Heute spielen wir mal ein Ratespiel. Ein Mitarbeiter einer israelischen Druckerei in Jerusalem fragte kürzlich unverbindlich bei einem deutschen Verlag wegen Zusammenarbeit an und erhielt folgende Antwort...
Von Ramona Ambs
> > " Lieber Herr XXX,
> > wir wünschen keinerlei Kontakte zu israelischen
> Firmen schon gar nicht
> > aus dem von Israel annektierten Jerusalem.
> Hochachtungsvoll, XXX
Welcher Verlag mag hinter dieser Antwort stecken? Auf jeden Fall einer, der Juden nicht mag, oder? Obwohl, heutzutage unterscheidet man im akademischen Milieu ja fürsorglich zwischen Antijudaisten, Antisemiten und Antizionisten. Vor allem Letztere sind im allgemeinen nicht unbeliebt. Haben sie doch die gesellschaftlich legitimste Form gefunden, Juden echt doof zu finden. Vor allem die Juden, die in Israel leben, oder gar den jüdischen Staat unterstützen. Die heißen dann Israelis oder Zionisten.
In dieser Ablehnung des Zionismus treffen sich oft linke und rechte politische Kreise zu einem ungewöhnlichen Schulterschluss. Zu entdecken ist dies auch in der deutschen Verlagslandschaft. Bücher über Zionismus sind absolute Topseller für Verlage des extremen linken und rechten politischen Spektrums. Der Hass auf Juden, der hier allgemein als "Kritik an den Zionisten" firmiert verbindet die beiden Lager. Die Slogans mit denen die Bücher beworben werden unterscheiden sich denn auch kaum.
Oder wo würden Sie folgenden Werbetext eher verorten - in einem linken oder einem rechten Buchverlag?
"Erstmalig wird (...) das ebenso vielfältige wie radikale Wesen des Zionismus an vielen überzeugenden Beispielen offenbar. ..Keineswegs identifiziert sich ›das Judentum‹ der Welt mit dem Zionismus oder steht gar geschlossen hinter dem zionistischen Staat Israel. Tatsächlich gehören gerade Juden zu den schärfsten Gegnern der zionistischen Idee und der israelischen Politik. Viele Israelis wenden sich angesichts der herrschenden undemokratischen Verhältnisse im zionistischen Staat Israel enttäuscht oder sogar angewidert ab. .. Hinzu kommt, daß der Autor viele angesehene Persönlichkeiten jeglicher politischer Ansicht in Zitaten zu Wort kommen läßt, darunter führende jüdische Politiker, Rabbiner und Publizisten, die ihm Rede und Antwort nicht schuldig geblieben sind."
Na? Oder hier:
"Einen weiteren Schwerpunkt bilden die seit Jahrzehnten von Israelis begangenen und bis heute ungesühnten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Machtfaktor Zionismus ist viel mehr als nur eine Chronologie militärischer Gesichtspunkte oder eine Schilderung der unmenschlichen Lebensumstände, unter denen Palästinenser in Israel und in den von den Israelis besetzten Gebieten leben.."
Beide Texte entstammen dem rechtsextremen Grabert-Verlag. "Machtfaktor Zionismus"-Israels aggressive Außenpolitik von Claus Nordbruch heißt das Machwerk.
Und wie sieht es mit folgendem, effektheischenden Text aus?
"Mit der Gründungslegende des Staates Israel von 1948 wurden nahezu alle Hinweise auf die vorangegangene Verstrickung zionistischer Kreise in die Kollaboration mit den europäischen Faschisten getilgt bzw. im Nachhinein als unbedingt notwendig zur Rettung der Juden gerechtfertigt. Israel sollte zukünftig ein Heimplatz aller Juden, insbesondere der von den faschistischen Mächten verfolgten sein. Ist es vor diesem Hintergrund vorstellbar, dass jüdische Organisationen nicht nur lukrative Geschäfte mit den Mördern des eigenen Volkes machten, sondern diese auch aktiv und passiv unterstützten?... Ist es vorstellbar, dass sowohl die Machtergreifung Hitlers als auch die Nürnberger Rassegesetze in jüdischen Medien begrüßt wurden? Ist es vorstellbar, dass der herrschende Antisemitismus missbraucht wurde, um genügend Wehrsiedler für Palästina zu rekrutieren?"
Na? Was ist es diesmal? Links?
Richtig geraten! Zumindest stammt dieser Textausschnitt aus dem "linkshumanistischen" Kai Homilius Verlag. "Zionismus und Faschismus" heißt der so beworbene Verkaufsschlager von Lenni Brenner, der suggeriert, es habe eine gewinnbringende faschistisch-zionistische Zusammenarbeit gegeben. Wen also wunderts, dass diese Veröffentlichung in diversen rechten Medien positiv aufgenommen wurde?
Den Homilius-verlag scheint dies indessen nicht zu stören. Wer Autoren wie Ted Hondrich oder Jan von Flocken publiziert, wer Bücher mit Titeln wie "Vom angeblichen Antisemitismus der DDR" oder "Bankiers, Nazis, Zionisten - Geheime Reichssache" herausgibt, der stört sich nicht am Applaus aus der rechten Ecke. Dem Applaus könnten schließlich Kunden folgen. Also schaltete der Kai Homilius Verlag dann auch vergangenen Herbst eine Werbeanzeige in der
Jungen Freiheit.
Dummerweise hatte das einige eigene Autoren verärgert, die doch dachten, sie seien in einem linken Verlag beheimatet. Nach öffentlichem Druck distanzierte sich der Verlagsinhaber Kai Homilius mit folgendem -beinah humoristischen- Text:
"Der Verlag hat am vergangenen Donnerstag, 15.11.2007, in der "jungen Freiheit" eine Anzeige für zwei seiner Bücher, "Berlin im Kalten Krieg" und "Der Drahtzieher – Vernon Walters" geschaltet. Meine Überzeugung verpflichtet mich, mich für diese unbedachte Fehlentscheidung bei den Autoren, Freunden und Lesern des Verlages zu entschuldigen. Die Anzeigenschaltung in der "jungen Freiheit" erfolgte auf Drängen der "jungen Freiheit" ohne nähere Prüfung. Diese Entscheidung war in jeder Hinsicht falsch. Wir haben damit als Verlag der humanistischen Tradition zuwidergehandelt, der sich der Verlag seit seinem Bestehen verpflichtet sieht. Wir wissen, dass wir durch diese Fehlentscheidung objektiv dazu beigetragen haben,
die von der JF verbreiteten Ansichten hoffähig zu machen. Wir wissen, dass wir damit auch gegen die Überzeugung der Autoren und Freunde des Verlags, gehandelt haben. Ihnen versichern wir, dass wir uns wie in der Vergangenheit der Maxime "Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!" verpflichtet fühlen und dass sich eine solche Fehlleistung nicht wiederholen wird. Der Verlag wird dafür Sorge tragen, dass sich ein solcher Vorfall nicht mehr wiederholt. Wir werden weiter durch unser Verlagsprogramm demonstrieren, dass wir wie bisher der humanistischen, antifaschistischen und antiimperialistischen Tradition verpflichtet
bleiben.
Kai Homilius"
Und als sei der Text mit seinem "die böse junge Freiheit hat uns Ahnungslosen zur Werbeanzeige gezwungen" - Gestus nicht schon peinlich genug, verschwindet er nach gerademal drei Tagen wieder von der Homepage des Verlages. Lange hat die humanistische Gesinnung nicht vorgehalten. Seither liest man dort:
"Unter dem Motto "Der andere könnte Recht haben" findet der interessierte Leser hier gute Leseangebote zu Themen aus Politik, Kultur und Geschichte: Der Verlag will Plattform und Begegnungsstätte sein, um gegebenenfalls auch unterschiedliche Ansichten und Meinungen zu Wort kommen zu lassen. Perspektivwechsel sind dazu möglich und mitunter auch nötig, "der andere könnte Recht haben ...""
Nun denn. Willkommen im Chamäleongehege!
Kommen wir nun zur Auflösung unseres Rätsels vom Anfang:
> > " Lieber Herr XXX,
> > wir wünschen keinerlei Kontakte zu israelischen
> Firmen schon gar nicht
> > aus dem von Israel annektierten Jerusalem.
> Hochachtungsvoll, Kai Homilius
Aha. Und was lernen wir daraus?
1. Ratespiele machen keinen Spaß
2. Lechts und Rinks kann man schon mal verwechserln und
3. Der Homiliusverlag mag nicht nur keine Kontakte , sondern sogar keinerlei Kontakte zu israelischen Firmen.
So sind halt echte deutsche Antizionisten. Wenigstens gründlich.
Posted 06/16/08 by:
admin
Comments
4. Am Ende der Tage werden wir uns besinnen müssen, das wir "nur" HaShem auf unserer Seite haben
Ramona, das ist echt cool :-)
Schönen Dank für die Recherche.
Revisionismus und fröhliches Aufwärmen alter Positionen aus der Zeit des Kalten Krieges von angeblich Links. Das sind nicht nur Fettnäpfchen, in die solche Leute stolpern. Sie sind aber unbedeutend und keine Leitfiguren: redok würde ihren Eifer unter "Skurriles" abhaken.
Macros, du spinnst.
ego
@ego
Der Kai Homilius-Verlag ist nicht einfach unter "Skurriles" zu verbuchen. Er ist eine feste Größe im linken Spektrum, vor allem dem sog. "antiimperialistischen". Seine Verbindungen zu dem (weniger intellektuellen, aber nicht weniger einflussreichen) Pendant zur "Jungen Freiheit" auf der Linken, der Tageszeitung "junge Welt", sind ganz klar. Und diese Zeitung strotzt vor immer weniger intelligentem und immer plumperen Antiisraelismus, Antizionismus und Antisemitismus. Dieses Geflecht ist deshalb so gefährlich, weil es weite Teile der ahnungslosen Linken in einen rot-braunen Sumpf zieht, der auch innerhalb der Partei DIE LINKE effektive Seilschaften aufgebaut hat. Hochkarätige Politiker wie Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke und in gewisser Weise Norman Paech u.v.a. sind dazu zu rechnen, sehr viele Hauptamtliche der Linken sind in diesen Sumpf verstrickt. Bisky und Lafontaine lassen diesen Kraken zu ihrem eigenen Nutzen bewusst gewähren. Politiker wie Petra Pau, Katja Kipping oder neuerdings (und nur in Teilen) Gregor Gysi stehen dem kritisch gegenüber. Die allgemeinse Stimmung arbeitet aber noch gegen sie. Und Brunnenvergifter wie dieser Homilius und die jW-Connection gerieren sich zu "der Linken Stimme" und verschlingen einen kleinen linken Fisch nach dem anderen ...
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