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Schwejk und die Wiener Antiimperialisten ab sechs im Wirtshaus

Ich war 14 Jahre jung, als ich das erste Mal in der Bibliothek meines Onkels 'Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk' las, seither habe ich das Buch oft gelesen und immer wieder entdecke ich wie genial der tschechische Schriftsteller Jaroslav Hasek war, der in diesem Werk seine eigenen Erfahrungen als österreichischer Soldat im Ersten Weltkrieg und später als Kriegsgefangener in Russland aufarbeitete...

Von Karl Pfeifer

Schwejk – der sich immer wieder blöd stellt – gelingt es alle zu düpieren. Nicht so der verkannte Autor Hasek. Als er Anfang 1923 starb, war sein ganzes Vermögen: ein Anzug, ein Wintermantel und vier Hemden. Bei der Beurteilung der geschäftlichen Perspektiven für den Herausgeber der Abenteuer des braven Soldaten Schwejk kam Haseks Verleger mit seinem Anwalt zu dem Ergebnis: "Mit dem Tode des Autors schwindet das Interesse der Leser... Einer neuen Generation wird nach zehn Jahren der Inhalt des Werkes unverständlich sein, und es ist kaum anzunehmen, dass sich dafür noch Leser finden."

Doch insbesondere nach der Übersetzung ins Deutsche 1926 fanden und finden sich Leser und Schwejk ist heute eine der bekanntesten Gestalten der Weltliteratur. Sein Spruch "Nach dem Krieg ab sechs...." wird immer wieder zitiert und drückt die unerschütterliche Überlegenheit eines vom Amt als Idioten deklarierten Schlaumeiers über die grausame Sinnlosigkeit eines von Österreich erklärten Krieges aus.

Während Schwejk amüsant und lehrreich ist, sind das die Wiener Antiimperialisten und ihre Freunde nicht. Doch als echte Wirtshausrevolutionäre sind sie schon auf alle Fälle vorbereitet. Dank Chavez und Mahmud Ahmadinejad wissen sie, was kommt und bereiten sich darauf vor. Ihre Manifeste und Erklärungen sind im entsprechenden manischen und manichäischen Stil abgefasst, auf der einen Seite die guten Völker auf der anderen die bösen Imperialisten, die sich revolutionär gebende Volksgemeinschaftsideologie. Daher schaue ich mir auch immer wieder ihre Website an.

Mir wurde schon bange, als ich auf der Website der Wiener Antiimps (AIK) wochenlang keine neue Eintragung in deutscher Sprache fand. Was war nur passiert, hatten sie sich den Kämpfern der Fatah al Islam im Norden Libanons angeschlossen oder ihren Kameraden von der Hamas, um ihre Parole "Zerschlagt den Zionismus – für die vollständige Befreiung Palästinas!" zu verwirklichen, waren sie vielleicht gerade auf dem Weg, um ihre Freunde, beim irakischen Widerstand zu bestärken, nicht aufzuhören und vor allem die irakische Zivilbevölkerung zu treffen, um ihr großes Leid zu verursachen? Doch heute fand ich die Nachricht, die AIK in Wien kämpft weiter – wo immer im Nahen Osten oder Südamerika ihre Anführer auch unterwegs sind – tapfer für die Weltrevolution und gegen den Imperialismus. AIK & Co haben auch ein Mittel gefunden, wie sie die Kräfte des Bösen schwächen könnten. Sie – die wahrlich keine Pazifisten sind – kämpfen wieder mal für den Frieden. To fight for peace is like to f... for virginity.

Schwejk machte sich hingegen über Phrasen und Befehle lustig, in dem er sie scheinbar oder tatsächlich ernst und wörtlich nahm und bis ins Detail befolgte und so gab der tschechische Pazifist vor 93 Jahren an, ein guter Österreicher und damit für der Krieg zu sein.

Die österreichischen Antiimperialisten unterstellen auf jeden Fall der "USA und/oder ihrer Verbündeten" einen Krieg führen zu wollen und sagen einen voraus:
"Angesichts eines möglichen Militärschlags der USA und/oder ihrer Verbündeten gegen den Iran erklären die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen ihre uneingeschränkte Ablehnung eines solchen Angriffs. Ebenso lehnen wir wirtschaftliche Sanktionen gegen den Iran ab. Ein Krieg dient nur den Interessen der kapitalistischen Großmächte. Die direkten und indirekten Folgen eines solchen Krieges würden vor allem die iranische Zivilbevölkerung treffen und großes Leid verursachen."

Schwejk hat auch den Krieg vorausgesagt:
"Nachdem er [Schwejk] gegangen war, kam das Kollegium der drei [Ärzte] überein, daß Schwejk ein notorischer Blödian und Idiot nach allen von den psychiatrischen Wissenschaften erfundenen Naturgesetzen sei."...
'Das ist das Manifest Seiner Majestät des Kaisers über die Kriegserklärung' sagte der Schutzmann zu Schwejk. 'Ich habs vorausgesagt', sagte Schwejk, 'aber im Irrenhaus wissen sie noch nichts davon, obzwar sies aus erster hand haben sollten'

Schwejk sagte dann seinen Kumpanen: "Nach dem Krieg ab sechs im Kelch"

Die Antiimps haben es von Schwejk – dessen Intelligenzniveau sie aber nie und nimmer erreichen – gelernt:
"Deswegen rufen die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen für den Fall eines Angriffs auf den Iran zu einer spontanen Protestdemonstration am Tag des Angriffs (dem Tag X) um 16.00 am Stephansplatz auf. Darüberhinaus werden die Organisationen einen Schulstreik am Tag X organisieren bzw. unterstützen. Ebenso soll am nächsten Samstag nach dem Beginn des Krieges eine Großdemonstration stattfinden.
Unterzeichnet ist dieser Aufruf, sich doch am Tag X um 16 Uhr zu treffen von: Antiimperialistische Koordination, ArbeiterInnenstandpunkt, Föderation der ArbeiterInnen und Jugend aus der Türkei in Österreich (ATIGF), Europabüro des Weltgewerkschaftsbundes, Der Funke, Front für Rechte und Freiheiten (HÖC), Hermann Dworczak, Kommunistische Initiative, Kommunistische Jugend Österreich, Kommunistische Aktion - marxistisch-leninistisch, Leo Gabriel, REVOLUTION, Neue demokratische Jugend (YDG)"

Also nach dem Krieg ab 4 zum Stephansplatz und ab sechs im Wirtshaus zu einem Krügel Bier.

Schwejk und die Antiimperialisten, einen größeren Gegensatz kann man sich kaum vorstellen, Schwejk brüstet sich damit einen Krieg vorausgesagt zu haben, der schon im Gange war, während die Antimps einen Krieg voraussagen, der durch die Einhaltung der von den Vereinten Nationen beschlossenen Sanktionen nicht kommen muss, auf der einen Seite ein urwüchsiger tschechischer Hundefänger, der noch immer für Heiterkeit sorgt, auf der anderen Seite leerer nationalbolschewistischer Pathos mit lügenhaften Losungen. Auf der einen Seite der gutmütige Mensch Schwejk, auf der anderen Seite Antiimps, die solidarisch sind mit der „islamischen Revolution“, die sich durch messianische Besessenheit die Welt islamisch zu machen und dazu die Atomwaffe zu entwickeln, auszeichnet. Und nicht zu vergessen die Äußerungen des Präsidenten der Islamischen Republik Iran Mahmud Ahmadinejad über Israel, die Juden und die Zionisten, die im Dezember 2005 in der Behauptung gipfelten, der (z.T. industrielle) Massenmord an den Juden, die Schoa sei ein Mythos. Zuvor forderte er die Vernichtung des jüdischen Staates. Wortwörtlich sprach er vom "Mythos vom Massaker an den Juden" und fügte – laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 15. Dezember 2005 (Titelseite) hinzu, dass diese "von den westlichen Staaten erfunden worden sei."

Bei all ihrer verbalen Akrobatik, mit der sie sich von solchen Aussprüchen distanzieren, ist es gerade diese inhumane Seite des Ayatollaregimes, das auch vermutliche oder wirkliche EhebrecherInnen und Homosexuelle öffentlich steinigen lässt, was antiimperialistische Herzen höher schlagen lässt. Und so werden diese österreichischen Wirtshaustischrevolutionäre sich weiterhin für solche 'Revolutionen' begeistern und wahrscheinlich werden sie, wie sie immer wieder postulieren, noch ein paar Jahrzehnte brauchen, um endlich die wirklich revolutionäre Partei im – von der Stadt Wien subventionierten – Amerling(wirts)haus, zu gründen.

In der Zwischenzeit empfehle ich allen Lesern die höchst vergnügliche Lektüre der Abenteuer des braven Soldaten Schwejk.

Category: Österrreich
Posted 05/27/07 by: admin

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