Ihr 1997 erschienenes Debütalbum
''Dissected'' löste in Israel einen Schrei der Entrüstung aus. Inzwischen
gilt sie als eine der radikalsten und originellsten Künstlerinnen ihres
Landes. Ihren profunden und aufbegehrenden Texten in Hebräisch, Arabisch
und Englisch stehen heiter-ironische Passagen gegenüber, deren
Inspirationen eindeutig aus den erotischen und philosophischen Fragmenten
des Alten Testaments stammen.
Aber die Bibeltexte erfüllen längst nicht nur
die simple Funktion einer Negativfolie. Meira Asher glaubt an die
Sprachmagie vieler Schriften, an ihre expressive Stärke und will deren
Vieldeutigkeit an die Oberfläche bringen, sie von eindimensionalen
Exegeseideologien befreien, Fragezeichen setzen. ''Kein zeitgenössischer
hebräischer Schriftsteller erreicht eine Sprache, wie sie in der Bibel zu
finden ist. Die ist wirklich brillant und schön.'', sagt sie in einem
Interview.
''Es gibt für mich aber auch das
sozialpolitische Anliegen, dieses Buch zu öffnen - das ja nach Meinung der
religiösen Gruppierungen jeweils ausschließlich ihnen gehört -, und es
nach eigenen Wünschen total frei zu benutzen. Es geht darum, denen mal so
einiges auf den Punkt zu bringen, und zwar über den Weg ihrer eigenen
Texte.''
Meira Asher hat traditionelle Perkussion und
Tanz in Ghana und an der Elfenbeinküste studiert. Sie beherrscht sämtliche
Dhrupad Stimmtechniken und ist bei den besten Tabla-Spielern Nord-Indiens
in die Lehre gegangen. Denn nur wer die jeweiligen Musiktechniken zu
seinem eigenen Handwerkszeug macht, so meint sie, kann aus den
unterschiedlichen Einflüssen eine neue Synthese entwickeln. Und um die
Synthese geht es ihr. In jedem von Meiras Songs werden die Tools auf eine
andere Art benutzt und miteinander verbunden: afrikanische Rhythmen zu
hebräischem Gesang oder Akkordeonklänge, die auf Dhrupad-Techniken
treffen. Eine Harfe, zu der italienisch rezitiert wird, unterlegt mit
fernen Backgroundstimmen und Wasser, die den lieblichen Sound metallisch
tropfend zersetzen.
Meira Ascher beschreibt ihre Arbeit so: ''In
Israel zu leben, heißt in einem Geflecht von Paradoxien gefangen zu sein.
Die Kultur ist technologisch betrachtet europäisch, kulturell mediterran
und steht politischen Problemen von Dritte-Welt-Maßstäben gegenüber. Die
Qualen der Geschichte und der Gegenwart beeinflussen mich ununterbrochen.
... Ich versuche, einen genauen Ausdruck für diese fragmentierende und oft
gewalttätige Energie zu finden, in der wir leben.''
In ihrer neuesten Performance ''Spears into
hooks'', mit der sie am 20. Mai in der Centralstation zu Gast sein wird,
setzt sich die Künstlerin mit kontemporärer industrieller Musik
auseinander und läßt wiederum augenscheinlich divergierende Einflüsse in
ihrer Musik und ihren Videoinstallationen miteinander verschmelzen. Ein
Abend auf den man gespannt sein darf! (jb)
line up: Meira Asher (vox, live electronic,
drumming), Daniel Baruch (sound, live electronics), Tomsky Binsert
(technical director and video operator), Jacky Shemesh (lights).
Siehe auch: