Zwangsarbeit in Deutschland:
US-Firmen retten den
Entschädigungsfonds
Jetzt sind anscheinend doch zehn
Milliarden Mark im Entschädigungstopf. Die zusätzlichen zwei Milliarden
dafür kommen einem Zeitungsbericht zufolge allerdings nicht von deutschen,
sondern von amerikanischen Firmen wie Ford und General Motors. Deren
deutsche Tochterunternehmen hatten in der NS-Zeit Zwangsarbeiter
beschäftigt.
"Verdammt zum Erfolg"
oder doch zwei Milliarden mehr
München/Berlin /Hamburg - So
verfahren die Verhandlungen um eine angemessene Entschädigung der
NS-Zwangsarbeiter teilweise auch erschienen, geben sich jetzt doch alle
Seiten optimistisch. Am Montag werden die Opfer-Anwälte auf das deutsche
Angebot von acht Milliarden Mark antworten.
Das teilte der Münchner Anwalt
Michael Witti am Samstag in München mit. Zugleich zeigte er sich
optimistisch und hielt eine Einigung für möglich. Auch der Sprecher der
Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, Wolfgang Gibowski, bezeichnete
einen Durchbruch als denkbar.
Dem Berliner "Tagesspiegel" sagte
Witti, die Opfer-Anwälte würden am Montag eine Summe nennen, die zwischen
zehn und 15 Milliarden Mark liegen werde. Das Angebot werde so
aufgeschlüsselt, dass es für die deutsche Industrie akzeptabel sein könnte.
Witti: "Beide Seiten wissen, was auf dem Spiel steht und haben sich
aufeinander zu bewegt." Je nachdem, wie die Stellungnahme der Opfer-Anwälte
ausfällt, werden die Gespräche möglicherweise Anfang kommender Woche in
Washington fortgesetzt.
Witti sagte: "Es ist alles in einer
Endphase ... Wir hoffen, dass es zu einer Lösung kommt." Es werde eine
telefonische Absprache mit den US-Anwälten geben. "Dann legen wir unser Zahl
vor - mit den entsprechenden Argumenten." Es sei klar, dass die bislang von
den Opfer-Anwälten genannten Zahlen obere Werte gewesen seien, von denen
auch Abstriche gemacht werden könnten. Mit Blick auf die deutsche Seite
sagte Witti, er habe auch den Eindruck, diese halte "nicht mehr ganz starr"
an ihrem Angebot fest.
Auch US-Chefunterhändler Stuart
Eizenstat zeigte sich zuversichtlich, dass es doch noch zu einer Lösung
kommt. "Alle Parteien sind begierig darauf, das Problem so schnell wie
möglich zu lösen", sagte der stellvertretende US-Finanzminister der "Welt am
Sonntag". "Wir sind verdammt zum Erfolg, da bin ich mir mit (dem deutschen
Sonderbeauftragten Otto) Graf Lambsdorff völlig einig." Jedes Jahr würden
zehn Prozent aller Überlebenden des Holocausts sterben. Ihnen solle noch
etwas Gerechtigkeit widerfahren.Wie die "Welt am Sonntag" heute mitteilte
zeichnet sich nun eine Einigung im Ringen um die
Entschädigungszahlungen für NS-Zwangsarbeiter ab. Der Zeitung zufolge soll
der Entschädigungsfonds nochmals um zwei Milliarden Mark auf insgesamt zehn
Milliarden Mark aufgestockt werden. Der zusätzliche Betrag stamme aber dem
Vernehmen nach nicht von deutschen Firmen, sondern von mehr als 200
US-Firmen, deren deutsche Tochterfirmen in der NS-Zeit ebenfalls
Zwangsarbeiter beschäftigten. Darunter seien auch die Autokonzerne General
Motors und Ford, hieß es in der "Wams". Die Summe von zwei Milliarden Mark
sei bei einer Telefonkonferenz aller Opfervertreter am Freitagabend (MEZ)
grundsätzlich akzeptiert worden. Eine weitere und dann letzte
Telefonkonferenz soll es demnach am Montag geben. Danach wollten die
Opfer-Anwälte konkrete Zahlen vorlegen, hieß es. Der Münchner Opfer-Anwalt
Michael Witti sagte der Zeitung, dass über einen Beitrag amerikanischer
Firmen gesprochen worden sei. "Aber gesichert ist das bei weitem noch
nicht." Den genannten Betrag von zwei Milliarden Mark zusätzlich wollte er
nicht kommentieren.
Der Sprecher der Stiftungsinitiative
der deutschen Wirtschaft, Wolfgang Gibowski, sagte in Berlin er wüßte nicht
von dem Angebot der Amerikanischen Firmen und es bleibe bei dem Angebot von
acht Milliarden Mark.
Das Bundesfinanzministerium hat
mittlerweile einen Gesetzentwurf für eine Stiftung "Erinnerung,
Verantwortung und Zukunft" vorgelegt, der jetzt von den zuständigen Ressorts
und Fraktionen beraten werden soll. In dem Entwurf werden noch keine Zahlen
über die Höhe einer Entschädigung genannt.
PFS 12 Dezember 1999