Unter dem Namen Fritz Rosenthal wurde der
Gelehrte als Sohn einer Kaufmannsfamilie in München geboren. Nach
mehreren Verhaftungen durch die Nazis entschloß er sich 1935,
Deutschland zu verlassen und wanderte nach Palästina aus. So entkam er
dem Massenmord.
Ben-Chorin hat immer wieder betont, der
Holocaust habe bei ihm ein zutiefst niederschlagendes Gefühl
hinterlassen, dennoch wolle er in der Vergangenheit nicht stehenbleiben.
Bereits 1956 suchte er sein Geburtsland erstmals wieder auf, lange bevor
die offiziellen Kontakte zwischen Deutschland und Israel hergestellt
wurden. In den 60er Jahren organisierten Ben-Chorin und seine Frau
Avital die ersten Austauschfahrten deutscher und israelischer
Jugendlicher. Darauf folgten unzählige Deutschland-Besuche, unter
anderem als Gastprofessor an den Universitäten Tübingen und München.
«Durch die Begegnung mit der Jugend ist mir Deutschland wieder zur
Heimat geworden», sagt Ben-Chorin heute im Gespräch.
Der Wissenschaftler und Autor verfaßte alle
seine Werke in deutscher Sprache, sein Hebräisch ist bis heute etwas
holprig geblieben. «Aus einem Land kann man auswandern, aus einer
Muttersprache nicht», meint er. In dem alten Haus der Familie Ben-Chorin
in Jerusalem scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Unzählige Bücher,
die sich bis zur Decke stapeln, dokumentieren deutsch- jüdische Kultur.
Seine Treue zum Deutschen führte allerdings
dazu, daß der Autor in Israel bis heute kaum bekannt ist. Auch die
liberalen religiösen Ansichten Ben-Chorins, der 1958 die erste
reformierte Synagoge in Jerusalem gründete, fallen aus dem Rahmen des in
Israel vorherrschenden orthodoxen Establishments.