Am Eingang erhielt jeder Besucher eine feine
Mappe mit Block, Stift, der Tagesordnung und einem Informationsbrief der
Organisatoren. PRO ISRAEL mit Sitz in New York stellte sich als
amerikanische Lobby der rechten Bewegung in Israel heraus. Im
Spendenaufruf wird darum gebeten, mit Beginn des neuen Jahres 5759
„Unterstützung für die heroischen Familien in Judäa, Samaria, Gaza und
im Golan“ zu zeigen. Folglich befanden sich im Auditorium vor allem
Anhänger der Siedlerbewegung aus den Vereinigten Staaten. Das konnte nur
interessant werden, da auf dem Podium auch einer der Verhandlungsführer
von Oslo, Dr.Pundak, ein Vertreter der Avoda(MK), der
Knesseth-Abgeordnete Kleiner von der Gesher Partei und einer der Führer
der Siedlerbewegung saßen. In Kurzreferaten sollten die Teilnehmer
jeweils ihren Standpunkt darlegen.
Als erstes sprach Dr.Pundak
über die Schlüsselrolle des israelisch-palästinensischen Konflikts im
Nahen Osten, dessen Lösung Frieden mit vielen anderen arabischen Staaten
bedeuten würde. In seinen Augen gibt es nur eine Option für Frieden,
nämlich ein eindeutigem Bekenntnis zu Oslo: YES. Als er fortfuhr und
sagte, daß „Rabin mit seinem Leben dafür bezahlt hat, für die gegen den
Frieden gerichteten Aktivitäten einiger Leute, die hier sitzen,“ gab es
eine irre Unruhe und Aufschreie („Shame on you“), die der Moderator nur
schwer unter Kontrolle brachte.
Anschließend warf ihm der Abgeordnete der
nationalistischen Gesher-Gruppe Kleiner unter anderem
vor, daß die Architekten von Oslo unter anderem noch die Tatsache geheim
hielten, daß der Vertrag und die Anerkennung der PLO eine mögliche
Rückkehr der vier Mio. Flüchtlinge in die Westbank und nach Gaza
beinhaltet. Seine Argumentetion wurde vom Publikum sehr beklatscht. Für
ihn muß der Oslo-Prozeß aufhören, um nicht jüdisches Kernland zu
verraten und zu verlieren.
Ein nicht besonders gut Englisch sprechender
Vertreter der Arbeitspartei erklärte das Abkommen zum bedeutendsten, das
je mit einem Feind geschlossen wurde. In seinen Augen „gehen Armut und
Fundamentalismus Hand in Hand,“ wohingegen Oslo Basis der neuen Realität
und Zukunft ist. Nach seinen Zahlen unterstützen 75% der israelischen
Öffentlichkeit und 95 Abgeordnete in der Knesseth weitere
Friedensgespräche, die auch präventiv sinnvoll seien, gegen eine sonst
kaum vermeidbare Konfrontation mit den Nachbarstaaten, die auch bald im
Besitz von nuklearen Sprengköpfen sein werden.
Haetzni, ein führendes
Mitglied der Siedlerbewegung fragte gleich zu Beginn, „was passiert
eigentlich, wenn wir nicht weiter machen mit Oslo. Ägypten wird uns –
nach Aussagen seines Botschafters - den Krieg erklären.“ Die PLO
bezeichnete er als „schlechten Partner,“ Arafat als „Gangster“ und
„billige Ausführung von Saddam Hussein.“ Sehr viel Aufmerksamkeit
erlangte sein Zitat über Arafat, der vor arabischen Diplomaten von sechs
bis sieben Mio. Palästinensern in Palästina und Jerusalem gesprochen
haben soll. Haetzni malte darauf sofort den Teufel eines neuen Beiruts
in Gaza mit Waffen und Bunkern an die Wand. Für ihn ist Oslo tot. Grund
für einen Krieg um Wasser und Flüchtlinge wird es immer geben und ein
Krieg mit den ''50.000 in Israel sich befindenden arabischen Terroristen
läßt sich nicht vermeiden''. Um sein Publikum von der Richtigkeit seiner
Aussagen zu überzeugen schildert er, daß in München 1938, wenn
Chamberlain der Besetzung des Sudetenlandes nicht zugestimmt hätte, der
II.Weltkrieg hätte verhindert werden können.
Nach diesen Ausführungen wurde das Forum für
Fragen des Publikums geöffnet. Von Haetzni möchte ein jugendlicher
Fragesteller wissen, was es für Alternativen zu Oslo gibt. Dieser
antwortet wieder mit abweichenden Vergleichen zum Münchner Abkommen,
oder daß sich der Eiserne Vorhang auch von selbst aufgelöst hätte, oder
daß er sich, wenn man ihn vor Gift im vor ihm stehenden Wasserglas
warnt, er sich für die Rettung seines Lebens bedanken würde. Die
Verhandlungen in Oslo durch Beilin, Prof.Hirschfeld und Dr.Pundak klagt
er als Verrat an Israel an. Am Ende gibt Haetzni zu Protokoll, daß
„Frieden in unserer Generation mit den Arabern nicht möglich sein wird.
Und fragt demonstrativ in die Runde, „warum man Selbstmord begehen
wolle.“
Kleiner, dessen Gruppe in der Knesseth bei
weiteren Verhandlungen oder gar einem Abkommen die Regierungskoalition
verlassen möchte, warnt nochmals eindringlich vor den Forderungen der
Palästinenser, die „immer mehr wollen, bis zu den Grenzen von 1947. Was
dann!?“
Dr.Pundak erklärt auf die Frage: „Ab wann
wurde mit der PLO verhandelt?“, daß am 19.Januar 1993 in der Knesseth
ein Gesetz aus der Likud-Regierungszeit aufgehoben wurde, das jeglichen
Kontakt oder gar Verhandlungen mit der PLO verbot. Am 20.Januar seien
sie dann nach Oslo geflogen. Sich für die davor geäußerten
Anschuldigungen entschuldigend versucht er nochmals die Zuhörer zum
Nachdenken darüber zu bewegen, daß das nationalistische Lager das Klima
für den Mord an Rabin geschaffen habe. Dies führt sofort wieder zu
Tumulten. Trotzdem sagt Dr.Pundak klar, was er denkt, nämlich daß Rabin
– einer der größten Helden Israels – wegen seiner Friedensbemühungen
ermordet wurde.
Ob die etwa 250 Zuhörer sich weiter darüber
Gedanken gemacht haben, bleibt bei den meisten verborgen. Doch die
Diskussionsteilnehmer werden danach mit Fragen oder auch Anschuldigungen
und Verratsbezichtigungen überhäuft. Besonders auffällig war das
Zahlenspiel der Teilnehmer. Alle bis auf Dr.Pundak, den am
vernünftigsten argumentierenden, hatten immer die richtig gedrehten
Zahlen und Zitate bei der Hand. Selbst ein kanadischer Journalist, der
für den Co-Sponsor dieser Veranstaltung, die rechstgerichtete
englischsprachige Jerusalem Post schreibt, faßte sich bei den an den
Haaren herbeigezogenen Argumenten der Siedler-Fraktion am Podium an den
Kopf.
Es ist noch ein langer Weg zu Frieden und
Verständigung. Die Rolle der amerikanischen Pressure Groups sollte man
nicht unterschätzen. Diese durchwegs rechtsgerichteten Gruppen, spielen
mit hohem Geldeinsatz mit dem Feuer, obwohl den meisten sie
unterstützenden Amerikanern nicht nur die Situation der Palästinenser
sondern auch die der Israelis und des gesamten Nahen Ostens gar nicht
bekannt oder völlig egal ist.
ToRa´98