Rabbinerinnenkonferenz in Berlin:
Wie steht's mit der Frau im Judentum?
Es war ein wahrhaft
historisches Ereigniss. BET DEBORA veranstaltete die erste
Rabbinerinnenkonferenz überhaupt. Viele Risse in jüdischen Gemeinden im
deutschsprachigen Raum wurden thematisiert. Aus England und den USA,
aus Israel, der Schweiz, Österreich und vielen anderen Ländern waren die
fast 200 TeilnehmerInnen angereist.
Während das Judentum in der Schweiz
Judentum tief verwurzelt erscheint und sich dadurch einiges an Liberalität
zu leisten scheint, ist in Deutschland die "Einheitsgemeinde" staatliches
Gesetz. Liberale Gemeinden führen unweigerlich zu Brüchen, wie die
Gemeinde in Hannover beispielhaft zeigt.
Die meisten jüdischen Gemeinden in
Deutschland sind "NON OBSERVANT ORTHODOX", wie es Andreas Nechama,
Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, treffend ausdrückte. So
wartete Ignaz Bubis schon mal zu Rosch haSchanah auf den damaligen
deutschen Verteidigungsminister Volker Rühe, der im Hubschrauber 'vom
Himmel' kommen sollte (beschrieben v. Michael Wolffsohn in seinem Buch
'Meine Juden, deine Juden').
Seit
1945 war und ist Bea Wyler die erste Rabbinnerin im deutschsprachigen
Raum. Die Schweizerin waltet ihres Amtes in Oldenburg. Im Vergleich zu
manchen ihrer Kolleginnen wirkt sie geradezu 'orthodox'. Bea Wyler ist,
wie sie immer wieder betont, nicht die erste Rabbinerin überhaupt. Diese
war Regina Jonas, die
in Auschwitz umgebracht wurde. Ihrem Andenken war die Konferenz in Berlin-
Mitte im Centrum Judaicum gewidmet.
Feministische Ansichten?
Auf die Frage nach ihrer Einstellung
bezeichneten sich einige der anwesenden als Feministinnen. So zum Beispiel
Sybill Sheridan aus London. Interessante Perspektiven ergeben sich in
Osteuropa. Die in St.Petersburg geborene Nelly Kogan aus Minsk hält einige
Teile der großen jüdischen Gemeinde in Belarus zusammen. Eine eigene
Zeitung (MESUSA) und vielfältige gesellschaftliche Aktivitäten werden von
der liberalen Gemeinde wahrgenommen.
Rabb. Dr. Sybill Sheridan
(Leo Baeck College, London) |
Rabb. Bea Wyler
(Jüdische Gemeinde, Oldenburg) |
Die Amerikanerin Jane Kanarek
schliesst gerade ein Jahr als Vortragende in einer Universität in Moskau
ab. Ihre Arbeit ermöglicht tiefe Einblicke in jüdisches Leben im heutigen
Russland. In Moskau gibt es keine liberale Synagoge. So ging die junge
Rabbinnerin in die große Synagoge, und führte interessante Dialoge, wie
sie gerne berichtet. Katalin Kelemen, Rabbinerin aus Budapest, stellt eine
Änderung der jüdischen Indentität in der postkommunistischen Gesellschaft
fest.
Nelly
Kogan (l)
(Gemeinde für progressives Judentum
"Simcha", Minsk)
Rabb.
Katalin Kelemen (r)
(Jüdische Gemeinde "Szim Salom",
Budapest)
Abb.: haGalil onLine |
|
Dialog mit der Orthodoxie?
Als strittigste Punkte wurden immer
wieder Konversionen und die Behandlung der Frau durch Batej Din zur
Sprache gebracht. Eine Brücke zur Orthodoxie wird gesucht, dieses Bemühen
scheint aber einseitig von Seiten der liberalen Gemeinden auszugehen.
Sollten Männer in den jüdischen Gemeinden verunsichert sein, wenn Frauen
mehr Verantwortung und Mitsprache fordern? Wenn Männer sagen: 'Das dürft
Ihr nicht', frage ich: 'Wo steht es geschrieben?', so Sybill Sheridan.
Wie geht’s weiter?
Organisatorin Elisa Klapheck kündigte
ein Buch an. Daniela Thau aus England möchte eine Internetseite von
BET DEBORA einrichten. Ausgewählte Kommentare zur Konferenz
sind unter
http://www.hagalil.com/brd/berlin in Kürze abrufbar.
Übrigens: Die Frage nach der
politisch korrekten Bezeichnung in Jiddisch für den Mann einer Rabbinerin
konnte im Laufe der Konferenz nicht geklärt werden. Rebbetz, Rebbetzer...?
haGalil onLine - 07-99 |