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PRAHA -
PRAG -
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Schalom Ihr Lieben,
woran erinnerte ich mich, als ich
diese Seiten in haGalil entdeckte! Die wunderbare Josephstadt mit der
schönen Parizska, die Celetná ulice zwischen dem Prasná Brána und dem
Staromestske Namesti, das unbeschreibliche, prachtvolle Obecni dum in
dem es sich auch sog. kleine Leute ein bißchen gutgehen lassen konnten
(jedenfalls hatte ich immer diesen Eindruck). Die zweihundertjährige
Eigenart, daß die Häuser immer zwei Hausnummern haben, die sog.
Konskriptionsnummer seit 1770 und die in der jeweiligen Straße
fortlaufende Hausnummer fand ich auch immer eigenartig.
Drei Ecken hinter der Teynkirche
gab es einen Laden wie es ihn in Ostberlin niemals hätte geben können:
das Geschäft des Herrn Capek. Tagsüber war vor dem Laden eine
Sitzbadewanne angekettet, wie ein Hofhund, der aber, im Gegensatz zu
einem wirklichen Hofhund, Fremde nicht verbellen sollte sondern
freundlich einladen. Hier wurde einem der tiefe Zusammenhang zwischen
den Wörtern Laden und Einladen erstmals so richtig deutlich. Herrn
Capeks Laden war, Ihr werdet es wissen, bis an den Rand, bis in jeden
Winkel und jede dunkle Ecke gefüllt mit Eisenwaren aller Art. Ich hatte
immer den Eindruck, daß der Laden so voller Eisen ist, daß er Magnete
anziehen müßte. Wo habe ich jemals einen Laden gesehen, der ein eigenes
Gästebuch hat?
Und dann im Städtischen Museum:
Prag von oben. Auf 52 Quadratmeter Prag aus der Vogelsicht. Antonin
Langweil: wer hat seinem Namen jemals weniger Ehre gemacht, als dieser
Prager Beamte! In acht Jahren dieses phantastische Werk zu schaffen! Für
ihn fing die Stadt noch beim Pulverturm an. Davor lagen Felder. Die
Moldaubrücke war noch nicht nach Kaiser Karl benannt. Der Veitsdom hatte
noch nicht seinen Turm; der Singende Brunnen ist aber schon da. Ewiges
Rätsel: wie baut man ohne Fesselballon und Satellitenphotos ein solches
Modell?
Und der Vysehrad, der Hanavský-
Pavillon, der Petrin- Hügel, Strahov, die goldene Weltkugel auf dem
Clementinum, gehalten vom Riesen Atlas, und, und, und.....
Übrigens war mir der neben dem
Olsanské hrbitovy gelegene Jüdische Friedhof immer viel lieber als der
Touristen- Friedhof an der U Starého Hrbitova. Nicht nur wegen des
Grabes Kafkas und seiner Eltern und der kleinen Gedenktafel für seinen
Freund und Biographen, dem Retter seiner Schriften oder wegen des Grabes
von Ota Pavel, sondern auch weil er mich sehr an unseren Weißenseer
Friedhof an der Herbert-Baum-Straße erinnert. Die gleiche eigentlich
unzulässige aber nicht uncharmante Hinfälligkeit, deren traurige Ursache
jedermann bewußt ist.
Und die Kleinseite! Die
Dachlandschaft, die nicht zu beschreiben ist. Die Gewürzhandlung der
Genossenschaft Druchema! Wo gab es in Ostberlin eine duftende Straße wie
die Mostecká? U Salvatora mit der roten Hausnummer 53. Beim Erlöser gab
es einen alten Mann, der Vanillestangen, Muskat, Angula, Kurkuma,
kölnische Gewässer verkaufte. 100 g Salvae, Salbei, kosteten keine 3
Kronen!!! Ich sehe, ich muß sofort wieder Nerudas Kleinseitner
Geschichten lesen. Zum wievielten Male? Keine Ahnung. Na, Ihr seht, was
Ihr angerichtet habt: Eine Tafel voller schöner Dinge! Danke dafür. Wer
weiß, wann ich jemals wieder darauf gekommen wäre.
Und, sehr im Gegensatz zu
Budapest, wurde der DDR- Mensch nicht wie ein Trottel ohne Westgeld
behandelt. Begeistert hat mich immer die Freundlichkeit und
Hilfsbereitschaft. Vater im Himmel, ich schreibe wie ein Greis, der über
alte Sagen berichtet und über den die Neuzeit hinweggerast ist, so dass
er nun mit zerzaustem Haar und zerrissenen Kleidern am Boden liegt!!!
Aber es ist so, dass ich die Stadt sehr geliebt habe. Allerspätestens ab
Veltrusy war da immer das Gefühl: jetzt fahren wir endlich wieder nach
Hause! Komisch, wie sich ein über so viele Jahre aufgebautes Gefühl
plötzlich auflösen kann.
Nun ja, es ist die Versonnenheit
und eine gewisse Trägheit mit der das Herz dieser Stadt schlug, die wir
jetzt so vermissen.
ot - berlin
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