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Jüdische Weisheit
 
 

JUDEN in der ehemaligen Tschechoslowakei

von Chaim FRANK

Renaissance

Als Böhmen 1526 an das Habsburgerreich fiel, enttäuschte auch Ferdinand I. (1526-1564) mit leeren Versprechungen die Hoffnung der Juden, denn die meisten Juden blieben rechtlos und hatten dafür auch noch eine harte Kopfsteuern zu entrichten. Im Jahre 1541 beschloß der böhmische Landtag alle Juden zu vertreiben, von denen lediglich 15 Familien, die wohlhabenden versteht sich, in Prag verbleiben durften; die aber für dieses Recht kräftig zu zahlen hatten. Verleumder beschuldigten die Juden, daß sie heimlich Schätze außer Landes brächten und daß sie im Krieg gegen die Türken als deren Spione sich betätigen würden.

Zwei Jahre später, also 1543, erfolgte eine Massenflucht der Juden, - vor allem in Richtung Polen, wo sie wohlwollend vom König Sigesmund aufgenommen wurden. Die Ausweisung der böhmischen Juden wurde durch ein allgemeines Geleit (Schutz) im Jahre 1543 widerrufen und ermöglichte eine erneute Rückkehr.

So verblieb Prag, für ganz Böhmen, als einzige Judengemeinde übrig, wo aber die Juden, auf Grund einer Verordnung Ferdinands I., vom 17. November 1551, auf der linken Brustseite der Oberbekleidung einen gelben runden Stoff zu tragen haben. Knappe 400 Jahre später sollte ein anderer Österreicher, Hitler nämlich, genau den gleichen Befehl erteilen, um die Juden mit einem gelben ''Magen David'' öffentlich zu diffamieren.

Bei diesen antijüdischen Gesetzen - auch wenn sie von katholischen Fürsten erteilt wurden - darf man nicht vergessen, daß im Hintergrund bereits Martin LUTHER (1483-1546) mit seinen antijüdischen Schriften große Wirkungen erzielte, ja den Katholiken teilweise sogar vorwarf ''mit Juden gemeinsame Sach zu treiben''

Anno 1576 bestieg Rudolf II (1552-1612) den Thron, hielt sich im Gegensatz zu seinen Vorgängern (außer Karl IV.) fast nur in Prag auf und machte aus ''seiner'' Kaiserstadt eine Zufluchtsstätte und europäisches Zentrum für Künstler und Wissenschaftler. Seine 25-jährige Herrschaft drückte nicht nur auf Prag, sondern auch auf die jüdischen Gemeinden einen positiv prägenden Stempel auf. Er hatte ein gewisses tolerantes Verhältnis zu den Juden und während seiner Regierungszeit blieb es im Prager Ghetto verhältnismäßig ruhig; Es kam zumindest zu keiner Vertreibung der Juden.

Etwa in dieser Zeit fällt das Licht besonders auf eine Persönlichkeit, die später mit Legenden und Sagen umwoben wurde: es handelt sich um den großen Rabbi Juda ben Bezalel Liwa, genannt Rabbi Löw, der zumeist lediglich mit der Golem-Saga in Zusammenhang gebracht wird.

Die ''Golem-Majße darf dabei ruhig in das Reich der Märchen und Phantastereien geschoben werden, denn sie entspricht überhaupt nicht den Tatsachen, sondern verdrängt vielmehr die wahre Leistung dieses großen Gelehrten. Der ''hohe Rabbi Löw'' (Abbreviation: MaHaRaL= Morenu (unser Lehrer) HaRav Löw) von Prag war ein außerordentlicher Talmudist, war einer der bedeutendendsten Pädagogen seiner Zeit und galt überdies als akribischer Moralist. Die Kabbala, als auch die Berechnung oder tätige Herbeiführung der Endzeit (wie die Sabbatianer es taten), lehnte er vehement ab.

Rabbi Löw, der 1525 vermutlich in Poznan oder deren Umgebung geboren wurde, war zunächst von 1553-73 Landesrabbiner von Mähren, und ging dann nach Prag, wo er eine Jeschiwa Beth HaMidrasch gründete. Sie stand an der Stelle, wo sich heute die Klausen-Synagoge befindet.

Von 1584-88, und 1592-97 ging er als Rabbiner nach Poznan und kehrte erst dann, als ihm eine Rabbinerstelle zugesagt wurde endgültig nach Prag zurück, wo er auch 1609 verstarb. Rabbi Löw reformierte grundlegend den Talmudunterricht und schuf Kreise, die sich eindringlich mit der Mischna beschäftigten. Bekannt wurde der Rabbiner vor allem mit seinem Werk ''Gur Arje'', das war eine Erläuterung zu RaSchIs (Salomon ben Isaaks) Pentateuch-Kommentaren. Zu Rabbi Löw's wichtigsten Schülern gehörte u.a. der aus Bayern stammende Talmudist Jom-Tov Lippmann HELLER (1579-1654) und der Historiker David ben Salomon GANS (1541-1613).

David Gans war gewissermaßen ein ''allround'' Genie, nicht nur im religiösen Bereiche, sondern auch in den profanen Wissenschaften, er war Mathematiker, Astronom und Geograph. In seiner historischen Abhandlung ''Zemach David'' (Sproß Davids) hielt er alle Ereignisse im Prager Ghetto fest. Gans ist auch der Verfasser der astronomischen Schrift ''Nechamat weNaim'' (lieb und angenehm) und verkehrte mit den bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit, u.a. mit Johann Kepler und Tycho Brahe. Durch seinen Schüler, David Gans, lernte Rabbi Löw den großen dänischen Astronomen Tycho BRAHE kennen - den Kaiser Rudolph II. nebst anderen an seinen Hof geholt hatte - und wurde mit ihm befreundet.

Und auch noch einen Namen muß ich hier nennen, nämlich Marek Mordechai ben Samuel MAYZL. Der 1528 im Ghetto geborene Kaufmannssohn Mayzl war Primas, Finanzier, Bauherr und Mäzen der Judenstadt, der überdies eine besondere Gabe im Umgang mit Menschen hatte. Er starb 1601 in Prag.

Die Inschrift auf seinem Grabmal besagt eigentlich alles über ihn:

''Seine Barmherzigkeit kannte keine Grenzen, war mit Leib
und Seele wohltätig. Er erbaute ein Heiligtum, einen
Tempel, Bäder und Spitäler, er ließ die Straßen mit
Steinen pflastern, in unserer jüdischen Stadt. Und er
kaufte einen Garten, um dort einen Friedhof anzulegen,
er erbaute ein Versammlungshaus für die Weisen und er
widmete seine Gunst Zehntausenden Gelehrten der Heiligen
Schrift.''

Die 1592 errichtete Synagoge fiel am 21. Juni 1689 einem Brand zum Opfer.

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