimen das Regime ablehnten. Es wurde eine Vergangenheit geschaffen, in der die Nazis die Kontrolle über die Deutschen übernahmen, gegen deren Willen. Die Deutschen waren Opfer der Nazis, vor allem Opfer Hitlers.

Der Film Levys fügt dieser Geschichte eine weitere, etwas extreme Ebene hinzu: Nachdem die Deutschen als Opfer Hitlers und der Nazis dargestellt wurden, nachdem in der letzten Zeit sogar die Nazis selbst als Opfer der Nazis dargestellt werden, ist nun, in "Mein Führer" Hitler selbst ein Opfer des Nazismus. Deshalb fasst dieser Film besser als seine Vorgänger die Geschichte zusammen, die sich die Deutschen selbst über das Dritte Reich und den Holocaust ausgedacht haben.

Der Film Levys stellt die Nazis in versöhnlicher Form da. Sie sind amüsante Menschen, auch nicht besonders bedrohlich. Der ganze Nazismus ist wie ein einziger Slapstick, eine Reihe komischer Missgeschicke, Dummheiten, die durchaus sympathisch wirken können. Levy ist nicht der erste, der die "komische" Seite des Nazismus zeigt. Roberto Benigni tat dies mit "La vita e bella" lange vor ihm. Bei Levy kontrolliert das Witzige jedoch den ganzen Film und lässt keinen Raum für irgendwelche andere Aspekte. Er redet dem Zuschauer ein, dass man jene Tage doch lieber mit einem gesunden Maß an Milde und sogar Humor betrachten sollte.

Im Gegensatz Chaplins Film "Der große Diktator", der mit einer scharfen Rede gegen Nazideutschland und für die Demokratie endet und dem Zuschauer dadurch signalisiert, dass der Nazismus kein Witz oder Spiel, sondern eine äußerst gefährliche Angelegenheit ist, predigt der Film Levys dem Zuschauer genau das Gegenteil.

Darin liegt sein großer Fehler. Er beinhaltet keine Aussage gegen den Nazismus und seine Schrecken, sondern vielmehr eine Bestätigung dafür, dass sich die Deutschen der Verantwortung für den Holocaust entziehen können.

Was mag wohl im Kopf Dani Levys vorgegangen sein, als er sich diesen Film ausdachte? Vielleicht wollte er ein weiteres Meisterwerk wie den "Großen Diktator" schaffen, oder vielleicht wollte er sein Werk nur ganz einfach der derzeitigen deutschen Strömung anpassen und ihr schmeicheln. Wie auch immer - es wäre besser gewesen, wenn dieser Film nicht erschienen wäre.

Auf eine Frage von "Newsweek" im Zusammenhang mit seiner berühmten Rede in der Paulskirche, antwortete der Schriftsteller Martin Walser, man könne den Deutschen nicht vorschreiben, wie sie sich mit der Schande ihres Landes auseinandersetzen. "Mein Führer" ist ein Warnsignal und der Beweis dafür, dass die Opfer der Deutschen nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht haben, sich in die Art, wie die Deutschen sich selbst ihre Vergangenheit erzählen, einzumischen.
Wenn sie das nicht tun, dann könnte diese schreckliche Vergangenheit in den Tiefen des Vergessens verschwinden, so als habe es sie nie gegeben.

Category: Kultur
Posted 02/27/07 by: admin

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