Ahmadinejads Tod hätte nichts geändert

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Im iranischen Präsidialamt hat man gestern die Berichte über ein Attentat auf Präsident Mahmoud Ahmadinejad geleugnet und behauptet, die hörbare Explosion habe von Feuerwerkskörpern hergerührt. So berichtete die offizielle iranische Nachrichtenagentur IRNA. Der Meldung nach seien die Knaller von einem begeisterten Anhänger des Präsidenten geworfen worden, der ihm bei seinem Besuch in der Stadt Hamedan im Nordwesten des Landes eine Freude machen wollte…

Von Yossi Melman, Haaretz v. 05.08.10

Vor Veröffentlichung der offiziellen Mitteilung war in vielen Berichten außerhalb des Irans die Rede von einem Attentatsversuch auf den Konvoi des Präsidenten, der im Al-Quds-Stadion der Stadt zu reden gekommen war. Einem Teil der Berichte zufolge wurden auf den Präsidentenkonvoi eine Handgranate geworfen, einem anderem zufolge explodierte ein Sprengkörper, der jedoch nicht den Wagen des Präsidenten beschädigte, sondern den Minibus mit den ihn bei dem Besuch begleitenden Journalisten. Denselben Berichten nach wurde ein Mann auf der Stelle festgenommen, während einige andere verletzt wurden.

Alle internationalen Medien, einschließlich derer in Israel, gaben sich nicht mit einem Bericht über den Attentatsversuch zufrieden und boten unterschiedliche Kommentare dazu auf, wer ggf. dahinter stehen könnte. Ahmadinejad selbst nahm überhaupt nicht zu dem Vorfall Stellung, und der Konvoi setzte seinen Weg zum Stadion fort, wo der Präsident seine direkt übertragene Rede hielt. Der Vorfall ereignete sich einige Tage nachdem er Journalisten erzählt hatte, Israel stünde hinter einer Verschwörung, die nach seinem Leben trachte.

Abgesehen von einem Attentatsversuch auf den Präsidentenkonvoi durch die Jundallah (‚Soldaten Gottes‘) in der Region Belutschistan ist bislang noch nie über ein versuchtes Attentat auf Ahmadinejad berichtet worden, der seit fünf Jahren im Amt ist. Dennoch haben der Präsident selbst und Sprecher des Regimes wiederholt behauptet, dass der Mossad, die CIA oder der MI6 aktiv nach seinem Leben trachten würden.

Auch wenn ein wirklicher Anschlagsversuch verübt worden und auch wenn die Ermordung des Präsidenten geglückt wäre, hätte dies doch den Weg, dem der Staat folgt, nicht wirklich verändert. Der Iran ist ein Staat, in dem die Regierungsordnung in der Verfassung festgeschrieben ist und Machtübertragungen gehen geregelt vonstatten. Was noch wichtiger ist: Die größte Macht im Staate liegt in den Händen von Chameini, so dass im Falle eines erfolgreichen Mordanschlags der Tod des Präsidenten keine Änderung im iranischen Atomprogramm oder in der Außenpolitik herbeiführen würde. Auch würde ein Attentat auf den Präsidenten den Iran bestimmt nicht von einer islamischen Republik zu einer anderen Staatsform bringen.

Man kann annehmen, dass die Geheimdienste auf der Welt dies wissen, und insofern sind die Aussichten, dass ein westlicher Geheimdienst ein Attentat auf Ahmadinejad plant, äußerst gering. Außerdem lässt sich kaum annehmen, dass es außer Israel einen Staat gibt, dessen Regierung ihrem Geheimdienst die Planung einer solchen Aktion gestatten würde. Und auch Israel hat über die Jahre überaus maßvoll agiert, wenn es um die Liquidierung politischer Führer ging (im Unterschied zur Liquidierung von Terrorführern).

Israel ist in der Geschichte nur in einige wenige isolierte Versuche dieser Art und Absicht involviert gewesen: Die bekanntesten Fälle sind Gespräche über die Liquidierung des ägyptischen Präsidenten Jamal Ab del-Nasser, die noch nicht einmal ein ernsthaftes Planungsstadium erreichten, und 1992 der Plan zur Liquidierung des irakischen Diktators Saddam Hussein, wobei auch dieser Plan noch nicht von Ministerpräsident Yitzhak Rabin bewilligt worden war und man bezweifeln kann, dass er dies jemals getan hätte. Auf alle Fälle ist der Unterschied zwischen Saddam Hussein und Ahmadinejad klar: Der irakische Führer war ein Alleinherrscher. Ahmadinejad ist nur eine wichtige Schraube im iranischen Regime, aber nicht die einzige.