Veranstaltungshinweis:
Feindbild Westen

Ideologie und Strategie des Islamismus am Beispiel des Al-Quds-Tages ...

Tagung
Sonntag, 7. November 2004
12.30 - 20.00 Uhr
Theater Hebbel am Ufer (HAU 1)
Stresemannstraße 29, 10963 Berlin
U-Bahn Hallesches Tor oder Möckernbrücke

Die Anschläge vom 11.9. und die seitdem nicht abreißende Kette terroristischer Attentate haben deutlich gemacht, dass die USA, Israel aber auch „der Westen“ insgesamt radikalen islamistischen Bewegungen als Feindbild dienen. Ein besonderes Beispiel für diese Ideologie und die Art ihrer Propagierung ist der „Internationale Al-Quds-Tag“. Zu ihm hatte der iranische Ayatollah Khomeini 1979 aufgerufen, seither fordern weltweit Jahr für Jahr zigtausende Demonstranten die „Befreiung“ von Jerusalem (arabisch: Al-Quds) und skandieren anti-israelische und antisemitische Parolen - auch in Berlin.

2003 hat es erstmals nennenswerte Proteste gegen den Al-Quds-Tag gegeben. In diesem Jahr wurden diese Aktionen ausgeweitet. So haben der Verein Anstoß e.V. und das Bündnis gegen Antisemitismus in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung, dem Middle East Media Research Institute (MEMRI), und dem American Jewish Committee (AJC) WissenschaftlerInnen und AktivistInnen eingeladen, um unter anderem folgende Fragen zu diskutieren:

Was sind die ideologischen und gesellschaftlichen Grundlagen des Islamismus sowie seiner radikalsten Erscheinungsformen? Welche Rolle spielt der Antisemitismus im Islamismus? Wie kann antisemitischen und islamistischen Bewegungen und Ideologien begegnet werden? 

Dabei soll einerseits dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Muslime hierzulande häufig kulturalistischen Zuschreibungen und rassistischer Stigmatisierung ausgesetzt sind. Andrerseits soll auch die durchaus vorhandene Bereitschaft berücksichtigt werden, die antiwestlichen und antisemitischen Ziele des Islamismus als Widerstand zu verklären.

Programm

12.30         Begrüßung und Einführung 
       Dr. Jochen Müller, MEMRI
                  
       Grußworte
       Dr. Johannes Kandel, Friedrich Ebert Stiftung
       Marianne Zepp, Heinrich-Böll-Stiftung
       Deidre Berger, American Jewish Committee 
       Hamid Nowzari, Verein iranischer Flüchtlinge

Als Ayatollah Khomeini 1979 den „Internationalen Al-Quds-Tag“ ausrief, wollte er auch durch eine panislamische Überwindung der Spaltung zwischen Shia und Sunna die Ausweitung seines Revolutionsmodells auf die gesamte islamische „Umma“ ermöglichen. Das gemeinsame Ziel der Beseitigung Israels bündelt diese Ideologie. Vor diesem Hintergrund soll die Bedeutung des Antisemitismus für unterschiedliche islamistische Ideologien beleuchtet werden. Am Beispiel der deutschen Iranpolitik soll außerdem gezeigt werden, welche Rücksicht international auf den Islamismus als politischer Machtfaktor genommen wird.

13.00          Geschichte, Hintergründe und aktuelle Bedeutung des „Al-Quds-Tages“. Die iranische Strategie des Revolutionsexports und der Islamisierung
       Prof. David Menashri, The Moshe Dayan Center for Middle Eastern and African Studies, Tel Aviv

13.40         Feindbild Israel. Zum Stellenwert des Antisemitismus in der  islamistischen Ideologie
       Goetz Nordbruch, Berlin

14.00         Warum ist der kritisch-konstruktive Dialog mit dem Iran gescheitert? Das Beispiel des iranischen Atomprogramms
       Dr. Wahied Wahdat-Hagh, MEMRI, Berlin
       
       anschließend Diskussion
       Moderation: Dr. Jochen Müller, MEMRI

14.30    Pause

Islamismus - eine globale Ideologie?

Neben einer ideologischen Verortung des Islamismus sollen in diesem Panel Islamisierungstendenzen unter verschiedenartigen gesellschaftlichen Voraussetzungen miteinander verglichen werden. Dies soll eine besseren Einordnung der Strategien ermöglichen, die sich in der weltweiten Mobilisierung zum Al-Quds-Tag manifestieren. Dabei sollen sowohl Länder mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung in den Blick genommen werden, als auch Länder - hier die Beispiele Deutschland und Frankreich - in denen Muslime eine Minderheit darstellen. Anhand des französischen Beispiels soll zudem dargestellt werden, wie sich in muslimischen Communities Widerspruch gegen Tendenzen einer zunehmenden Islamisierung artikuliert.

15.00        Diskussionspanel 
       (mit drei Inputs á 15 Minuten)

       Islamismus in muslimischen Ländern
       Thomas Schmidinger, WADI e.V., Wien 

       Islam und islamistische Mobilisierung in Deutschland
       Ahmet Şenyurt, Journalist, Köln

       Proteste von Muslimen gegen islamistische Mobilisierung in Frankreich  
       Tewfik Allal, Le Manifeste des libertés, Paris

            Moderation: Katharina Hudgson-Dorrel, Verein Anstoß e.V., Berlin

17.00         Pause 

       Gastronomisches Angebot 
       im Haus vorhanden

Perspektiven von Intervention und Praxis

Um islamistischen Strategien erfolgreich begegnen zu können, soll in diesem Panel zunächst der derzeit vorherrschende Umgang mit Islamismus skizziert werden: Zum Desinteresse und der Uninformiertheit vieler verantwortlicher PolitikerInnen in der BRD gesellen sich häufig rassistisch-kulturalistische Zuschreibungen, die zwischen repressiver Abschiebepolitik und romantisierendem Multikulturalismus oszillieren. Die Arbeit der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus soll veranschaulichen, welche Perspektiven die praktische Intervention gegen islamistische Strukturen bietet, aber auch auf welche Schwierigkeiten sie trifft.

18.30          Abschlusspanel mit der Frage: „Was tun?“ 

       Ahnungslos oder kein Handlungsbedarf? – Zur Kenntnis- und Konzeptlosigkeit deutscher Innenpolitik gegenüber islamistischen Strukturen 
       Claudia Dantschke, Journalistin, Berlin
               
       Aus den Augen aus dem Sinn? „Hassprediger“, Abschiebungen und Sondergesetze – die Externalisierung des Islamismusproblems durch die deutsche Mehrheitsgesellschaft
       Deniz Yücel, Journalist, Berlin
       
       Möglichkeiten konkreter Intervention in der Arbeit mit muslimischen Jugendlichen. 
       Aycan Demirel, Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus, Berlin
       
       Moderation: Anetta Kahane, Amadeu Antonio Stiftung

20.00        Ende
 
Weitere Informationen über das Programm und die ReferentInnen ab Anfang November 2004 unter: www.aktion-november.net, Kontakt: basisvernetzung@yahoo.de 

Veranstalter: Anstoß e.V. Verein für Basisvernetzung, Bündnis gegen Antisemitismus [BgA] Berlin. Unterstützt vom Verein iranischer Flüchtlinge e.V. Gefördert durch:
Heinrich-Böll-Stiftung
Friedrich-Ebert-Stiftung
Amadeu Antonio Stiftung
American Jewish Committee (AJC)
Middle East Media Research Institute (MEMRI)

gs / tacheles-reden.de / 2004-10-29