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Nachrichten
Aus der
Braunschweiger Zeitung
Ausstellung in Lüneburg
dokumentiert Odyssee und Untergang:
Jüdisches Ostpreußen -
zerstörte Welt
Von Toni Korporal
LÜNEBURG. Nur kurze Zeit
hatten die Menschen jüdischen Glaubens auf ostpreußischem Boden die
Gelegenheit, ein freies und menschliches Leben zu führen. Deutscher
Orden, Preußen-Regime und Nazi-Diktatur herrschten mit eiserner
Hand. Daß sich dort trotzdem immer eine kleine jüdische Minderheit
halten konnte, zeigt jetzt die Ausstellung "Juden in Ostpreußen",
die im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg eröffnet wurde. |
Wie rigoros
Nazi-Deutschland versucht hat, das jüdische Erbe auszulöschen, wird
deutlich, wenn man einen Blick auf die Liste der Leihgeber wirft.
Aus über 80 verschiedenen Quellen hat sich das Lüneburger Museum
Informationen und Material für die Ausstellung zusammensuchen
müssen. Die meisten Reliquien jüdischer Religion haben die
nationalsozialistische Vernichtungspolitik nicht überlebt. Eine
rühmliche Ausnahme bilden mehrere Leihgaben des New Yorker "Jewish
Museum", die aus einer Sammlung der jüdischen Gemeinde Danzigs
stammen und jetzt der Lüneburger Ausstellung zu sehen sind: unter
anderem ein 261 Jahre alter Zinnbecher von Christian Kohlenberg, ein
218 Jahre alter Zinnteller und ein silberner Spendenteller (177
Jahre). |
Leihgaben aus New York |
Hochkarätigste Leihgabe des
New Yorker Museums ist ein vergoldeter Becher der sogenannten
Beerdigungsbruderschaft, der Chewra Kaddischa. Die Gründung dieser
Bruderschaft 1704 markierte einst den Beginn des organisierten
jüdischen Lebens in Ostpreußen. "Darauf sind wir sehr stolz", sagt
Museumsdirektor und Ausstellungsautor Dr. Ronny Kabus. Die
wertvollen Stücke konnten 1939 aus Deutschland nach New York
gerettet werden - ein seltener Umstand. |
Eines der eindrucksvollsten
Stücke der Ausstellung ist ein über 200 Jahre altes Thoraschild aus
der Königsberger Synagoge. Das vergoldete Kunstwerk kam durch einen
Kauf der "Ostpreußischen Landgesellschaft" über den Umweg USA nach
Deutschland zurück. Thoraschilder haben einen besonders hohen
Stellenwert in der jüdischen Religion - sie dienen als Schmuck für
die Thorarolle, die heilige Schrift der Juden. |
Abseits solcher auch
kunsthistorisch wertvollen Exponate setzt die Ausstellung vor allem
auf die menschliche Seite der jüdischen Geschichte in den einstigen
deutschen Ostgebieten. "Uns geht es nicht so sehr um Texte und
Statistiken, sondern vor allem auch um menschliche
Einzelschicksale", sagt Autor Ronny Kabus. Manche dieser
schlaglichtartigen Ausschnitte aus der Biographie von ostpreußischen
Juden wirken bedrückend. Die Jüdin Hella Sass beispielsweise hat
währed der Nazizeit eine KZ-Odyssee von Theresienstadt über
Auschwitz nach Lenzing (Österreich) über sich ergehen lassen müssen.
Ihre zerschlissene Häftlingsjacke und ihr Eßnapf liegen heute in
einer Glasvitrine der Lüneburger Ausstellung. |
Schwierige Recherche |
Für das Museum war es
teilweise nicht leicht, bei den Überlebenden des Hitler-Regimes zu
recherchieren und an Ausstellungsmaterial zu kommen. "Die Leute
hatten Angst, sich von Dingen zu trennen, die ihnen ans Herz
gewachsen waren", berichtet Ronny Kabus, der die Ausstellung in
monatelanger Forschungsarbeit zusammengestellt hat. |
Jedoch hat sich die Arbeit
gelohnt. "Die bisherigen Aufsätze über Juden in Ostpreußen waren
immer thematisch, zeitlich oder regional begrenzt", so Ronny Kabus.
Die Ausstellung in Lüneburg ist nun die erste Gesamtschau. Sie
reicht von der Zeit, als der Deutsche Orden das Gebiet eroberte
(1231) über die Blütezeit im Kaiserreich und die Pogrome der
Nazizeit bis in die Gegenwart. Daß sich das Ostpreußische
Landesmuseum gerade in diesem Jahr mit den Geschicken der Juden
befaßt, kommt nicht von ungefähr. Ronny Kabus: "Das Datum bot sich
an, wir hatten den 60. Jahrestag der Reichskristallnacht." |
Die Ausstellung "Juden in
Ostpreußen" ist noch bis zum 28. März 1999 zu sehen. Das Ostpreußische
Landesmuseum befindet sich in Lüneburg in der Ritterstraße 10 (Tel. 0 41
31/75 99 50) und ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Ein 200seitiger Katalog erschien im Husum-Verlag.
http://www.newsclick.de/
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Donnerstag 26-11-98 |
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