Die Zeit der tiefen Teilung des Landes
scheint vorbei zu sein. Dieser überwältigende Sieg hat Barak viel Luft
gegeben und eine ordentliche Mehrheit ohne Abhängigkeit von den Haredim.
Rabbiner werden trotzdem in der Regierung vertreten sein, nämlich jene
der orthodoxen Meimad, die der Liste 'Israel-Achat' angehören.
Ein breites Aufatmen war bei vielen zu
spüren, keine hitzige Diskussion. Die Tage des Skandierens der 'Bibi -
König Israels' Chöre gehören nun der Vergangenheit an. Bemerkenswert
vielleicht noch das enttäuschende Abschneiden der Center-Party um
Mordechai, Shahak, Meridor und Milo mit nur sechs Sitzen in der nächsten
Knesset. Der ehemalige Verteidigungsminister, der im Januar auszog, um
Bibi zu stürzen, mußte sich am Tag vor der Wahl den Realitäten beugen
und seine Kandidatur zurückziehen. Die geniale Idee Milos, eine neue
Bewegung der Mitte, hatte schon lange am Image ihres erst später
dazugestoßenen Kandidaten Mordechai gelitten, der erklärte, daß "Rabbi
Ovadia" auch sein Rabbi sei und einmal speziel in der Knesset erschien
um mit den Ultra-Orthodoxen ein gegen die Sekularisierung gerichtetes
Gesetz durchzudrücken. Als er danach noch den Bart des Shass-Mentors
küsste war manche Sympathie dahin.
Wegen der als rücksichtslos empfundenen, auf
eigene Vorteils- und Machtbeschaffung ausgerichteten Tätigkeiten,
speziell der ShaS-Haredim, reagieren die meisten Israelis inzwischen
fast schon allergisch auf die Repräsentanten des orthodoxen
Establishments. Dies alles trotz weitverbreiteter Hochachtung vor der
Religion und der Tradition.
Ein neuer Stern heisst denn auch Yosef
"Tommy" Lapid, der erst vor acht Wochen bei SHINUI (Veränderung)
einstieg und die kleine Partei soweit brachte wie die Zentristen,
nämlich zu sechs Mandaten. Der bekannte Journalist und Kommentator hat
mit seinem strikt gegen die Ultra-Orthoxen und ihre Blockierung einer
vernünftigen israelischen Politik geführten Wahlkampf ziemlich viel
rausgeholt.
Daneben gehört aber gerade ShaS zu den großen
Gewinnern - mit 17 Mandaten (+7). Diese Tatsache erschreckt viele, die
in dieser (auch von Botschafter Primor als undemokratisch bezeichneten
Bewegung) und ihrer Symbolfigur Deri eine Gefahr für den Staat Israel
sehen. Der Wahlkampf der ShaS bezog sich ausschließlich auf die
Verurteilung Deris zu vier Jahren Gefängnis. Die Anklage gegen den Staat
an sich und die Linken im speziellen, Juden sephardischer Herkunft zu
hassen und nur deswegen Deri verurteilt zu haben, hat scheinbar gut
gewirkt. Am Demokratiedefizit dieser Bewegung wird Israel in den
nächsten Jahren arbeiten müssen, um nicht katastrophale Zustände zu
erreichen.
Das problematische an der Angelegenheit ist
unter anderem, daß der Innenminister zu dieser Partei gehörte und in
dieser Funktion behauptete der Oberste Gerichtshof mache Unfug, sei
g'ttlos richte nach rassistischen Gründen. Die Zeit der Shass im
Innen-Ministerium dürfte aber zu Ende sein. Das Ministerium wurde
Anatoli Nathan Sharansky (Israel B´Aliya) versprochen. Eine
Benachteiligung der russischen Einwanderer durch die ShaS-Beamten soll
verhindert werden.
Die ganzen Ausmaße dieser Entscheidung sind
noch nicht abzusehen, doch in zwei Wochen wird der US-Vermittler Indyk
nach Israel kommen und versuchen, den wichtigesten Pfad in der
israelischen Politik - BACK ON THE TRACK - zu bekommen: Frieden - Shalom
– Salam. Wie schnell das geht, wird man sehen, aber die Atmosphäre wird
sich schlagartig ändern.
Ben Atid