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Bücher / Morascha
Koscher leben...
Jüdische Weisheit
 
 

Avi Primor
»...mit Ausnahme Deutschlands«
Als Botschafter Israels in Bonn

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IIIa.Teil

Vor schwierigem Terrain

Auch in Deutschland tat man sich mit der Wiedergutmachung schwer. Meinungsumfragen im Jahr 1952 ergaben, daß lediglich vierzehn Prozent der Deutschen dem Grundsatz zustimmten, die überlebenden Juden in irgendeiner Form zu entschädigen. Das entsprach natürlich genau der Kritik, der sich die Deutschen damals ausgesetzt sahen – offenbar hatten sie sich auch nach dem Krieg nicht von der Nazi-Ideologie befreit. Für Konrad Adenauer wiederum stellte das Ergebnis insofern ein Hindernis dar, als er wenn schon nicht die Bevölkerung, so doch den Bundestag dazu bringen mußte, sein Vorhaben der Kontaktaufnahme mit Israel zu billigen. Ohne Unterstützung der SPD-Opposition würde es sich ohnehin nicht durchführen lassen.

Fünf Monate nachdem die israelischen Bevollmächtigten dem deutschen Bundeskanzler in dem erwähnten Pariser Gespräch die Bedingungen ihrer Regierung für die Aufnahme von Verhandlungen übermittelt hatten – an erster Stelle stand das offizielle Bekenntnis Deutschlands zu seinen Verbrechen in den Jahren zwischen 1933 und 1945 –, hielt Konrad Adenauer eine Rede vor dem Bundestag. »Die Bundesregierung und mit ihr die große Mehrheit des deutschen Volkes sind sich des unermeßlichen Leidens bewußt, das in der Zeit des Nationalsozialismus über die Juden in Deutschland und in den besetzten Gebieten gebracht wurde«, erklärte er an jenem
27. September 1951. »Das deutsche Volk hat in seiner überwiegenden Mehrheit die an den Juden begangenen Verbrechen verabscheut und hat sich an ihnen nicht beteiligt. Es hat in der Zeit des Nationalsozialismus im deutschen Volk viele gegeben, die aus religiösen Gründen, aus Gewissensnot, aus Scham über die Schändung des deutschen Namens ihren jüdischen Mitbürgern Hilfsbereitschaft gezeigt haben. Im Namen des deutschen Volkes sind unsagbare Verbrechen begangen worden, die zur moralischen und materiellen Wiedergutmachung verpflichten.«

Die israelische Regierung nahm offiziell daraus nur einen Teil wahr. Ihre Stellungnahme lautete: »Die deutsche Bundesregierung gesteht ohne Einschränkung und ohne Vorbehalt, daß im Namen des deutschen Volkes Verbrechen, die der menschliche Verstand nicht begreifen könne, verübt worden sind und daß aus dieser Tatsache eine Verantwortung für moralische und materielle Entschädigung für das Individuum wie auch für die Gemeinschaft besteht.«

In der israelischen Öffentlichkeit freilich stellte sich das nicht ganz so einfach dar. Natürlich hielt niemand jene Passage in Adenauers Rede für glaubwürdig, in der er versicherte, die große Mehrheit der Deutschen habe die Nazi-Verbrechen verabscheut. Was uns mehr störte, war, daß die Verbrechen angeblich »im Namen des deutschen Volkes« verübt worden sein sollten. Wer, fragte man sich, waren die Täter, die diese Vollmacht mißbrauchten? Etwa Söldner?

Die bedenkliche, wenn nicht fragwürdige Formel vom »Namen des deutschen Volkes« erschwerte zwangsläufig Ben Gurions Bemühungen, uns davon zu überzeugen, daß es ein »anderes« Deutschland gebe. Die ganze Problematik, die sich darin verbarg, wurde selbst dann noch einmal deutlich, als die Verhandlungen zum Wiedergutmachungsabkommen abgeschlossen waren und der Vertrag am 10. September 1952 in Luxemburg von Adenauer und dem damaligen israelischen Außenminister Moshe Sharett unterzeichnet werden sollte. Vorher tauschte man sich, wie bei solchen Ereignissen üblich, über den Inhalt der Ansprachen aus, die gehalten werden sollten. Sharett hatte seine Rede (»Amalgam und Gegensätze«) mit der regierenden Arbeiterpartei Israels abgestimmt. Er wollte betonen, daß der Holocaust ein Verbrechen ohne Vergeben sei, wollte allerdings auch die positive Seite der Wiedergutmachung ansprechen, deren Zustandekommen auf der Anerkennung der moralischen Verantwortung und nicht auf Zwang beruhe. Sharett zeigte Adenauer den Text, der ihn, nachdem er ihn gelesen hatte, verärgert mit den Worten zurückgab: »Ich bin bereit, so etwas anzuhören, Deutschland nicht.« Er schlug vor, das Abkommen ohne Ansprachen zu unterzeichnen. So kam es zu einer entsprechend kurzen und schlichten Zeremonie.

Das berühmte Treffen zwischen Konrad Adenauer und David Ben Gurion am 14. März 1960 im Hotel Waldorf Astoria in New York.


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Erschienen 1997 beim Ullstein-Verlag, Berlin


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