SZ vom 15.11.1997 UN-Vollversammlung verurteilt
Siedlungsbau
Bonn stimmt erstmals gegen Israel
Nur noch Mikronesien und die USA unterstützen Jerusalem
ub. Bonn (SZ) – Bei der vierten Verurteilung der
israelischen Siedlungspolitik in Ost-Jerusalem und im Westjordanland durch
die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat Deutschland erstmals
zugestimmt. Bonn gab ebenso wie Moskau die bisherige Politik der
Stimmenthaltung auf, nachdem es in der Nacht zum Freitag gelungen war, eine
allgemeine Formulierung über die Verurteilung des Terrorismus in allen
seinen Formen in den Resolutionstext aufzunehmen. Der Text sei außerdem in
deutlich gemäßigterer Sprache abgefaßt als die bisherigen Resolutionen, hieß
es im Auswärtigen Amt.
Für die Verurteilung Israels stimmten 139 Staaten. Die
USA, der pazifische Kleinstaat Mikronesien und Israel selbst stimmten
dagegen. 13 Länder enthielten sich der Stimme. In der Resolution wird
Israel als „Besatzungsmacht“ bezeichnet und insbesondere der Bau neuer
Siedlungen in Ost-Jerusalem kritisiert. Außerdem wird die Einberufung
einer Konferenz der 188 Staaten gefordert, die die Genfer Konvention von
1949 über den Schutz von Zivilisten in Kriegszeiten unterzeichnet haben.
Nach palästinensischer Auffassung verletzt Israel die Konvention durch
die Blockade der Autonomiegebiete, die Siedlungspolitik und durch das
Auftreten seiner Armee in diesen Gebieten.
Das erstmalige Mitwirken Bonns bei einer Verurteilung
Israels in den Vereinten Nationen wird mit der weitgehenden
Unbeweglichkeit der Regierung Netanjahu in der Siedlungsfrage begründet.
Die Bundesregierung hatte allerdings schon zuvor Israels
Siedlungspolitik als völkerrechtswidrig kritisiert. Im Auswärtigen Amt
wurde daran erinnert, daß Außenminister Klaus Kinkel wiederholt ein
Moratorium gefordert habe, zuletzt beim Besuch von
Palästinenserpräsident Yassir Arafat. Insbesondere die Siedlungspolitik
dürfte zu den Themen des Gesprächs gehören, zu dem Bundeskanzler Helmut
Kohl Benjamin Netanjahu für den 4. Dezember nach Bonn eingeladen hat.
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