Mit seinem Urteil vom 14. Mai 2007 hat das OLG München David Goldner vom Vorwurf der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§86a StGB) freigesprochen...
Kommentar von David Goldner
Das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen hatte mich am 10.1.07 zu 60 Tagessätzen verurteilt, weil ich auf einer Demonstration im oberbayerischen Mittenwald im Mai 2006 Flyer verteilte bzw. verteilen wollte, auf denen das Cover des Buches "Feindaufklärung und Reeducation. Kritische Geschichte gegen Postnazismus und Islamismus, Freiburg, 2006" von Stephan Grigat (Hg.) abgebildet war, welches Islamisten zeigt, die den rechten Arm zum sog. Hitlergruß strecken. (Der Flyer bewarb ein Vortragsveranstaltung über das Buch mit Stepahn Grigat)
Ich bin nun doch noch mal sehr erleichtert das Urteil jetzt schwarz auf weiss vor mir zu haben, und zu wissen das dieses Verfahren erstmal ausgestanden ist, auch wenn ich seit dem BGH-Urteil vom 8. März sehr fest von einem Freispuch auging. Nachdem ich Ende April erfuhr, dass die Generalstaatsanwaltschaft München selbst einen Freispruch forderte, rechnete ich zu 99% mit einem Freispruch. ( Ich wusste aber, dass es auch schon Fälle gegeben hatte, in dem das Gericht trotzdem Angeklagte verurteilte.) Krass und bezeichnend ist, ausgerechnet heute zu Erfahren, dass das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen Teile der Protestveranstaltungen gegen das Brendten-Treffen verboten hat. (Vgl PE des Simon-Wiesental-Centers vom 24.5. auf
http://mittenwald.blogsport.de/)
Die große Unterstützung v.a. aus Teilen des Antifa-Spektrum hat mir großen Mut gemacht, das Verfahren durchzustehen und war ungemein wichtig. Ich möchte mich nochmal bei allen Leuten bedanken, die mir mails geschrieben haben, Geld gesammelt haben, und dazu beigetragen haben, dieses Verfahren publik gemacht haben.
Auszüge aus dem Urteil des 5. Stafsenats des OLG Münchenvom 14. Mai 2007:
Aktenzeichen: 5St RR 066/07
"Der 5. Stafsenat des Oberlandesgerichts München hat (...) in dem Stafverfahren gegen Goldner David wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen am 14. Mai 2007 beschlossen: I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 10. Januar 2007 aufgehoben. II. Der Angeklagte wird freigesprochen.
(...)
Gründe:
Die zulässige Srungrevision des Angeklagten (§ 335 StPO) hat auch inder Sache Erfolg. I . [hier folgt die Argumetain des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen] II. Die Revision ist begründet. Die Urteilsfeststellungten tragen den Schuldspruch nicht. Das angefochtene Urteil war daher gemäß § 353 Abs. 1StPO aufzuheben. Da ausgeschlossen werden kann, dass in einer erneuten Verhandlung neue bzw. ergänzende tatsächliche Feststellungen getroffen werden können und der beanstandete Flyer in den Feststellungen des Urteils abgedruckt ist, ist der Senat in der Lage, in der Sache selbst zu entscheiden (§ 354 Abs. 1StPO.) Der Angeklagte ist freizusprechen.
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist der Tatbestand des §86a Abs. 1 StGB - unbeschadet der Regelung des §86a Abs.3 StBG - auf solche Handlungen zu begrenzen, welche nach den Umständen des Einzelfalles geeignet sind, bei objektiven Beobachtern den Eindruck einer Identifikation des Handelnden mit den Zielen der verbotenen Organisation zu erwecken. Schutzzweck der Norm ist die abstrakte Gefahr einer inhaltlichen Identifizierung mit dem Bedeutungsgehalt symbolträchtiger Kennzeichen, deren Verbreitung oder Verwendung den Anschein erwecken können, verfassungswidrige Organisationen könnten trotz ihres Verbots ungehindert ihre Wiederbelebung betreiben (BGHSt 25, 30, 32 f.; BayObLG NStZ 2003, 89, 90; Trönle/ Fischer StGB 54. Aufl. §86a Rn. 2). Handlungen, die diesem Schutzzweck der Norm erkennbar nicht zuwiderlaufen sind tatbestandslos (BGHSt 25, 30, 32 f.; 25, 133, 136 f.; Tröndle/ Fischer STGB 54. Aufl. § 86a Rn. 18).
So liegt der Fall hier. Der Inhalt der Flyer, die der Angeklagte in Besitz hatte, setzt sich offenkundig kritisch mit gewaltlverherrlichenden Ideologien auseinander. Dies wird ohne weiteres bereits deutlich aus dem Untertitel "Kritische Theorie gegen Postnazismus und Islamismus" des Buches, das in dem Flyer vorgestellt wird. Der Flyer sollte nach den Urteilsfeststellungen von dem Angeklagten auf verschiedenen Veranstaltungen linksextremer Gruppen gegen die Brentenfeier in Mittenwald verteilt werden. Damit ergibt auch der Kontext der Verwendung, dass eine Wirkung auf Dritte in einer dem Symbolgehalt des Hitler-Grußes entsprechenden Richtung ausscheidet.
Das Urtei des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen war daher in Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München vom 10.4.2007 aufzuheben und der Angeklagte freizusprechen.
(...) "
Es läuft noch ein anderes Strafverfahren,
http://lizaswelt.blogspot.com/2007/02/fiat-iustitia.html
Deutsche Absurditäten:
Die Aktualität der Kritischen Theorie
Der Sammelband "Feindaufklärung und Reeducation – Kritische Theorie gegen Postnazismus und Islamismus" thematisiert die Notwendigkeit von Gesellschaftskritik im Zeitalter des "Suicide Bombings" und provoziert die deutsche Justiz...