Sie ist eine von zahlreichen Jüdinnen und Juden, die
das «Wall Street Journal» für einen Artikel befragte und die in ihrer
großen Mehrheit mehr oder weniger derselben Meinung sind. «Die ist
irrational und nicht besonders moralisch», sagte Ozick (70): «Aber ich
muß in meinem Leben manche Zeichen setzen.»
In jüdischen Organisationen und Familien im ganzen
Land wird nach dem Bericht der Zeitung das Problem heiß diskutiert.
Vielen gilt Mercedes als die Lieblingsmarke Adolf Hitlers. Vor allem
aber ist es die mangelhafte Bereitschaft der Daimler-Benz-AG, wie auch
der deutschen Wirtschaft insgesamt, sich mit ihrer Beteiligung an den
Verbrechen in den Konzentrationslagern auseinanderzusetzen. Die
Weigerung angemessene Entschädigungen für erzwungene Zwangsarbeit zu
leisten, trägt viel zum Negativ-Image deutscher Unternehmen bei.
Die anlässlich des Siemens-Jubiläums mit betonter
Arroganz vorgebrachte Äußerung des Siemens-Vorstandes Heinrich von
Pierer, man sehe keinen Anlaß, über Lohnzahlungen an ehemalige
Zwangsarbeiter der Siemens-AG nachzudenken, verfehlte ihre Wirkung
nicht. Dass von Pierers Rede zur besten deutschen Sendezeit (ARD /
Tagesschau) übertragen wurde und keinerlei Widerspruch oder Empörung in
Deutschland hervorrief, wird als Indiz für eine weitreichende
Verstrickung und Korrumpierung grosser Teile der deutschen
Öffentlichkeit angesehen. Noch viel folgendschwerer sei aber die
Gleichgültigkeit der schweigenden Mehrheit der deutschen Bevölkerung.
Angesichts eines solchen Auftretens prominenter
Vertreter der deutschen Wirtschaft, ist es natürlich nicht
verwunderlich, daß auch viele nichtjüdische Weltkriegsveteranen, den
Kauf deutscher Produkte ablehnen. Sie halten es für unpassend zum
deutschen Wohlstand beizutragen, solange in Deutschland SS-Verbrecher
ihren Ruhestand ungestört geniessen können. Viele bereuen inzwischen
auch die Unsummen amerikanischer Wirtschaftshilfe, welche das
Wiedererstarken der bundesrepublikanischen Wirtschaftsmacht überhaupt
erst ermöglicht habe.