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Judentum und Israel
   
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Lea Rabin in Wien:
Es gibt eine Alternative zum Frieden?

Bei der diesjährigen Eröffnung (Art. v. Mai 2000) des Magbit in Wien,
war als Festrednerin Lea Rabin geladen. Sie betonte in ihrer 
bemerkenswerten Ansprache die Dringlichkeit des Friedens, 
der für die Existenz des Landes unentbehrlich ist.

Im nachfolgenden Gespräch sprach Joanna Nittenberg, 
Herausgeberin der "Illustrierten Neuen Welt", mit Frau Rabin 
über den Friedensprozess, die fundamentalistische Schass-Partei, 
Haider und Israels Verhältnis zur Golah.


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INW: Der Traum Ihres ermordeten Mannes scheint jetzt in greifbare Nähe gerückt. Noch in diesem Jahr soll der Friedensprozeß in eine entscheidende Phase gelangen. Wie sehen Sie das?

RABIN: Israel ist mit seinen 5 Millionen Einwohnern und seiner militärischen Stärke heute soweit auf Gebiete verzichten zu können - um dafür in Frieden zu leben. Dies ist eine sehr wichtige Zeit für den Friedensprozeß. Wenn es uns nicht gelingt in naher Zukunft ihn voranzutreiben, wird es, fürchte ich, noch sehr lange dauern. Diese letzten Monate der Regierungszeit von Präsident Clinton bieten eine sehr gute Chance die Gespräche wieder aufzunehmen und Fortschritte zu erzielen. Außerdem ist Assad sehr krank und ohne ein Abkommen mit Syrien gibt es keinen Frieden in dieser Region.

INW: Wie sehen Sie die Situation im Libanon?

RABIN: Solange es keinen Frieden mit Syrien gibt, kann das Problem Libanon nie gelöst werden. Es wird weiter Terror geben, auch nach dem Abzug der israelischen Truppen ist es anzunehmen, dass sich die Terroranschläge der Hisbollah verstärken und die Grenze sehr unsicher wird. Solange die Hisbollah durch ein Abkommen mit Syrien nicht gezwungen wird, werden die Terroristen ihre Schwerter nicht abgeben und weiter kämpfen. Frieden ist der einzige Weg, auch das Problem Libanon zu lösen.

INW: Wie wirkt sich dieser Prozeß auf die israelische Gesellschaft bzw. auf die politische Situation aus?

RABIN: Meiner Meinung im großen und ganzen nach sehr positiv — gibt es keine Alternative und man wird einsehen, dass dies die einzige Möglichkeit ist. Der Golan mag zwar wichtig sein, aber Frieden ist wichtiger. Die Menschen in den Siedlungen am Golan führen dort seit dreißig Jahren ein sehr friedliches Dasein, ihre Geiseln hingegen sind die Menschen an der Grenze zu Libanon, diese befinden sich seit Jahren unter Beschuß und werden fortwährend bedroht, müssen in die Bunker fliehen und sind in ihren Freiheiten sehr eingeschränkt. Die Menschen am Golan, die diesen nicht verlassen wollen, müssen in Betracht ziehen, dass sie quasi unbehelligt auf Kosten der bedrohten Israelis an der Grenze leben.

INW: Wie ist die derzeitige innenpolitische Situation? Was ist Ihre Meinung über Schas Führer Rabbi Ovaida, der unlängst den Erziehungsminister Jossi Sand öffentlich verfluchte?

RABIN: Innenpolitisch befinden wir uns in einer sehr schweren Position, die Spannung zwischen Religiösen und Säkularen wächst und die Äußerung von Ovadia tragen nicht zu einer Beruhigung bei. Im Gegenteil — dies ist keine Ausdrucksweise eines Rabbiners, der eine moralische und intellektuelle Instanz sein sollte. Er sollte über seinem Volke stehen. Es ist unerträglich welch eine Sprache er benützt und einen politischen Gegner verflucht. Wie auf des Straße. So spricht ein Rabbiner? Das ist der Koalitionspartner mit 17 Mandaten in unserer Knesset? 
Barak glaubt, dass sie seinen Friedensprozeß unterstützen sollen. Ich glaube, dass auch das noch nicht gewährleistet ist. Für Geld lassen sie sich zwar kaufen, sie besitzen keine Ideologie. Wenn man nicht bereit ist ihnen die Schulen und die Partei zu finanzieren, weiß man nicht woran man bei ihnen ist. Bisher haben sie kein einziges Mal mit Barak gestimmt.

INW: Und wo soll dann Barak die Mehrheit für den Frieden finden?

RABIN: Vor der Unterzeichnung ist ja ein Referendum geplant. Es wird die Wahl geben zwischen Krieg und Frieden und ich hoffe, dass die Menschen in Israel verstehen werden, dass es keinen anderen Weg zum Frieden gibt. Wir haben Frieden gemacht mit Ägypten, mit Jordanien und es ist ein Frieden. Wir sind einen langen Weg gegangen mit den Palästinensern — Austausch von Programmen, Erziehung, Wasser und Landwirtschaft usw. Auch sind sie verbittert, weil sie noch keinen eigenen Staat haben. Es gibt aber deutliche Fortschritte und es ist nicht wie es vor September 1993 war. Wir sind noch mitten des Weges und wir werden auch ein Weg finden mit Syrien zum Abschluß zu kommen. Auf alle Fälle geben wir die Hoffnung nicht auf.

INW: Wie sehen Sie die Beziehung Israels zur Diaspora? Nimmt man auf die Meinungen in der Golah Rücksicht, findet hier ein Dialog statt?

RABIN: Es gibt keine einseitigen Beziehungen, der Dialog findet immer statt. Wobei viel Toleranz auf beiden Seiten gefragt ist. Israel muß begreifen, dass man in der Diaspora anders denkt, andererseits kann man es aber nur sehr schwer akzeptieren, wenn jüdische Menschen, die außerhalb Israel wohnen, gegen den Frieden auftreten.
Wir in Israel wollen nicht nur kämpfen sondern auch ein friedliches Leben führen — es steht uns genauso zu — wie den Juden außerhalb Israels, die in den letzten Jahren fast überall in der Welt unbeschwert leben durften. Israel ist vor allem da, jüdisches Leben zu verteidigen und zu schützen. Wir haben auch fast eine Million aus der ehemaligen UdSSR integriert. Wo immer es einen Angriff auf jüdischen Gemeinden geben sollte, würden wir eingreifen. Wir sind da mit unserer Macht. Wir sind aber auch stets bereit zu helfen, dort wo man unsere Hilfe in Anspruch nimmt wie in Kosovo, in Bosnien, in Ruanda, beim Erdbeben in der Türkei. Israel, das kleine Land, war sofort zur Stelle, als man es benötigte. Die moralischen Werte, unsere Existenzberechtigung legitimieren wir mit dieser Bereitschaft, in Not geratenen Menschen zu helfen.

INW: In ihren Ausführungen gingen sie auch auf den Besuch des Papstes ein, der in Israel sehr positiv bewertet wurde. Wie beurteilen Sie die derzeitige Lage in Österreich und die Beziehungen zu Israel?

RABIN: Wenn wir heute von Versöhnung — siehe auch die großartige Atmosphäre beim Papstbesuch — und wir von einem anderen neuen Europa sprechen und auch die Veränderungen im Nahen Osten in Betracht ziehen, dann ist Osterreich leider im Moment ein Kreuz. Ich persönlich bin für den Boykott, der sich jedoch nicht auf der Ebene der Bevölkerung wie Jugendaustausch oder der Verwirklichung von Projekten beziehen sollte. Wenn heute ein Mann wie Haider aufsteht, dann ist es viel weniger eine Drohung als in der Vergangenheit, als es noch kein Israel gab. Haider tut es zwar im Moment nicht, weil es ihm nicht opportun scheint, aber wir wissen, dass er ein Antisemit und Fremdenhasser ist, sollte er seine Taktik ändern, so wissen die Juden, dass ihnen Israel jederzeit offensteht.

Herzlichsten Dank für das Gespräch.

Illustrierte Neue Welt Illustrierte Neue Welt
Judengasse 1a
A-1010 Wien

haGalil onLine 07-05-2000

 


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