Der orthodoxe Rabbiner von Berlin, Jehuda Teichtal, ist erst 34 Jahre alt, aber in den 11 Jahren, die er in Berlin tätig ist, ist es ihm gelungen, eine neue, religiöse Gemeinde aufzubauen. Vorgestern konnte er einen historischen Erfolg verzeichnen: Die erste neue Synagoge seit dem Holocaust wurde in Berlin eröffnet. Bis vorgestern befanden sich alle Synagogen in alten Gebäuden, die restauriert oder neu errichtet wurden. Aber nicht nur deshalb ist das neue Chabad-Zentrum in Wilmersdorf im Westen Berlins einzigartig...
Von Anshel Pfeffer, Haaretz v. 04.09.2007
Das war schon die zweite Synagogeneröffnung in der Woche jüdischen Kulturwoche, die derzeit in Berlin stattfindet. Am Freitag wurde die Synagoge in der Rykestraße in Ostberlin wieder eröffnet. Aber während es sich dort um eine alte Einrichtung handelte, der sicherlich ein schwerer Kampf um Gottesdienstbesucher bevorsteht, ist es im neuen Chabad-Zentrum an Samstagen schon jetzt ziemlich eng. Ca. 250 jüdische Gläubige kommen zum Schabbat-Gebet. „Und keiner kommt mit dem Auto“, sagt zufrieden einer der Chabad-Leute.
Auch die Eröffnungszeremonie des Chabad-Zentrums war weitaus jüdischer als die Einweihung der Synagoge. Obwohl auch hier hohe deutsche Vertreter anwesend waren, allen voran Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, trat an der Stelle eines Chores und einer Orgel der Superstar des chassidischen Gesangs auf, Avraham Fried.
Was die beiden Synagogen gemeinsam haben, ist das Publikum, das sie gerne anziehen würden. Bei beiden Veranstaltungen wurde vor allem Russisch gesprochen. Die Einwanderer aus der ehemaligen UdSSR machen heute ca. 80% der jüdischen Gemeinde aus. „Es ist heute klar, dass das alte deutsche Judentum nicht wieder hergestellt werden kann“, sagte ein hoher deutscher Regierungsbeamter. „Auch wir wissen, dass die Russen die Zukunft des deutschen Judentums sind“. Aus diesem Grund schloss der Geschäftsmann und Gemeindefunktionär Sascha Pedrowsky die Eröffnungszeremonie des Chabad-Zentrums in Russisch ab. Der Sohn des Milliardärs Arkady Gaydamak, ein Berliner Geschäftsmann, war bei der Veranstaltung ebenfalls anwesend.
Anders als die meisten deutschen Gemeinden, die danach streben, auf deutschem Boden zu bleiben, hat die Chabad-Gemeinde starke Bindungen zu Israel. Die Besucher sehen schon am Eingang eine große Wand aus Jerusalemstein, der eigens von Israel nach Berlin gebracht wurde und an die Klagemauer erinnert. „Die Klagemauer ist für jeden Juden der Ort, mit dem er sich identifiziert“, sagt Rabbiner Teichtal, der in der Chabad-Hochburg Crown Hights in New York geboren ist, jedoch in Israel studierte.
„Was wir hier gebaut haben, soll die Klagemauer natürlich nicht ersetzen, sondern die hiesige Juden inspirieren und helfen, sich mit dem Judentum zu verbinden. Deshalb haben wir gerade dann, als der deutsche Außenminister und 30 ausländische Botschafter bei uns zu Gast waren, Lieder über Jerusalem gesungen.“
Einer der Ehrengäste bei der Veranstaltung, der ehemalige Oberrabbiner Israels Meir Lau, eröffnete seine Rede mit der Beschreibung seines ersten Besuchs auf deutschem Boden, als siebenjähriger Häftling in einem Konzentrationslager. Zu dem neuen Zentrum sagte er: „Heute kann man sagen, dass der Gedanke der Endlösung endgültig zusammengebrochen ist.“ Er wies auf die Verpflichtung Steinmeiers hin, den Antisemitismus zu bekämpfen und sagte, die Aufgabe Teichtals sei es, „die zweite Gefahr zu bekämpfen, die dem jüdischen Volk droht- Assimilation.“
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv
Fotostrecke:
Einweihung der Chabad Synagoge Münstersche Straße
Vom Umspannwerk zur Synagoge:
Jüdisches Familien- und Kulturzentrum und Synagoge Münstersche Straße
Am 2. September 2007 um 12:00 Uhr wird in der Münsterschen Straße 6, 10709 Berlin, das Jüdische Familien- und Kulturzentrum mit Synagoge eingeweiht. Das architektonisch Hervorstechende daran ist, dass es sich um den Umbau eines ehemaligen Umspannwerks handelt...