Journalist erhebt Anklage gegen Darsteller
wegen Volksverhetzung
Kopenhagen/Stockholm - Rassistische und antisemitisch anmutende
Texte im Stück "7:3" des schwedischen Autors Lars Noren haben zu einer
heftig geführten Kontroverse in den Medien und Strafanzeigen gegen zwei
Hauptdarsteller geführt. Die Zeitung "Politiken" berichtete am Donnerstag in
Kopenhagen ein Journalist hätte zwei bekannte ehemalige "Knackis", die
jahrelange Haftstrafen absassen, wegen "Volksverhetzung" angezeigt . Sie
spielen im Stück authentisch zwei Neonazis und machen aus ihren
Überzeugungen kein Hehl.
Noren ist wohl neben Per Olov Engqvist und Ingmar Bergman Schwedens
bekanntester Dramatiker. Seine Inszenierung von "7:3" hatte schon vor
der Premiere Aufsehen erregt, weil er den Text zusammen mit zwei
Strafgefangenen geschrieben hatte, die zu den brutalsten Schwerbrechern
in Schweden gerechnet werden.
Ein kunstsinniger Ästhet?
Carl Somonja war als Anführer einer unter dem Namen "Militärliga"
bekannten Verbrecherbande für zahlreiche Überfälle verantwortlich. Die
Mitglieder der Gruppe waren bei ihren Aktionen stets schwer bewaffnet
und schossen wild um sich, um ihren Opfern Angst einzujagen. Somonja und
ein weiterer Strafgefangener haben für die Aufführungen des Stückes
Urlaub vom Gefängnis erhalten. Sie bringen darin unter unter anderem
ihre Meinung zum Ausdruck, daß "Juden in Schweden nichts zu suchen
haben".
Der Bart scheint in Schweden endgültig ab. Zu lange wurden nazistische
Umtriebe durch den hervorragenden Ruf hinweggeredet. In Schweden hatten
Nazigruppen während des zweiten Weltkrieges Listen von Juden
angefertigt. Die Verwicklungen in Goldgeschäfte wurden evident. Eine
Studie zeigte Schwedens Schüler als ziemlich rückständig im Wissen um
die Shoah. Die Schwedische Regierung wurde aktiv, eine Konferenz
einberufen, an der unter anderem Yehuda Bauer von Yad Vashem und Efraim
Zuroff vom Wiesenthal Center Jerusalem teilnahmen. Es wurde beschlossen,
mehr für die Erziehung gegen Xenophobie und für Integration zu
unternehmen.
Die Aufregung um das Stück zeigt Risse und Brüche in einer
Gesellschaft, die sich sehr lange immun wähnte. Die Kritiken der
Tageszeitungen nach der Premiere offenbarten eine durchaus geteilte
Meinung der Kritiker. Lob gab es für die klare und ungeschminkte
Darstellung der Wirklichkeit im heutigen Schweden. Getadelt wurde, daß
Noren Neonazis eine Plattform im Theater gegeben und die Grenze zwischen
Fiktion und Wirklichkeit in unzulässiger Weise verwischt habe. Noren
meinte dazu: "Wie soll ich die Gegenwart darstellen, wenn ich nicht auch
Töne wiedergebe, die mir selbst vollständig fremd sind."
In der heutigen Wirklichkeit des Theaters ist es schwierig geworden,
eine wirkliche Provokation zu erreichen. Ist dieser Bericht denn
vielleicht ein weiterer Beweis dafür und eigentlich eine Werbung für ein
fragwürdiges Stück?