Das ''Neue Lexikon des
Judentums''
z.B. aus Seite 92
Chananel ben Chuschiel, Talmudgelehrter in
Kairouan (Nordafrika), ?-1055/56, verfaßte den ersten zusammenhängenden
Kommentar zum Großteil des babyl. Talmuds, von dem noch die Stücke zum ganzen
Seder Moed, zu einem Großteil von Naschim u. Nesikin sowie zum Traktat Ber
erhalten sind.
C. bezieht sich in seinem Kommentar v. a. auf Hai Gaon ben
Scherira, aber auch auf seinen Vater Chuschiel ben Elchanan. Er faßt sich kurz
u. erklärt schwierige Passagen. C.s Hauptinteresse ist das Feststellen der
Halacha (>), ferner gibt er schwer verständl. Wörter in der Landessprache
(Arabisch, Griechisch) wieder. C. zieht auch den paläst. Talmud heran. Sein
Talmudkommentar war weit verbreitet u. stellt ein Zwischenglied zwischen der
Lehre der babylonischen Geonim (>Gaon), den nordafrikanischen Gelehrten
einerseits u. den europ. u. paläst. Gelehrten andererseits dar.
C. verfaßte auch einen Torakommentar.
(LD/TK)
Chanukka (hebr. "Einweihung"), achttägiges
jüd. > Fest, beginnend mit dem 25. Kislev (>Kalender). Nach 1.Buch der Makk.
4,36-59 reinigte Juda Makkabäus (>Hasmonäer) den entweihten >Tempel, entfernte
den heidn. Altar u. brachte auf einem neuen Altar wieder Brandopfer dar (Dez.
165 v. Z., vgl. 1 Makk 4,59 mit 1,59). Bei >Josephus heißt das Fest "Lichter".
Eine der zahlreichen C.Legenden erzählt von einem einzigen
Fläschchen mit reinem ÖI, das die Griechen nicht entweiht hatten u. das -
obwohl der Menge nach nur für einen Tag ausreichend - durch ein Wunder acht
Tage brannte (Schab 21b). Erst aus der 2. Hälfte des 1. Jh.s n. Z. wird das
Anzünden von Lichtern berichtet: Die >Mizvah von C. bestand zunächst im
Anzünden eines Lichts pro Haushalt. Die Eifrigen entzündeten jedoch mehr
Lichter: nach der Schule >Hillels am ersten Tag eines, an den folgenden Tagen
immer eines mehr, während die Schule >Schammais es umgekehrt lehrte (Schab
21b). Durchgesetzt hat sich die Schule Hillels.
Der C.-Leuchter (Chanukkija, acht Arme u. zusätzl.
Schammasch ("Diener"]) muß von Sonnenuntergang bis zur Stunde, da der letzte
die Straße verlassen hat, angezündet werden. Er soll vor dem Hauseingang,
mindestens aber sichtbar am Fenster stehen (außer bei Gefahr: Schab 21b). Auch
Frauen sind zum Anzünden der Lichter verpflichtet (Schab 23a). Dabei wird je
eine >Beracha für die Lichter u. für die Wunder gesagt. An C. werden der
Toraabschnitt Num 7,1-8,4 sowie bes. Haftarot (>Haftara) gelesen.
C. ist heute ein beliebtes Familienfest. Typ. Speisen sind
ölige Pfannkuchen (Latkes) u. Spritzgebäck (Sufganijot); Kinder spielen mit
einem Kreisel (hebr. "Sewiwon", jidd. "Treidel").
siehe auch Chanukka-Leuchter >Kunstgewerbe
(LD/TK)
Chaplin, Charlie
(Sir Charles Spencer Chaplin), Schauspieler, Regisseur, Autor, Produzent,
Komponist, 16. 4. 1889 London 25. 12. 1977 Vevey, Schweiz. Der Sohn einer nach
Großbritannien ausgewanderten ostjüd. Familie wurde 1913 während einer
Varieté-Tournee durch die USA von Hollywood engagiert. Schon in seinem zweiten
Film "Kid Auto Races at Venice" (1913) kreierte er sein film. Ego: den
kleinen, vagabundierenden Tramp im ständigen Kampf gegen die Ordnungsmächte -
David gegen Goliath.
C. avancierte innerhalb kürzester Zeit zum populärsten
amerik. Komiker. Mit den Filmen "Shoulder Arms" (1918) u. "The Kid" (1921)
wurde er über Amerikas Grenzen hinaus bekannt. 1919 gründete C. mit anderen
Schauspielern die Produktions-Firma United Artists, mit der er "The Gold Rush"
(1925), "City Lights" (1931), "Modern Times" (1936), "The Great Dictator"
(1940), "Monsieur Verdoux" (1947) u. "Limelight" (1952) realisierte. C.s Filme
sind geprägt von einem tiefen humanist. u. pazifist. Geist. Wegen seines
Privatlebens (Ehescheidung) u. seines polit. Engagements wurde er 1952 Opfer
der McCarthy-Hysterie: Das US-Justizministerium untersagte ihm die Rückkehr
von einer Europareise. C., der 1972 mit dem Ehrenoskar von der amerik.
Filmindustrie "rehabilitiert" wurde, lebte bis zu seinem Tod mit seiner
Familie in der Schweiz.
Literatur: L.H. Arendt, Die verborgene Tradition, 1948.
(MAR)
Chargaff, Erwin, Biochemiker u.
Schriftsteller, 11. 8. 1905 Tschernowitz, lebt in New York. 1923-28 Studium
der Chemie in Wien, Abschluß mit Promotion. 1930 - April 1933 Tätigkeit am
"Hygien. Institut" der Berliner Universität, danach Flucht nach Frankreich.
Wissenschaftl. Tätigkeit am Institut Pasteur in Paris. 1934 starb der Vater,
Hermann C., in Wien. 1935 Übersiedlung in die USA, wo er im Okt. eine Stellung
an der New Yorker Columbia University antrat. 1943 wurde die in Europa
zurückgebliebene Mutter deportiert u. ermordet.
1948/49 machte C. die wichtigste Entdeckung seiner
wissenschaftl. Laufbahn: die der Komplementarität der Basen Adenin u. Guanin
sowie Cytosin u. Thymin in der Erbsubstanz des Zellkerns. Nach seiner
Emeritierung im Jahr 1974 ging C. seiner schriftsteller. Neigung nach. Im
Alter von 70 Jahren begann C. Essays u. Aphorismen zu veröffentlichen, die ihn
als radikalen Kritiker der naturwissenschaftl. Forschung u. als
Geschichtsphilosophen ausweisen.
(WJ)
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