Wieder neue Vorwürfe gegen
Litauen hervorgezogen
Während der Vorbereitungen von Präsident Valdas
Adamkus für seine Reise zur Sitzung der Generalversammlung der Vereinten
Nationen erschien eine Meldung des amerikanischen State Department, das
schwere Vorwürfe gegen Litauen wegen des schleppenden Vorankommens des
Lileikis-Prozesses enthält. Fast zur gleichen Zeit wurde mitgeteilt, daß
noch einem weiteren Litauer Morde an Juden zur Last gelegt werden,
nämlich Vincas Valkavickas.
Eine eindrucksvolle Behauptung schlug uns aus den
Meldungen der Nachrichtenagenturen entgegen: diese Person sei an
Massakern von 3.700 Juden beteiligt gewesen. Was ist in diesem Fall mit
dem Wort "beteiligt" gemeint? Hat er selbst gemordet, Mordbefehle
unterschrieben, kommandiert? Nein. Die Antwort lautet, er sei Wache
einer militärischen Einrichtung gewesen.
Worin besteht seine persönliche Schuld? Wer, außer
einem Gericht, kann diese Schuld nachweisen? Bisher verlautet nur so
viel, daß diese Person den Immigrationsbehörden nichts von seiner
Tätigkeit als Wache gesagt hat. Die Nichterwähnung biographischer
Angaben und die ihm zugeschriebene Rolle des Henkers sind aber zwei
völlig verschiedene Dinge!
Vor nicht allzulanger Zeit schrieben wir bereits
über die freche Lüge, die in verschiedenen amerikanischen Publikationen
verbreitet wurde. Dort wurde Alexander Lileikis für den Tod
Zehntausender und sogar hunderttausender Juden verantwortlich gemacht.
Man bezeichnete ihn als einen der schlimmsten Henker.
Diese Blätter pastyèiojo über das Leiden des
litauischen Volkes während der Sowjet- und Nazi-Okkupation und
verstiegen sich sogar zu der Behauptung, die Verbannungen nach Sibirien
hätten Juden das Leben gerettet.
In der Tat jedoch ist in der Akte Lileikis die Rede
von 70 Personen, die den Hitleristen übergeben wurden. Wer und auf
wessen Befehl diese Übergabe vollzog, wird verschwiegen. Und wie steht
es mit den Hunderttausenden? Welche Fakten belegen die Anschuldigungen,
die rund um die Welt verbreitet wurden? Nicht einmal mit einem Wort wird
erwähnt, daß Litauen selbst damals von den Hitleristen okkupiert war,
daß Litauer bei der Gestapo gefoltert und als Geiseln in die
Vernichtungslager gebracht wurden. Lesen wir nur einmal die sorgfältig
zusammengetragenen Daten über die hitleristische Okkupation, die in dem
eben erschienen Buch "Litauen unter deutscher Besetzung (1941-1944)" von
A. Bubnys veröffentlicht sind.
Die Anstrengungen gewisser Dienste, das litauische
Volk in Mißkredit zu bringen und Litauen die Verantwortung für die
jüdische Tragödie zuzuschieben, sind schon seit der Wiedererlangung der
Unabhängigkeit zu beobachten. Obwohl die blutige Faust der Okkupanten,
der KGB, besonders eifrig bemüht war, die Litauer als Helfershelfer der
Nazis darzustellen, wurden neue Anschuldigungen gegen unser Volk und
unseren Staat gerade nach 1990 hervorgeholt. Zur Bekanntmachung jeder
dieser "Neuigkeiten" wird der entsprechende Zeitpunkt abgepaßt: vor
einem wichtigen Gipfeltreffen, vor der Unterzeichnung bedeutungsvoller
Dokumente oder vor einer Beratung des litauischen Strebens nach Beitritt
zu den westlichen Wirtschafts- und Verteidigungsbündnissen.
Diesmal aber wollen wir die Litauen verleumdenden
Dienste und ihre Auftraggeber beiseite lassen. Man sagt, wer krumm ist,
wird auch im Sarg nicht gerade. Gehen wir der Frage nach, ob
Rechtspflege und Gesetzgebung in Litauen alles getan haben, damit
Verbrechen, wenn sie denn wirklich begangen wurden, klar beim Namen
genannt und die Schuldigen bestraft werden. Hat Litauen selbst sich
wirklich um eine angemessene Antwort auf die in der ganzen Welt
verbreiteten Anschuldigungen gekümmert? Wer hatte dafür zu sorgen, daß
zur Verhandlung solcher wichtigen Fälle alle geladenen Zeugen
tatsächlich erschienen? Warum berichtet die Presse in Litauen selbst
völlig gleichgültig, daß irgendwelche Zeugen nicht geruhten, zum Prozeß
zu erscheinen? Wer hat in diesem besonderen Fall seine Pflichten nicht
erfüllt? Wie geht man in anderen Ländern damit um, wenn der Angeklagte
aus Krankheitsgründen nicht mehr vor Gericht auftreten kann? Man kann
doch wohl auf keinen Fall "spezielle Gesetze" verabschieden und so dem
unberechtigten Druck von irgendjemandem, oder auch politischer
Erpressung, nachgeben. Wie soll man handeln, wenn bewiesen ist, daß
Litauen verleumdet wurde? Solche Fälle haben sich doch in der letzten
Zeit gehäuft. Warum schweigen die Staatsbeamten, deren Pflicht es ist,
internationale juristische Maßnahmen zu ergreifen?