-- Schwerpunkt: Europa und die Welt
Judentum und Israel
haGalil onLine - http://www.hagalil.com

haGalil online

Der schiefe Vergleich eines Freidenkers

Wenn jemand unter dem Namen Wolfgang Schüssel oder Alfred Gusenbauer seine krause Meinung in einem Internetforum äußert, dann kann man sicher sein, dass die beiden das nicht waren. So nahm ich auch an, dass Anton Szanya, der im Standard Diskussionsforum die Frage stellte, Israel führt gegen die eingeborenen Palästinenser in der gleichen Art Krieg wie die USA gegen die eingeborenen Indianer. Vielleicht haben diese beiden Staaten deswegen ein so gutes Verhältnis zueinander? [1] nicht identisch ist mit dem Volksbildner und Aktivisten des Freidenkerbundes Dr. Anton Szanya...

Von Karl Pfeifer

Zumal dies ausgerechnet am 20. April 2002, (Führers Geburtstag) publiziert wurde und oft genug ähnliches vom rechten Rand kommt. So hatte der Rechtsextremist Hans Jakob Rosenkranz bereits ein Jahr zuvor in seiner Zeitschrift „fakten“ eine Grafik mit einem Indianer publiziert, da heißt es "Die Indianer konnten die Einwanderer nicht stoppen ..... Heute leben sie in Reservaten!"

Als ich diese Tage die Kopie eines Artikels von Anton Szanya aus der Freidenkerzeitschrift "Freidenker" zugesandt erhielt, musste ich einsehen, dass ich mich gründlich geirrt habe. In seiner Polemik gegen andere Atheisten behauptet Anton Szanya, diese „verteidigen heute in bemerkenswerter Blindheit die Politik Israels, die jener ähnelt, die die frühen Vereinigten Staaten gegenüber den Indianern angewandt haben.“

Welchen Stellenwert hat dieser Vorwurf in einem Nachfolgeland des „Dritten Reichs“? Andrei S. Markovits meint dazu: „Indem man den Spieß umdreht und seinerseits die Amerikaner des Genozids bezichtigt, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Auf eine Ebene mit den Nazis gestellt, wird den Amerikanern die moralische Berechtigung zur Kritik entzogen, worauf sich die Hoffnung gründet, von diesen als besonders vorlaut und lästig empfundenen Beckmessern endlich in Ruhe gelassen zu werden.“ [2] Doch noch schärfer ist natürlich die Opfer-Täter Umkehr, die Anton Szanya bereits 2002 im Standard anlässlich der Kämpfe um die terroristische Hochburg Jenin bei denen 23 israelische Soldaten und ca. 50 zumeist bewaffnete Palästinenser getötet wurden, getätigt hat.

Tatsache ist, dass zuvor palästinensische Terroristen in Netanja mehrere Dutzend betende Juden ermordet hatten. Darauf folgte die israelische Militäraktion in Jenin, von wo die Terroristen kamen. Zu implizieren, Israel begehe einen Völkermord an den Palästinensern ist ein starkes Stück wenn man bedenkt, dass in den PA-Gebieten die Bevölkerung mit am stärksten weltweit wächst.

Seine Stellungnahme zum Begriff Islamofaschismus oder islamischer Faschismus ist auch selbstentlarvend. Natürlich kann man nicht behaupten, der heutige Islamismus wäre eine eins zu eins Kopie des historischen Faschismus. Aber die Parallelen und Ähnlichkeiten sind verblüffend. Auch wenn Szanya vom Gegenteil überzeugt ist: „Es ist auch ein Zeichen von unzureichendem historischen und politischen Wissen und von verstandesmäßiger Unzulänglichkeit, wenn von einem islamischen Faschismus geredet wird. Dem Islamismus fehlen wesentliche Merkmale einer faschistischen Bewegung: er kennt keinen integralen Nationalismus, keine Ideologie einer Herrenrasse, keine Bürokratie, keinen sozialen Korporatismus und auch keinen Körperkult.“

Ich weiß nicht von wo er seine Informationen bezieht, Islamismus muss tatsächlich nicht immer mit „integralen Nationalismus“ zusammengehen, aber gerade im Fall von Hamas und HizbAllah wird dieses Zusammengehen, von allen Beobachtern dieser Organisationen bestätigt. Hamas setzte sich zum Ziel die Errichtung eines islamischen Staates auf dem Gesamtgebiet von „Palästina“, d.h. die Beseitigung von Israel. HizbAllah vereint Islamismus und libanesischen Nationalismus. Beide Bewegungen haben auch christliche Araber als Anhänger oder sogar als Würdenträger.

Hamas bekennt sich als universalistisch, d.h. sie beansprucht, dass ihr Djihad von den Muslimen in allen Teile der Welt zu unterstützen sei. Dementsprechend wird nicht allein Israel als Gegner ausgemacht, sondern der „Welt-Zionismus“, die Hamas, heißt es in der Charta, sei „die Speerspitze und die Avantgarde“ im Kampf gegen den „Weltzionismus“. Wenn der Islam erst einmal an Stärke gewonnen habe, heißt es in Artikel 17, „wird er diese [zionistischen] Organisationen, die die Feinde der Menschheit und des Islam sind, ausrotten.“ Hamas werde, so Artikel 6 ihrer Charta „das Banner Allahs über jeden Zentimeter Palästinas hissen.... Für das palästinensische Problem gibt es keine Lösung außer dem Heiligen Krieg. Initiative, Resolutionen und internationale Konferenzen sind reine Zeitverschwendung.“

Gewaltverherrlichung charakterisierte auch den historischen Faschismus. Hamas ist die palästinensische Filiale der in Ägypten gegründeten Organisation der Muslimbrüder, die das Lob der Nation verkünden, die wisse „wie man edel stirbt“. Im Unterschied zu ihnen, die die Kunst des Sterbens beherrschten, bestehe die Schwäche „der Juden“ gerade darin, dass sie „das Leben mehr als irgendwelche anderen Leute lieben und es vorziehen, nicht zu sterben“, erklärte anlässlich des oben erwähnten Ostermassakers 2002 der damalige Hamassprecher und heutige Ministerpräsident der PA Ismail Haniya gegenüber der Washington Post. Vgl. Thomas Friedman, Suicidal Lies, in New York Times (NYT) 31. März 2002. Auch die Faschisten hatten einen Todeskult, man erinnere sich nur an den Slogan spanischer Faschisten „viva il muerte“.

Die Bürokratie in den arabischen Staaten ist sprichwörtlich und im Iran, wo eine islamistische Revolution stattfand, wird diese auch beklagt. Beide Bewegungen postulieren geradezu sozialen Korporatismus und lehnen den Klassenkampf und den Kommunismus als jüdische Erfindung radikal ab, Was den Körperkult anlangt schaue man sich ihre Aufmärsche mit Stechschritt einmal an. Ähnlich den Faschisten werden schon Kleinkinder mobilisiert (siehe Bild 1) und die HizbAllah Kämpfer leisten schon mal ihren Schwur mit dem Hitlergruß. (siehe Bild 2)

Islamismus ist nicht erst in seinen terroristischen Handlungsformen eine Bedrohung, und zwar nicht nur Israels. Bereits als politische Ideologie enthält er eine Kampfansage an universelle Menschenrechte, für die ja auch Dr. Szanya meint einzutreten. Der Druck islamistischer Kreise in Europa auf kritische Medien und Wissenschaftler führt zu einer „schleichender Auszehrung der Neugier“ und ist „eine Gefahr für die Pressefreiheit“. [3]

Neben diesem Druck merken wir auch einen Kulturrelativismus, der in Medien, Politik und Gesellschaft zu finden ist. Grundrechte, wie das Recht auf freie und auch kritische oder satirische Meinungsäußerung, das Recht auf Unversehrtheit und Schutz vor Diskriminierungen, das Recht auf Selbstbestimmung und religiöse Pluralität, sowie die positive aber auch negative Religionsfreiheit, sind zwar universal und gelten per Gesetz für jeden Bürger in den Ländern der EU. In der Umsetzung und Einforderung dieser Recht wird aber nicht selten vor dem Hintergrund eines positivistischen Verständnisses der eigene Maßstab einer vermeintlichen „Kultur“ untergeordnet. „Die Bereitschaft zur Selbstpreisgabe“, wie es die Marburger Islamwissenschaftlerin Ursula Spuler-Stegemann formuliert, „ist im Umgang und der Konfrontation mit Organisationen und Akteuren des politischen Islam zudem oft gekoppelt an Blauäugigkeit, Ahnungslosigkeit und Ignoranz“.

Ludwig Feuerbach meinte: „Niemand urteilt schärfer als der Ungebildete. Er kennt weder Gründe noch Gegengründe und glaubt sich immer im Recht.“ Problem ist, wenn auch Gebildete wie Dr. Anton Szanya manches Wirtshausgeschwätz – wie das über die Amerikaner, die uns nichts vorhalten dürfen, weil doch ihre Ahnen die Indianer ausgerottet haben, wenn auch in einer etwas gemäßigteren Form wiederholt und noch mittels Täter-Opfer Umkehr verschärft.

Anmerkungen
1) www.derstandard.at
2) Andrei S. Markovits Amerika, dich haßt sich’s besser / Antiamerikanismus und Antisemitismus in Europa, konkret Verlag, 2004, Seite 81. Dieses Buch kam soeben in Englisch in einer Neuauflage heraus.
3) Heribert Seifert „Schleichende Auszehrung der Neugier – Deutsche Medien und der radikale Islamismus“ NZZ 16.5.03

Category: Österrreich
Posted 01/20/07 by: admin

Comments

no comments yet


Add Comments








- - -