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Judentum und Israel
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Seminar

Verfassungsverständnis und
Verfassungsgerichtbarkeit im
internationalen Vergleich

Israel

Leitung: Prof. Dr. Gerhard Robbers,
Universität Trier, WS 1996/97

Yoram Moyal

IV. Schlußbemerkung

Wie diese Darstellung zeigt ist Israel nicht ein Staat ohne Verfassung, sondern ein Staat, der sich bewußt für die kontinuierliche Entwicklung eines eigenen Verfassungsrechts entschieden hat. So ist die entwickelte Verfassung kein Beispiel für das Rechtswesen eine idealen, sondern das Bild eines wirklichen Staates.

Dieses Verständnis läßt sich insbesondere an der Denkart der libertären Kräfte erkennen, die lieber auf eine Verfassung verzichteten, als ein nicht der Verfassungswirklichkeit entsprechendes Dokument zu verabschieden. So wurden auch die meisten Verfassungsprinzipien erst von der Rechtsprechung entwickelt und später durch die (Verfassungs-) Gesetzgebung übernommen. Dergestalt, daß die Grundlage des Staates als jüdischer und demokratischer Staat, die verfassungsrechtliche Stellung der Unabhängigkeitserklärung sowie der Status der Menschenrechte erst nach Ausarbeitung durch den Obersten Gerichtshof in diversen grundlegenden Texten Verfassungsrang erhalten haben.

Der Militärdienst wird ihnen nicht versperrt, es besteht nur keine Verpflichtung in den israelischen Streitkräften zu dienen, im Gegensatz zu der drusischen Bevölkerungsgruppe.

Kretzmer, D., Les Droits de l’Homme en Israël, S. 44f
Akzin, B., Menschenrechte in Israel, S. 28ff

Obwohl der rechtliche Einfluß der Rechtsprechung, unter dem Eindruck der fehlenden Verfassungsgerichtsbarkeit, auf die Legislative äußerst gering ist, kann sie trotzdem ohne Weiters als "Motor" der Verfassungsentwicklung bezeichnet werden. So ist die Bedeutung eines Grundgesetzes generell geknüpft an seine Auslegung durch den Obersten Gerichtshof. Der dieses natürlich gemäß den von ihm entwickelten Rechtsgrundsätzen interpretiert.

Desweiteren läßt sich erkennen, daß das israelische Verfassungsrecht von zwei grundsätzlichen Einflüssen geprägt ist. Einmal durch die seit der Staatsgründung anhaltende Sicherheitskrise und zum andern durch den Einfluß der religiösen Kräfte. Dies zeigt sich allein daran, daß ein vollständiger Grundrechtskatalog aufgrund des Widerspruchs beider Parteien bisher gescheitert ist.

Die neuere verfassungsrechtliche Entwicklung, die Aufnahme eines (eingeschränkten) Grundrechtskatalogs und einer eingeschränkten Überprüfbarkeit von Parlamentsgesetzen, lassen erkennen, daß die Vervollständigung der Verfassung sich ihrem Ende nähert. Ein Abschluß des Friedensprozesses und somit ein Ende der seit Staatsgründung andauernden Sicherheitskrise, könnte dies noch beschleunigen Umfragen zu Folge könnte die Verabschiedung eines solchen Dokuments sogar die Unterstützung von 84 % der Bevölkerung aufweisen.

Trotz dieser neueren Entwicklung hin zu einer Verfassungsurkunde, zeigt das Beispiel Israel, daß die Freiheitlichkeit und Stabilität eines politischen Systems nicht von der Existenz eine solchen feierlich verabschiedeten Dokuments abhängig ist. Eine derartige Gesellschaft wird vielmehr geschaffen von den Bürgern die in diesem Staatswesen leben. Ihrem politischen Bewußtsein, ihren demokratischen Tugenden, ihrem Freiheitswillen, ihrem bürgerlichen Einsatz und für Israel ganz wichtig, ihrem Friedenswillen.

Yoram Moyal
im FS 9
Trier, den 29. Januar 1997

Zur Einstiegsseite:
Verfassungsrecht in Israel

Literatur

 


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