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Judentum und Israel
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Ma'ariw Oktober 1995

Rabins Ermordung - ad acta:
Das Andenken kann warten

Der Prozess gegen den ehemaligen Shabak-Agenten Avishai Raviv, der verdächtigt wurde, er habe Informationen über Yigal Amirs Absicht, Premier Rabin zu töten, zurückgehalten, endete diese Woche mit Freispruch.

Im Rahmen des Prozesses, berichtete der Rabin-Mörder Yigal Amir Ende letzten Jahres, der Abgeordnete Beni Elon sei in die Pläne eingeweiht gewesen. Diese Aussage, schon in normalen Zeiten ungeheuerlich, hätte den Wahlkampf beeinflussen können oder müssen. So der erste Gedanke. Geschehen ist jedoch nichts. Das Thema wurde nicht weiter vertieft. Die Frage ob der Mörder nicht einfach auch ein Lügner sei oder vielleicht doch die Wahrheit sage und Beni Elon, inzwischen Minister für Tourismus, in ein Mordkomplott verwickelt, blieb unbeantwortet. Genau genommen wurde sie gar nicht gestellt. Stille.

Diese Stille ist nicht neu. Sie folgte direkt auf den Schock des 4. November 1995. Bis dahin war jede Rede frei. Hetze, Verächtlichmachung, Verleumdung, Morddrohung. Nach dem Mord sollte jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden. David Levy rief panisch zur Ruhe auf. Ein Bürgerkrieg sei unter allen Umständen zu verhindern. Man dürfe niemanden beschuldigen, keine Namen nennen. Niemandem die Hetze vorwerfen, keine religiöse Autorität zur Verantwortung ziehen.

Wer sich nicht an diesen "nationalen Konsens" halten konnte oder wollte, wurde zum "Spalter der nationalen Einheit". Die Rechte generierte sich zum Opfer, dem man nun kollektiv einen Mord in die Schuhe schieben wolle, den doch niemand gewollt hatte. Viele nahmen es Lea Rabin übel, dass sie es ablehnte die Beileidbekundungen Benyamin Netanyahus entgegen zu nehmen. Netanyahus Hetze? - Darüber zu reden sei unfair.

Lea Rabins Warnung, man solle ernst nehmen was in gewissen Zirkeln gelehrt werde, wurde als Unkenruf einer verbitterten Witwe zur Seite geschoben. Der mörderische Terror der Suizidkommandos von Jihad und Hamas erlaubte es jede tiefergehende Diskussion als intellektuellen Luxus zu disqualifizieren. In der Zwischenzeit entstand der Ruf nach der Verurteilung der "Verbrecher von Oslo". Die Linke schwieg, als schäme sie sich dafür, jemals an einen Friedensprozess geglaubt zu haben. Eine genaue und öffentliche Analyse des Scheiterns von Oslo unterblieb. Bis heute liegen keine offiziellen Karten oder Protokolle zu den Angeboten und Forderungen von Camp David vor.

Genauere Untersuchungen und Analysen finden sich in akademischen Publikationen oder als Fussnote der Geschichten. Die Fragen "was wollte Rabin?", "wie weit wäre er gegangen?", "wieso glaubte er an den Partner Arafath?" und "wie konnte Lea Rabin Arafath als Familienmitglied bezeichnen?", blieben unbeantwortet. Wie kommt es, dass die meisten der damals an den Verhandlungen Beteiligten in Arafath durchaus noch einen Partner sehen können und trotzdem zum Slogan "Arafath ist kein Partner!" immer wieder betreten schweigen? Wie großzügig war Baraks Angebot, und wieso hat es Arafath nicht angenommen, wenn er doch eine "Salamitaktik" verfolgt und Stück um Stück ganz Israel zerstören will?

Ein Leitartikel in Jedioth achronoth thematisiert anlässlich des Raviv-Freispruchs das "Andenken Rabins":

"Der Raviv-Prozess war wohl der letzte, der im Zusammenhang mit der Ermordung Rabins stattgefunden hat. Der Kampf um das Andenken Rabins ist jedoch noch nicht vorbei. Die Ermordung war ein traumatisches Erlebnis, das jedoch in unserem kurzen kollektiven Gedächtnis untergegangen ist.
Über sieben Jahre sind seit dem Mord vergangen, und die Bücher, die sich damit befassen, können nicht einmal ein halbes Regal füllen. Weil es bei uns keine öffentlichen Diskussionen gibt, überlassen wir komplexe Themen lieber Gerichten und Untersuchungskomitees.

In der israelischen Rechten hat sich kaum jemand Rechenschaft darüber abgelegt, wie in ihrer Mitte Leute entstehen konnten, die bereit sind, einen Premier des Staates Israel zu ermorden. Die Linke hat ihr dabei geholfen, indem sie sich obsessiv mit der "Hetze" befasste, so als sei Jigal Amir nicht von religiösem Fanatismus getrieben worden, sondern sei unter dem Einfluss einer scharfen politischen Diskussion gestanden.
Ein Volk, das kein Bewußtsein und keine Gesprächskultur hat, versteift sich auf heiße, politische Diskussionen, über die Roadmap oder den Trennzaun. Früher pflegte man zu sagen, dass Themen wie Gesellschaft und Identität erst behandelt werden, wenn wir Frieden haben werden. Es scheint, auch das Andenken Rabins wird auf diesen Tag warten müssen, der sich immer weiter entfernt".

dg / hagalil.com / 02-04-03

Es gibt eine Chance für den Frieden - eine grosse Chance!
Jesh Sikuj leSchalom - Sikuj gadol!


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