Sicherheitsvorkehrungen reißen riesige
Löcher in die Gemeindebudgets:
Schutz jüdischer Institutionen umstritten
Von Wigbert Löer
Der Schutz jüdischer Institutionen
durch Wachdienste ist umstritten
Gerne spricht wohl niemand über
dieses Thema. Wenn sich Vertreter der jüdischen Gemeinden Deutschlands doch
einmal zur Sicherheit ihrer Einrichtungen äußern, muss deshalb einiges im
Argen liegen. In Berlin rufen derzeit die geteilten Verantwortlichkeiten
Widerspruch hervor. Der Staat, so hat es sich eingespielt, bewacht Synagogen
und Gemeindezentren von außen. Von innen sorgen die jüdischen Gemeinden
selbst für Schutz. So gut sie können.
Andreas Nachama, Vorsitzender der
Jüdischen Gemeinde zu Berlin, spricht zwar von einem "gemeinsamen
Sicherheitskonzept". Doch der Potsdamer Geschichtsprofessor Julius H.
Schoeps hält dagegen: "Das Gewaltmonopol liegt eindeutig beim Staat." Michel
Friedman vom Zentralrat der Juden lehnt die Aufgabenteilung ebenso ab. "Die
Sicherheitsvorkehrungen reißen riesige Löcher in die Gemeindebudgets."
Ein anderer Streitpunkt ist der
israelische Wachdienst in deutschen Synagogen. Berlins Staatsschutzchef
Peter-Michael Haeberer will auf das "hoch qualifizierte, gut trainierte
Personal mit Kampferfahrung" nicht verzichten. Doch exterritoriales Gebiet
wie die Botschaften sind die Synagogen nicht. In seltener Einigkeit
verwerfen deshalb die Berliner Parteien den Einsatz israelischer
Schutzstaffeln. Die öffentliche Hand könne und müsse ausreichend Schutz
gewährleisten, erklären die Innenexperten von CDU, SPD und Grünen. Dennoch
wird der Einsatz der Sicherheitsleute aus Israel verstärkt. In Kürze sind es
mehr als 20.
Bei der Diskussion um das "wie" gerät
eine Frage in den Hintergrund: Sind eigentlich alle jüdischen Einrichtungen
gleich gut bewacht? Andreas Poetke hat diesen Eindruck nicht. Sein Jüdischer
Kulturverein ist leicht zugänglich. Poetke hat auf Überwachungskameras und
Sicherheitsschranken verzichtet und so ein tatsächlich offenes
Begegnungszentrum für die verschiedenen Generationen geschaffen. Nur sind
die Vereinsräume eben gänzlich unbewacht. Ein privater Schutzdienst würde
die Vereinskasse sprengen. Und von den 1,5 Millionen Mark Sicherheitskosten,
die der Senat der Jüdischen Gemeinde in diesem Jahr überweist, sieht der
Kulturverein auch nichts. Er gehört nicht zur Jüdischen Gemeinde.
Sicherheit wird selektiv gewährt,
kritisiert Mario Offenberg, Sprecher der Israelitischen Synagogen-Gemeinde
zu Berlin. Das Zentrum der 1000 Gemeindemitglieder befindet sich in einem
Altbau aus dem Jahr 1904. Vor dessen Eisentor wacht ein Polizeibeamter,
dahinter ein Zivildienstleistender. Weitere Schutzvorkehrungen gibt es
nicht. "Die Sicherheit ist immer so groß wie das schwächste Glied der
Kette", sagt Offenberg und wartet weiter auf ein einheitliches
Sicherheitskonzept.
Wenn man das Gebäude der kleinen
Israelitischen Synagogen-Gemeinde mit dem jüdischen Restaurant "Oren"
vergleicht, werden Unterschiede deutlich. Das 120-Plätze-Restaurant gehört
der Jüdischen Gemeinde. Elektronische Kameras beobachten Eingangsbereich,
Wirtszimmer und Theke. Pächter Jossi Latte vertraut außerdem auf ein eigenes
Sicherheitskonzept. Bedroht fühlt er sich nicht.
Die Sicherheit ist so groß wie das
schwächste Glied der Kette. Auch Andreas Nachama sagt diesen Satz. Nur zieht
der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin einen anderen Schluss: Für ihn
sind alle jüdischen Einrichtungen in gleichem Maße geschützt.
Mehr Informationen zu den jüdischen
Gemeinden finden Sie im Internet unter:
http://www.hagalil.com.