29. Juni 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem das Projekt "OR" von haGalil e.V. nur durch Spenden und ehrenamtliches Engagement und in der Hoffnung auf eine baldige und gerechte Regelung seit Januar 2005 in vollem Umfang weitergeführt wurde, erfuhren wir heute vom Präsidenten der ZWSt*, ihm sei durch das BMFSFJ** bzw. die beauftragte Servicestelle entimon vermittelt worden, die dem Projekt "OR" zur Verfügung stehenden Mittel seien mittlerweile mit nur noch 50.000 Euro zu veranschlagen.

Dies bringt eine extreme und unvorhersehbare Einschränkung und trifft uns ganz besonders, nachdem von der eigentlichen 9-monatigen Laufzeit des Projekts (Anfang Januar bis Ende September) bereits sechs Monate vergangen sind.

Konkret bedeutet dies, dass das Ministerium zur Verwirklichung der in der Projektbeschreibung formulierten Aufgaben nicht wie im Vorjahr 150.000 E / 12 Monate, (12.500/M) sondern nur 50.000 E / 9 Monate (5.550/M) gewähren will.
Dies bedeutet ein Herabdrücken auf deutlich weniger als die Hälfte (44%) der ursprünglich vorgesehenen monatlich verfügbaren Mittel, denn selbst unter Verzicht auf die bisher übliche Progression der Fördersumme (s.Tab.), hätte sich rechnerisch ein Betrag von 112.500 Euro / 9 Monate ergeben.

Selbst unter der negativen Annahme, dass nämlich der neue Träger (beantragt war ursprünglich die Übertragung der Trägerschaft auf den haGalil e.V.) u.U. nicht in der Lage sein könnte, die geforderten Eigenmittel in vollem Umfang aufzubringen, waren wir, und bis vor kurzem auch das BMFSFJ, von einem Betrag von mindestens 90.000 Euro ausgegangen.

Es ging niemals darum, das Projekt OR zu zerschlagen, sondern stets darum das Projekt*** vollinhaltlich in eine neue, den Fortbestand und damit die nachhaltige Wirksamkeit absichernde Trägerschaft zu überstellen. Inzwischen wurde zwar der im Dezember 2005 beantragte Trägerwechsel endlich genehmigt, plötzlich möchte man jedoch die zur Verfügung stehenden Mittel so drastisch zusammenstreichen, dass es - unter der neuen Trägerschaft - kaum mehr möglich sein dürfte, das Projekt in der notwendigen Qualität und Quantität aufrechtzuerhalten bzw. dessen Fortbestand im Sinne einer Nachhaltigkeit zu sichern.

Dies ist bestürzend, insbesondere vor dem Hintergrund der nun schon über ein halbes Jahr andauernden Auseinandersetzungen. Noch immer fehlt es an einer eindeutigen und nachvollziehbaren Begründung der anfänglichen Ablehnung des Trägerwechsels.

Der vom BMFSFJ ausgeübte Druck zum Stillschweigen und Abwarten brachte uns in immer stärkere Abhängigkeit  vom BMFSFJ. Ein deutlicher Rückgang der Spendeneingänge wie auch eine Verminderung der öffentlichen Resonanz wurden von uns trotzdem in Kauf genommen, stets im Vertrauen auf den Willen zur konstruktiven und in die Zukunft weisenden Lösung seitens des BMFSFJ.
Nachdem es endlich gelungen war, das BMFSFJ von der Unmöglichkeit der Kooperation mit dem Verein "Tacheles Reden! e.V." zu überzeugen und stattdessen den Zentralrat der Juden in Deutschland in Kooperation mit der ZWSt zu akzeptieren, hatten wir gehofft, uns nun endlich wieder konstruktiv unseren eigentlichen Aufgaben zuwenden zu können.

Auch diese Hoffnung wird nun enttäuscht. Eine plausible und nachvollziehbare Erklärung für die Verweigerungs-, dann Verschleierungs- und schließlich Verzögerungshaltung des BMFSFJ haben wir nicht. Wir fordern jetzt eine baldige, verbindliche und konstruktive, die dringend notwendige Arbeit ermöglichende und absichernde Zusage seitens der verantwortlichen Ministerin.

Mit herzlichem Dank für ihre Unterstützung und freundlichen Grüßen

Eva Ehrlich

haGalil e.V.

*) Die ZWSt (Zentrale Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland) hat inzwischen, gemeinsam mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland, die Trägerschaft für das Projekt OR übernommen.

**) Das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, BMFSFJ, erhielt im Rahmen des "Aufstands der Anständigen" fast 200.000.000 Euro zur Verwaltung der Programme Entimon, Civitas und Xenos. Das Projekt "OR" ist Teil des Programms "entimon".

***) Eine verbindliche und öffentlich einsehbare Projektbeschreibung findet sich unter http://www.hagalil.com/or/haor/or.htm. Die dort veröffentlichte Beschreibung ist der genaue Nachdruck einer vom alten Träger veröffentlichten Broschüre. Dort heißt es ganz ausschließlich: "Ziel des Projektes »OR - Licht. Bildung gegen Antisemitismus« ist daher die Sicherstellung und Ausweitung des breitenwirksamen Bildungsangebots von haGalil onLine und die Förderung der Plattformen interkultureller Auseinandersetzung in haGalil onLine."

Aus der Aufstellung ergibt sich für das Jahr 2005 eine Fördersumme von 173.500 Euro im Jahr.

Das ergibt 14.458 Euro im Monat. Das hiesse für 9 Monate: 130.125 Euro.

Selbst wenn man im BMFSFJ davon ausgeht, dass weder die ZWSt noch haGalil in der Lage sind Eigen- oder Drittmittel in die Projektumsetzung einzubringen (was zumindest für haGalil nicht stimmt), würden nach Abzug von 30% noch immer 91.087 Euro bleiben.

Oft verzichtet das BMFSFJ auf den Nachweis dieser Eigenmittel, da kaum eine Initiative in der Lage ist diese aufzubringen. In unserem Fall sollte aber zumindest der bereits aufgebrachte Teil in Rechnung gestellt werden, dies ergäbe eine Fördersumme die deutlich näher bei 130.000 als bei 90.000 Euro läge.