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Illustrierte Neue WeltSYRIEN HAT KEINE BOTSCHAFT

Premierminister Ehud Barak bewies, dass er ein unberechenbarer Politiker ist. Mit einem historischen Regierungsbeschluss wird er wider Erwarten eines seiner wichtigsten und unglaubhaftesten Wahlversprechen einhalten. Im erhitzten Wahlkampf des letzten Jahres versprach Barak, alle israelischen Truppen innerhalb eines Jahres aus dem Libanon abzuziehen. 

Zu oft hörten Israelis solche Aussagen, um sie nicht als Versprecher abzutun. Nun mutierte der Versprecher zum Versprechen, welches mittels der nun offiziellen Entscheidung bis Ende Juli zur lange ersehnten Wirklichkeit werden wird. Mit dem Abzug der israelischen Truppen aus dem Süden Libanons wird die 18jährige Besetzung enden. Dies geschieht im völligen Einklang mit den Forderungen der UN Resolution 425 und aller arabischen Nachbarn. Dem Betrachter mag es deshalb befremdlich erscheinen, dass gerade der betroffene Libanon, die Hisbollah und deren Schutzmacht Syrien auf die Kundgabe des Kabinettsbeschlusses nicht nur verhalten, sondern sogar mit offenen Drohungen reagierten.

Nach dem 6-Tage-Krieg und dem schwarzen September von 1970, in welchem sie aus Jordanien vertrieben wurden, blieb den Palästinensern nur noch der schwache Libanon mit seiner Grenze zu Israel als Ausgangspunkt für bewaffnete Übergriffe. Hier nahm sich die PLO vollkommene Freiheit. Es häuften sich die palästinensischen Angriffe an der ehedem friedlichen Nordgrenze Israels. Israel war nun vor ein großes Problem gestellt, denn die bisherige Doktrin konnte im Falle Libanons nicht mehr angewandt werden. Im Libanon existierte keine starke zentrale Regierung, an die man schmerzvolle Signale senden konnte, damit sie die Aktionen der PLO verhindere. Die häufigen Attacken gegen Israel (allein 1982 fielen mehr als 1000 Katyusha Raketen auf den Norden Israels) zwangen Israel zur Invasion von 1982, deren Ziel es war, die PLO auch aus dem Libanon zu vertreiben.

Doch diesmal steckten sich die Israelis ihre Ziele zu hoch: man wollte zusätzlich eine israelfreundliche christlich-maronitische Regierung in Beirut einsetzen und mit ihr einen Friedensvertrag unterschreiben. Die Schiiten, welche die israelische Invasion anfänglich begeistert begrüßten, nahmen Anstoß an dieser Politik und wurden letzt endlich zu den Feinden Israels. Israel zog sich alsbald bis in die heutige Sicherheitszone zurück, deren Sinn es war, künftige Raketenattacken auf Israels Norden zu verhindern. Dabei erklärte Israel wiederholt, dass es keine territorialen Ansprüche im Libanon hege.

Nun betraten die Syrer die libanesische Bühne. Libanon wurde seit jeher von den Syrern als ein koloniales Kunstgebilde betrachtet. Die Schaffung dieses Staates war ein historischer Fehler, den es zu beheben galt. Doch war Syrien immer schlau genug den Libanon nicht einfach zu erobern. Das Chaos nach dem israelischen Rückzug bot den Syrern die erwünschte Gelegenheit, im Libanon den Ordnungshüter zu markieren. Dies geschah mit dem stillen Einverständnis Israels und der USA, in deren Augen jedwede stabile zentrale Regierung dem damaligen Chaos vorzuziehen war. De facto ist heute der Libanon ein syrisches Protektorat, in welchem keine Maus niest, ohne dass ihr nicht vorher ein syrischer Geheimagent ein Taschentuch reicht. Nicht zufällig gibt es in Beirut keine syrische Botschaft, so wie es in Hamburg keine deutsche Botschaft gibt.

Für die Syrer sind die Attacken 
der Hisbollah auf israelische Soldaten
im Südlibanon ein bequemer 
indirekter Druck auf Israel.

Die syrischen Interessen im Libanon sind vielfältig: zum einen haben die Syrer wie schon erwähnt ein historisches Interesse. Hinzu kommen wirtschaftliche Interessen: im Libanon arbeiten mehr als 1.000.000 syrische Gastarbeiter, deren Gelder die marode syrische Wirtschaft auf den Beinen halten. Hohe ausländische Investitionen im Libanon fließen so in die Wirtschaft des Paria Staates indirekt ein. Im Bekaa-Tal blüht der Mohn, der weiteres Geld aus Drogengeschäften in die syrische Wirtschaft einfließen läßt. Des weiteren macht Hafez Assad, dessen Macht in Syrien sich hauptsächlich auf die Armee stützt, vom Libanon wie ein feudaler Herrscher Gebrauch. Dort werden regierungstreue Offiziere mit hohen Posten belohnt. In ihren Lehen gebieten die Offiziere wie absolute Herrscher und können sich persönlich bereichern. Hinzu kommt Syriens Interesse am Libanon in Hinsicht auf Israel. Seit dem Yom Kippur-Krieg von 1973 herrscht an der israelisch-syrischen Grenze Grabesstille. Assad möchte sein Land nicht israelischen Vergeltungsschlägen preisgeben, und bewahrt hier deshalb Ruhe. Diese Ruhe jedoch ist ein zweischneidiges Schwert. Denn mit diesem kalten Frieden an ihrer Nordgrenze können die Israelis sehr gut leben. Eine ruhige Grenze bedeutet gleichzeitig weniger Druck auf die israelische Seite, und dies bedeutet weniger Bereitschaft, die Golanhöhen voll und ganz an Syrien zurückzugeben.

Die Rückkehr der Syrer auf die Golanhöhen ist für Assad aber noch eine zentrale Lebensaufgabe. Die von den Iranern finanzierte libanesische Hisb-Allah (Partei Gottes) ist somit für die Syrer wahrlich ein Geschenk Gottes. Die Hisbollah vertritt zwar ihre ureigenen Interessen im Libanon. Sie ist in erster Linie ein Vertreter der libanesischen Schiiten und hat sogar ihre eigenen Vertreter im libanesischen Parlament. Hisbollahs Kampf gegen Israel ist zwar auch ein Kampf gegen eine Besatzungsmacht, bedeutet aber für die Hisbollah in erster Linie innenpolitische Legitimation und Anhängerschaft. Aus diesem Grunde fürchtet die Hisbollah den Rückzug israelischer Truppen.

Für die Syrer aber sind die Attacken der Hisbollah auf israelische Soldaten im Südlibanon ein bequemer indirekter Druck auf Israel. Alle Seiten wissen, dass heute die Syrer die absoluten Herrscher im Libanon sind. Die Hisbollah bezieht ihre Versorgung aus Iran über den Flughafen von Damaskus, und ihre Ausbildungslager liegen alle in syrisch kontrollierten Gebieten. Mit dem jetzt beschlossenen einseitigen Rückzug Israels aus Libanon entzieht Barak der Hisbollah ihren Raison d'etre (alle anderen bewaffneten Milizen Libanons wurden schon vor langer Zeit aufgelöst) und den Syrern eine vorzügliche Trumpfkarte. Kein Wunder deshalb, dass der syrische Außenminister vor einem einseitigen israelischen Rückzug warnte und ihn sogar Selbstmord nannte.

Assad versteht heute, dass der Rückzug Israels seine Position auf zweierlei Weisen schwächt: 

  1. Zum einen wird Israel direkt syrischen Interessen im Libanon schaden können, wenn es denn weiterhin von hier belästigt werden wird. 

  2. Zum anderen erwachen auch Zweifel an der Legitimität des Verbleibens syrischer Truppen auf libanesischem Boden. 

Erste Stimmen in dieser Richtung sind schon im französischen Parlament laut geworden. Obwohl der Rückzug aus dem Libanon somit viele Gefahren für die Bürger Nordisraels in sich birgt und manche sogar einen imminenten Krieg mit Syrien befürchten, scheint Baraks Entscheidung doch ein brillanter Schachzug zu sein, der die israelische Position nicht nur moralisch und innenpolitisch stärken wird, sondern auch die syrische Position in Bedrängnis bringt und somit für Israel außenpolitische Früchte tragen kann.

Gil Yaron

haGalil onLine 08-05-2000


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