Parschat Ki – Tawo:
Ist die Welt wirklich klein?
Wir wundern uns immer
wieder über die Zähigkeit und den Glauben jüdischer Gemeinden auf der ganzen
Welt und zu allen Zeiten.
Ein Beispiel dafür
ist die isolierte Gemeinde in den russischen Bergen, die Jahrzehnte lang
keine Verbindung mit anderen Juden hatte und dennoch jüdisch blieb, obwohl
ihre Synagogen und heiligen Schriften vernichtet worden waren.
In einem abgelegenen
chinesischen Dorf lebt eine kleine Gruppe von Juden, die seit Generationen
von uns abgeschnitten ist. Wahrscheinlich hätten wir Mühe, sie als Juden zu
identifizieren. Aber ihr Oberhaupt nennt sich Mosche und besteht darauf,
dass die kommunistischen Behörden in seinen Ausweis „Jude" eintragen.
Und unsere biblischen
Vorfahren hätten auf ihrer Wanderschaft oft anhalten und bequemer leben
können. Aber sie zogen eine Generation lang durch die Wüste, bis sie in Erez
Jisrael ankamen, im alten Kanaan, dem Land, in dem Milch und Honig fließen.
Gibt es eine
Verbindung zwischen diesen Menschen und unseren Glaubensbrüdern und
–schwestern in Afrika oder Südamerika? Sie sprechen verschiedene Sprachen
und haben eigene Sitten.
Im Wochenabschnitt
Ki-Tawo befiehlt G–tt den Juden, die in das Gelobte Land einziehen, von
den ersten Früchten zu nehmen und zu dem Platz zu gehen, den G–tt
auserwählen würde, „damit sein Name dort wohne". Dieses Gebot enthält einen
Schlüsselsatz: „Das Land, das G–tt, euer H-rr, euch zum Erbe gibt, damit ihr
es in Besitz nehmt und bevölkert."
Mit anderen Worten:
Die Früchte wurden erst gesammelt, nachdem alle Juden im Land waren und
ihren Anteil davon bekommen hatten. Solange auch nur ein Jude nicht am Erbe
teilhatte, war die Freude der anderen unvollständig. (Das Wissen um die Not
anderer erstreckt sich sogar auf Nichtjuden. Das zeigt kleinere Menge Wein
an Pessach, die daran erinnert, dass unsere Freude nicht vollkommen ist,
wenn unser Triumph anderen schadet.)
Heute sind wir zwar
nicht alle beisammen, aber die Metapher und die Sitte der ersten Früchte ist
dennoch anwendbar. Wir bringen unsere Früchte, indem wir unsere Liebe zum
Judentum und zur Torah ausdrücken, wo immer es möglich ist. Einerlei, in
welchem Land Sie leben, wenn Sie einen anderen Juden treffen, ist das ein
Grund zum Feiern. Erez Jisrael existiert, und es gibt einen Platz, an dem
G-ttes Name wohnt — in Ihrem Herzen und in Ihrem Handeln. Das führt uns
heute zusammen.
Der Standpunkt des Rebbe:
Gedanken und Einsichten des
Lubawitscher Rebbe
Wir alle haben unsere
Grenzen — denn sind wir nicht aus Fleisch und Blut? Einmal aber kommt die
Zeit, wo wir unsere Grenzen sprengen müssen. Wir müssen mehr tun, als wir
normalerweise tun können. Die Wahrheit ist: Wir haben nicht nur eine
tierische Seele, sondern auch eine g-ttliche — und G–tt kennt keine Grenzen.
Leitgedanken
„Alle diese Segnungen werden
über dich kommen und dich überwältigen, wenn du der Stimme G-ttes, deines
G–ttes, gehorchst (28:2).
Frage: Ist das Wort
wehisigucha („dich überwältigen" nicht überflüssig?
Antwort: Einmal grub
ein Mann vor dem Palast des Königs die Erde auf. Ein Wächter sah ihn und
fragte ihn, was er da tue. Der Mann antwortete, er habe geträumt, vor dem
Palast sei ein Schatz vergraben, und diesen wolle er heben.
Der Wächter sagte:
„Du bist ein Narr. Ich habe auch von einem Schatz geträumt, und zwar unter
dem Haus von X. Aber ich bin nicht so dumm, dort zu suchen." Der Name, den
der Wächter nannte, war der Name des grabenden Mannes! Der lief sofort nach
Hause und begann zu graben — und er fand wirklich einen Schatz. Die Moral
der Geschichte ist: Manchmal suchen die Menschen überall nach einem Schatz
und merken gar nicht, dass sie ihn in ihrem eigenen Garten finden können.
Der Mensch weiß oft
nicht, was wirklich gut für ihn ist. Er läuft dem Unglück nach und flieht
vor dem Glück. Darum hat Haschem versprochen, dass sein Segen über uns
kommt, und uns sogar dann, wenn wir vor ihm weglaufen, „überwältigen" wird (vehisigucha).
Selbst gegen unseren Willen werden wir also von Haschem gesegnet.
Nur ein Eseltreiber
Die Erde war
ausgetrocknet, und die Menschen in Erez Jisrael warteten sehnsüchtig auf den
Winterregen. Doch Tag für Tag war keine einzige Wolke am Himmel. Es war
schon mitten im Winter, und kein Tropfen Regen war gefallen. Die Leute
hatten Angst, im kommenden Jahr hungern zu müssen.
Eines Tages wurde den
Weisen in einem Traum enthüllt, dass ein bestimmter Eseltreiber um Regen
beten solle. Ihn werde Haschem erhören.
Am nächsten Morgen
ließen die Weisen den bescheidenen Mann rufen, der mit seinen Eseln Waren
und manchmal auch Menschen beförderte. „Wie verdienst du dein Brot?" fragten
sie ihn. Er sagte es ihnen. „Hast du jemals etwas ganz Besonderes getan?"
wollten sie wissen.
Er beugte demütig den
Kopf, und nach einigem Zögern sagte er: „Vielleicht. Vor einiger Zeit kam
eine Frau zu mir und bat mich, sie in die Stadt zu bringen. Sie ging gebeugt
und bedeckte das Gesicht mit einem Taschentuch. Ich merkte, dass sie weinte
und fragte sie nach dem Grund. Zuerst wollte sie mit einem Fremden nicht
reden, aber dann gestand sie, dass die Römer ihren Mann gefangen genommen
hatten, weil er seine Steuer nicht bezahlen konnte. Wenn sie ihm nicht half,
würde er vielleicht im Gefängnis sterben. Darum wollte sie in die Stadt
fahren und Hilfe suchen.
Sie tat mir sehr
leid. Aber wie konnte ich ihr helfen? Soviel Geld hatte ich nicht. Ich lebe
von dem, was ich verdiene, Tag für Tag. Auf einmal kam mir eine Idee. Ich
besaß mehrere Esel, und einer von ihnen war ein sehr gutes Lasttier und eine
Menge Geld wert. Ein Bekannter von mir hatte schon lange ein Auge auf das
Tier geworfen und mir eine große Summe geboten. Ich bat die Frau zu warten.
Dann verkaufte ich den Esel und brachte ihr das Geld. Sie war überglücklich,
denn das Geld reichte, um ihren Mann zu befreien."
Der Eseltreiber
schwieg. Hatten sie das hören wollen? Er sah sie fragend an. Die Weisen
sagten: „Das war wahrhaftig eine gute Tat! Wir wollen, dass du um Regen
betest, denn uns wurde offenbart, dass dein Gebet erhört wird."
Da begann der
Eseltreiber zu beten, und siehe — der Himmel öffnete sich, und gesegneter
Regen fiel auf die Erde, bewässerte die trockenen Felder und füllte die
Zisternen mit so viel Wasser, dass es für lange Zeit reichte.
Der Inhalt dieser Gedanken ist
heilig, Darum sollte dieses Papier nicht zerstört oder weggeworfen
werden.
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