Bundesverband Information und Beratung für NS Verfolgte
200 Millionen DM für
NS-Zwangsarbeit sind zu wenig:
Bundesverband enthüllt Interna der
Stiftungsinitiative
Listen
Presseinformation - 16.
November 1999 - Keines der 16 an der Stiftungsinitiative der deutschen
Wirtschaft "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft" beteiligten Unternehmen ist
bereit, mehr als 200 Millionen DM in die Stiftung einzuzahlen. Das hat der
Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte aus Kreisen der
Unternehmen erfahren.
Hierzu erklärt der Sprecher
des Verbandes, Lothar Evers:
Offensichtlich ist die deutsche Wirtschaft und selbst die 16 in der
Stiftungsinitiative zusammengeschlossenen Unternehmen nicht bereit, auf die
Überlebenden der NS-Zwangsarbeit zuzugehen, Schadenersatz für den
vorenthaltenen Lohn, die ruinierte Gesundheit und bleibende Behinderungen zu
leisten.
Jedes der KZ-Häftlinge beschäftigende
Unternehmen hat pro Jahr Lohnkosten im heutigen Wert von ca. 15.000 DM
gespart. Die jetzt bekannt gewordenen Zahlen machen erschreckend klar, daß
die industriellen Stifter offensichtlich nicht einmal diese ersparten
Lohnkosten an die Überlebenden zurückgeben wollen.
In der Öffentlichkeit ist zu wenig
bekannt, daß mit der von den Unternehmen angebotenen Summe von 4 Milliarden
DM keineswegs nur die Überlebenden der NS-Zwangsarbeit eine
Ausgleichszahlung erhalten sollen. Die Stiftungsinitiative verlangt, bevor
sie mit ihrer "humanitären Geste" beginnt, eine Freistellung auch von allen
anderen Verbrechen, in die deutsche Unternehmen verstrickt waren. Dabei geht
es u.a. um die von Chemie- und Pharmaindustrie initiierten
pseudomedizinischen Versuche in den Konzentrationslagern, die Ermordung von
Kindern der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in firmeneigenen Heimen
und nach dem Wunsch der deutschen Banken auch um den endgültigen
Schlußstrich unter deren Arisierungsgewinne.
Am 12. August 1998 endeten die
amerikanischen Prozesse gegen zwei Schweizer Großbanken mit einem Vergleich.
Die gegen die Schweiz erhobenen Vorwürfe - Unterschlagung von Konten und
Handel mit Raub- und Zahngold, Eigentumsdelikte also - sind mit dem
völkerrechtswidrigen Verhalten der deutschen Wirtschaft bei der
Beschäftigung von über 10 Millionen Sklavenarbeitern nicht zu vergleichen.
Deshalb hat der Nürnberger Gerichtshof das Sklavenarbeitsprogramm als
"Verbrechen gegen die Menschkeit" gekennzeichnet und den auf staatlicher
Seite hierfür verantwortlichen Fritz Sauckel zum Tode verurteilt.
Wenn die "Global Player" der
deutschen Wirtschaft einen rechtlichen Schlußstrich unter Sklavenarbeit,
medizinische Versuche und Kinderheimmorde ziehen wollen, so sollten sie sich
ein Beispiel an den erwähnten Schweizer Banken nehmen. Sowohl die Schweizer
Kreditanstalt, als auch die UBS-AG haben je mehr als 1 Milliarde DM für den
Schweizvergleich zur Verfügung gestellt. Das ist die Mindestsumme, die
deutsche Unternehmen für die Kompensation der Opfer der NS-Zwangsarbeit
anzubieten hätten.
Offensichtlich glaubt die deutsche
Wirtschaft, wenn sie nur lange genug von Moral und Gesten spricht, bei Geiz
und Kleinlichkeit nicht mehr erwischt zu werden.
Dank der Indiskretion von
Mitarbeitern aus den beteiligten Unternehmen ist dieser Versuch vereitelt
worden.
Wir fordern daher die Unternehmen der
Stiftungsinitiative auf, ihre Beiträge zur Initiative deutlich zu erhöhen.
Unbeschadet hiervon bleibt es eine Notwendigkeit, endlich die Mehrheit der
von der NS-Zwangs- und Sklavenarbeit profitierenden Unternehmen für
Zahlungen an ihre ehemaligen Opfer zu gewinnen.
P:S: Die Frankfurter Rundschau
veröffentlicht heute auf Seite 10 unter dem Titel "Ablass
zu Ausverkaufspreisen" eine ausführliche Zwischenbilanz von
Lothar Evers über die bisherigen Verhandlungen.
Rückfragen:
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