Goudstikker-Erben
führen Prozess um geraubte Kunst weiter:
Die Türe schließen und weiterziehen
18.10.99 - Den Haag - Die Erben
des einstmals größten Kunsthändlers der Niederlande Jacques Goudstikker
kämpfen weiter um dessen im Krieg geraubte Kunstsammlung. Vor dem Gericht in
Den Haag begann am Montag das Berufungsverfahren gegen den niederländischen
Staat um mehr als 150 Gemälde des jüdischen Kunstexperten.
"Hier geht es um Gerechtigkeit",
sagte Marei von Saher, Schwiegertochter der Goudstikker-Witwe Deisi, im
niederländischen TV. "Unserer Familie wurden Gegenstände weggenommen, und
die sollten zurückgegeben werden." Jacques Goudstikker war beim Einmarsch
der Wehrmacht in die Niederlande 1940 mit dem letzten Schiff nach
Großbritannien geflüchtet. Unterwegs kam der Kunstsammler ums Leben.
Sammlung Goudstikker weit unter Wert
verkauft
Seine in den Niederlanden
zurückgebliebene Sammlung wurde danach von Angestellten weit unter Wert
verkauft. Die besten Stücke, darunter einige Werke von Rembrandt, erwarb
Naziführer Hermann Göring buchstäblich für "einen Apfel und ein Ei." (DIE JR
berichtet Ende 1997 über den Fall)
Nach dem Krieg erhielt der
niederländische Staat von den Alliierten mehrere hundert Kunstwerke aus der
Goudstikker-Sammlung, die in Deutschland zusammengetragen worden waren.
Seine Witwe forderte vergeblich Rückgabe der Werke. Nach jahrelangen
juristischen Auseinandersetzungen mit Den Haag erklärte sie sich 1952 mit
einer Vergütung einverstanden und verzichtete auf weitere Ansprüche. Eine
angebliche Steuerschuld wurde vom Staat als Druckmittel eingesetzt.
"Es war, als ob man die Tür
schließen und weiterziehen möchte".
Die Übereinkunft von damals sei auf
unrechtmäßige Weise zustande gekommen, behauptet Marei von Saher. Deisi
Goudstikker sei zermürbt worden und habe endlich einen Schlussstrich ziehen
wollen, um ihr Leben woanders weiterführen zu können. "Es war, als ob man
die Tür schließen und weiterziehen möchte". Die Anwälte der Erben haben nun
nach eigenen Angaben neue Beweise für ihre Behauptung vorgelegt .
Erste Versuche der
Goudstikker-Angehörigen, wenigstens einen Teil der Bilder aus Kunstmuseen
der Niederlande zurückzuerhalten, waren bisher am Veto der Regierung
gescheitert. Das neue Verfahren könne durchaus als Präzedenzfall dienen,
meinte im TV der Historiker Gerard Aalbers. "Das wichtigste aber ist, dass
endlich ein Fall abgeschlossen wird, der seit mehr als 50 Jahren auf eine
Lösung wartet", sagte der Fachmann für Raubkunstfälle in den Niederlanden.
SLW / haGalil 10-99