Ein Koffer voller jüdischer Erinnerung

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Israelische Sängerin Nizza Thobi stellt am 7. November in der Passauer Redoute ihre neue CD vor…

Simone Sälzer

Die Geige spielt melancholisch, das Piano klingt leise im Hintergrund. Nizza Thobi singt sehnsüchtig und ein bisschen wehmütig über die jüdische Vergangenheit: Wie ein Koffer, der auf der Flucht mitgenommen wird, ist das jetzt erschienene Album „Ein Koffer spricht“ vollgepackt mit Erinnerungen. Am 7. November präsentiert die 62-jährige israelisch-stämmige Sängerin ihre CD im Passauer Großen Redoutensaal. Beginn ist um 20 Uhr.

Der Koffer ist ein Leitmotiv für Nizza Thobi, die die 16 Lieder überwiegend auf Jiddisch, aber auch Hebräisch und Deutsch singt. Die Sängerin, die in Jerusalem geboren ist, kam schon in ihrer Kindheit mit der deutsch-jüdischen Geschichte in Berührung. Seit 30 Jahren lebt sie in Deutschland, zurzeit in München. Nizza Thobi erinnert auf ihrer CD an die erlittenen Schmerzen der Juden, aber auch an den Mut der Verfasser dieser Texte. Das 40-seitige Booklet enthält zudem Zeichnungen der Malerin Malva Schalek, die sie im KZ Theresien Stadt angefertigt hat – sie ist 1944 in Au schwitz-Birkenau umgebracht worden.

Der Koffer ist für Nizza Thobi, die auf Deutsch, Jiddisch und Hebräisch singt, dasLeitmotiv auf ihrer neuen CD

Nizza Thobi greift auf das titelgebende Gedicht von Ilse Weber zurück, die ebenfalls 1944 in Auschwitz ums Leben gekommen ist. Das Gepäckstück sucht in „Ein Koffer spricht“ vergeblich nach seinem alten, blinden Herrn, der einen Stern trug: „Erhielt mich gut, als war ich sein Kind“ trauert der Koffer dem alten Mann nach.

In zwei weiteren Liedern taucht der Koffer direkt als Motiv auf: In „Petr Ginz“ steht er sarkastisch für die menschenverachtenden Verbote, die den Juden auferlegt wurden. PetrGinz dichtet: „Einst durfte auch ein Menschenwrack besitzen Koffer, Korb und Tragesack.“ Der Autor der Zeilen kam wie Ilse Weber in Auschwitz ums Leben.

In „Kleine Ruth“ von Jehuda Amichai erinnert der herrenlose Koffer, derauf dem Band im Flughafen immer wiederkehrt, schmerzlich und nüchtern an ein junges Mädchen, das im KZ umgekommen ist: „Mit zwanzig wurdest du vergast und ich weiß nicht, was dir in deinem kurzen Leben geschehen ist.“ Derisraelische Dichtererinnertin diesen Zeilen an seine Sandkastenliebe, die Töchter des Rabbiners Siegmund Hanover.

„Nimm hin mein Lied – Es ist nicht froh“, schreibt die deutsch¬sprachige jüdische Schriftstellerin Selma Meerbaum-Eisinger, die 1942 im Arbeitslager Michailowskain der Ukraine an Typhus gestorben ist. Doch auch Liebeslieder wie „Vergiss mein nicht“ oder „In einem verzauberten Garten“, das die behütete Kindheit widerspiegelt, führen die leidvollen Trennungen vor Augen. Besonders schmerzvoll ist es für eine Mutter, die nur mehr „papierene Kinder“ an ihrer Wand hängen hat. Denn die Kinder aus Fleisch und Blut hat sie längstverloren.

Karten gibt es bei allen Geschäfts¬stellen der PNP (Passauer Neue Presse).