Es sollte die letzte "große Schlacht" des alternden DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey werden. Und er wollte verhindern, dass seine Phantompartei endgültig im Vergleich zum ungeliebten Bündnispartner NPD untergeht. Doch das "Signal" blieb aus – das Ergebnis der DVU in Hamburg ist blamabel, jämmerlich, beschämend. Vor allem auch angesichts der kostenaufwendigen Materialschlacht…
Von Jörg Fischer-Aharon
"Unmittelbar vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg stehen die Zeichen für die DVU günstig wie nie zuvor", so tönte es gewohnt großmäulige noch am Wahlsonntag auf der Website der neonazistischen Partei. Der Wahlkampf wurde, ebenfalls gewohnt, als Materialschlacht geführt: kostenlose DVD´s, ganzseitige Anzeigen, eine Flut von Plakaten, Propagandamaterial in unüberschaubaren Massen. Am Wahlabend blieb dann nichts, nicht das Geringste übrig von den hochtrabenden Erwartungen: Mit 0,8 Prozent wurde die DVU in Hamburg in den ihr angemessenen Rang einer bedeutungslosen Splitterpartei verwiesen. Nach derzeitigem Stand dürfte die Partei auch alle Sitze in den Bezirksvertretungen verloren haben, ein einziges Desaster auf ganzer Linie. Ebenfalls blamabel schnitt "Rechte Mitte Heimat Hamburg" des früheren Justizsenators Kusch mit 0,4 Prozent ab.
Das Wahlergebnis dürfte nicht nur den anhaltenden Niedergang der DVU weiter beschleunigen, sondern auch den, faktisch nur noch auf dem Papier existierenden, "Deutschlandpakt" zwischen NPD und DVU seinem Ende zuführen. Nachdem die DVU 2006 schon in Sachsen-Anhalt ein Wahldebakel erlebte und 2007 in Bremen Verluste verbuchen mußte, ist sie seit dem Austritt ihres einzigen Bürgerschaftsabgeordneten Tittmann auch nicht mehr in der Bremer Bürgerschaft vertreten, in der sie immerhin 1987 erstmals eingezogen war. Damit ist die DVU nur noch in Brandenburg in einem Landesparlament vertreten – und auch in diesem Bundesland ist die NPD zwischenzeitlich klarer "Marktführer". Aktuellen Umfragen zufolge würde die NPD, wenn sie bei der nächsten brandenburgischen Landtagswahl in direkter Konkurrenz zur DVU antreten würde, landesweit auf 4 Prozent kommen, während die DVU, die immerhin seit 1999 in Fraktionsstärke im Landtag vertreten ist, mit nur 1 Prozent der Stimmen klanglos untergehen würde.
Auch deshalb schwindet innerhalb der NPD jeden Tag mehr die Bereitschaft, zugunsten der DVU auf eigenständige Wahlteilnahmen zu verzichten. Zumal laut "Deutschlandpakt" bei den Landtagswahlen in Thüringen im ersten Halbjahr 2009 eigentlich die DVU antreten soll, und Thüringen als Hochburg der NPD anzusehen ist. Im Freistaat Thüringen verfügt die NPD nicht nur über relativ starke Strukturen und ein aktives Umfeld im Bereich der "Kameradschaftsszene", sondern hier konnte sie bei der Bundestagswahl 2005 auch ihr zweitbestes Ergebnis auf Landesebene einfahren – nur knapp hinter Sachsen und noch vor Mecklenburg-Vorpommern, wo sie bekanntlich 2006 dann den Einzug in den Landtag schaffte.
Dramatische Mitgliederverluste
Auch die Mitgliederentwicklung zeigt den Zerfallsprozeß der DVU und ihre gegen Null tendierende reale Bedeutung innerhalb der rechtsextremen Szene. Der schon seit Jahren anhaltende Mitgliederverlust hat 2007 dramatische Ausmaße angenommen. Wie durch Vorberichte aus Verfassungsschutz-Kreisen bekannt wurde, sank die Mitgliederzahl der DVU 2007 von 8.500 auf 7.000 Mitglieder. Die NPD konnte im gleichen Zeitraum einen Zuwachs von 7.000 auf 7.200 verzeichnen, der damit zwar wesentlich geringer ausgefallen ist wie noch 2006, sie aber nunmehr auch zur mitgliederstärksten rechtsextremen Partei der Bundesrepublik Deutschland macht.
Nicht ohne Häme schreibt das neonazistische Internetportal "Altamedia" zum Abschneiden der DVU: "Eine Überraschung ist das wohl kaum. Gehört hat man von der DVU außerhalb der Wahlkampfzeit in den vergangenen vier Jahren eigentlich nicht viel – um nicht zu sagen gar nichts. An und für sich verdient die Partei noch nicht einmal eine nähere Betrachtung des Wahlausgangs. Die Volksunion gehört zu den neun 'sonstigen Parteien’, die insgesamt 2,6-Prozent erzielt haben. Ist eine solche Partei es dann eigentlich noch wert Beachtung zu bekommen? Eigentlich nicht!" Und auch innerhalb der NPD scheint es, zumindest hinter vorgehaltener Hand, mehr als klammheimliche Freude über das Debakel des "Bündnispartners" zu geben. Zumal man bei der NPD darauf verweisen kann, dass man drei Wochen vorher in Niedersachsen – in einem Flächenland und bei einem deutlich kleineren Wahlkampfetat – mit 1,6 Prozent im Vergleich zur DVU in Hamburg einen doppelt so hohen Stimmenanteil verbuchen konnte.
Vor den Kommunalwahlen in Bayern
Allerdings wird man nach Hamburg und den eigenen Schlappen in Hessen (0,9 Prozent) und Niedersachsen mit Blick auf die Kommunalwahlen in Bayern am kommenden Sonntag spürbar nervöser. Zwar kandidiert die NPD nur im mittelfränkischen Fürth unter ihrem eigenen Namen, aber in der Nachbarstadt Nürnberg ist der bayerische NPD-Landesvorsitzender Stadtrat und erneuter Spitzenkandidat einer sogenannten "Bürgerinitiative Ausländerstopp" (BIA). Und auch in der bayerischen Landeshauptstadt gilt die dortige BIA als Vorfeldorganisation der NPD. In Nürnberg würden 1,4 Prozent der Stimmen genügen, um das Mandat des NPD-Spitzenfunktionärs zu halten, in München müßte man etwa 1,2 Prozent verbuchen, um zumindest mit einem Mandat in den Stadtrat einzuziehen.
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